Auftakt der Floßfahrt-Saison:Arbeiten an der Mordsgaudi

Lesezeit: 2 min

Eine Floßfahrt, die ist lustig. Und spritzig. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Wolfratshauser Flößer nehmen wieder ihren Betrieb auf - nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause. Doch ganz lässt Corona die Familienunternehmen noch nicht los.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Als "spritziges Vergnügen" und als "Mordsgaudi" bewerten Gäste das Erlebnis in einschlägigen Internetforen. Eines steht also fest: Zu einem Sommer im Oberland gehört für viele eine Floßfahrt dazu, die zumeist von Wolfratshausen aus in Richtung München startet. Doch worauf Gäste ungeduldig warten, sehen die Macher differenzierter: "Euphorisch bin ich noch nicht", sagt etwa Michael Angermeier. Inwieweit sie ihrem Gefühl noch trauen dürfen, scheinen die Wolfratshauser Flößer nach zwei Jahren pandemiebedingter Zwangspause erst wieder lernen zu müssen.

So freudig-erwartungsvoll es alle drei Familienbetriebe stimmt, dass ihr Traditionsgewerbe heuer wieder möglich sein wird, klingen sie gleichzeitig ein wenig skeptisch-nervös. Angermeier, der seinen Betrieb in vierter Generation führt, mag nämlich lieber gar nicht daran denken, inwiefern ein etwaiger Corona-Fall in seinem Team mit anschließender Quarantäne sein Geschäft gleich wieder ausbremsen könnte. Womöglich ist es daher ganz gut, dass noch viel zu tun ist, bevor die Floßfahrt-Saison in diesem Jahr am Samstag, 30. April, offiziell beginnt.

Für die bis zum September dauernde Saison noch kurzfristig an Karten für größere Gruppen zu kommen, dürfte allerdings schwierig werden. Auf ihren Webseiten melden die Betriebe der Familie Angermeier und von Franz Seitner, für heuer ausgebucht zu sein. Das gilt im Wesentlichen auch für die dritte Flößerfamilie um Josef Seitner. "Im Juni ist noch an zwei Werktagen etwas frei", sagt dessen Tochter Martina beispielhaft. Das liegt auch daran, dass viele Buchungen aus den beiden vergangenen Jahren der Pandemie-Pause auf heuer verschoben worden sind.

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Die Familienbetriebe vermieten ihre für bis zu maximal 60 Leute ausgelegten Flöße meist nur komplett. Wer noch Karten will, muss auf Absagen hoffen oder es bei einem der Ticketanbieter für Einzelpersonen oder Kleingruppen versuchen, mit denen die Betriebe zusammenarbeiten.

Flößeraxt in einem Baumstamm. Die Flößergemeinschaft Wallenfels baut die Flöße für ihre Vergnügungsfahrten vor jeder Saison selber zusammen. (Foto: Manfred Neubauer)

Aktuell konzentrieren sich die Betriebe noch auf die Vorbereitungen für die neue Saison. Es gilt etwa neue Ruder und die dafür notwendigen Schlaufen anzufertigen, Werkzeuge wie die Flößerhacke wieder herzurichten. An den Ablegestellen wie bei der Familie von Josef Seitner an der Wolfratshauser Schlederleiten am Westufer der Loisach, kurz bevor diese in die Isar fließt, stapeln sich die mächtigen hölzernen Stämme, aus denen zum Saisonstart die Flöße zusammengesetzt werden.

Organisieren muss dessen Tochter Martina Seitner aber wesentlich mehr. "Wir müssen unseren Kiosk auf Vordermann bringen", sagt sie. "Der stand zwei Jahre unbenutzt herum." Sie ist zudem damit beschäftigt, Bier und Krüge für die Ausflugsfahrten zu bestellen oder die mobilen Toilettenhäuschen an der Ablegestelle heranzuschaffen. "Ich bin ein bisschen nervös", schildert Martina Seitner, um sich sogleich zu korrigieren. "Positiv nervös", fährt sie fort. "Haben wir alles, haben wir doch nicht noch etwas vergessen?", beschreibt sie ihre Gedanken. Nach zwei Jahren Zwangspause sei der Saisonauftakt schon etwas aufregender als sonst.

Jason Charles-Seitner (li.) und Patrik Weidner markieren Stämme mit Farbe. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Eine solche Situation haben wir noch nie gehabt", sagt Michael Angermeier, dessen Familie seit den 1960er-Jahren Vergnügungsfahrten auf der Isar von Wolfratshausen bis zur Floßlände in Thalkirchen anbietet. Womöglich will er die diesjährige Saison auch deswegen langsamer anlaufen lassen als gewohnt. Statt sechs setzt Angermeier heuer erst einmal nur fünf Flöße ein.

Froh ist er, dass er die drei festangestellten Flößer im Betrieb halten konnte und er Aushilfen - darunter viele junge Leute - beschäftigen kann. "Personal ist überhaupt Mangelware", sagt Angermeier. Bis ein Flößer seine Arbeit wirklich professionell beherrscht, kann es schon einmal zwei, drei Saisons dauern. Die Mitarbeiter müssten die Handwerkstechniken lernen, sich auf der Isar zu bewegen wissen, um etwa gefahrlos an den gefährlichen Untiefen vorbeizufahren, mit den Gästen umgehen lernen, zählt Angermeier auf. Und ja, auch gesund und vor allem coronafrei müssen alle bleiben.

Denn erst, wenn alle fit sind, alles Hand in Hand geht und reibungslos läuft, werden Gäste am Ende der Floßfahrt wieder jubeln können: "Baumstämme, Barbecue und Bier - Viel Spaß in Bestform".

Heuer soll es diese Bilder wieder geben: Floßfahrten auf dem Isarkanal. (Foto: Manfred Neubauer)
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