SZ-Serie: "Aus erster Hand":Am Anfang war das Brot

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Im Thomahof bringt eine Mitarbeiterin die Brotlaibe, die Kunden aus der ganzen Region anlocken, frisch aus dem Ofen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Thomahof im Königsdorfer Ortsteil Brandl ist für seine Backspezialitäten aus dem Holzofen überregional bekannt. Die Familie Seidl verkauft dort inzwischen aber auch alles, was dazugehört: etwa im Fass gereiften Schinken, Fleisch und Wurst aus eigener Produktion.

Von Claudia Koestler, Königsdorf

Es hat etwas von Bullerbü, einer Idealvorstellung von Landleben, wenn man dem alten Holzwagen mit dem Hinweisschild zum Thomahof in Brandl bei Königsdorf folgt: Kurz den Berg hoch, linkerhand sonnen sich freilaufende Schweine, ehe sie auf ihre Strohbetten im Stall zurückkehren. Es zeichnet sich ein üppiger Bauerngarten ab, bis der Duft des frisch gebackenen Bauernbrots aus dem lehmgemauerten Holzofen in die Nase steigt. Man ist als Kunde angekommen, wenn rechterhand der Hofladen in einem eigenen Gebäude in Sicht ist und handbeschriebene Schiefertafeln die Spezialitäten ankündigen. Eine Postkarte an der Eingangstüre stellt fest: "Ein Leben ohne Brotzeit ist möglich, aber sinnlos". Im Laden bietet sich dem Auge und der Nase schmackhafte Vielfalt in ökologischer Qualität aus eigener Aufzucht und Verarbeitung - in einem heimelig gestalteten Geschäft mit viel Holz.

Vor etwa 28 Jahren begann die Familie Seidl, die den Thomahof im Königsdorfer Ortsteil Brandl seit mindestens vier Generationen inne hat, ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Seinen Anfang nahm alles mit einem Brot, das die Großmutter des heutigen Hofinhabers, Florian Seidl, für den Eigenbedarf im eigenen Holzofen gebacken und manchmal, wenn es sich mengenmäßig ausging, auch noch an Nachbarn und Freunde verschenkt hat. Das weckte Begehrlichkeiten: "Irgendwann haben uns ständig Leute gefragt, ob wir noch ein Brot für sie übrig hätten, so dass wir beschlossen haben, mehr zu backen und es zu verkaufen", sagt der 33-jährige Seidl. Nachdem immer mehr Brote in den Umlauf kamen, stieg auch die Nachfrage, ob die Landwirtsfamilie gleich noch die passende Wurst als Belag dazu hätte. In der Folge erweiterten die Seidls ihr Sortiment. Heute duften in den Brotregalen des Hofladens neben dem klassischen Holzofen- Bauernbrot auch Weißbrote, Kürbisbrote, Speck-Zwiebel-Käsebrote oder Nussbrote, um nur einige zu nennen. Es gibt Brotsorten der Woche, alle 14 Tage etwa probiert die Florian Seidls Mutter Rosemarie, die die Brotproduktion federführend in der Hand hat, neue Rezepte und Ideen aus. "Die Leute fragen schon dauernd, na, hat sich Rosemarie wieder was Neues einfallen lassen", sagt ihr Sohn und lacht. Der Sauerteig ist dabei noch immer jener, den schon die Oma nutzte und pflegte. "Das ist wie ein Familienschatz, da achten wir streng drauf, dass der weitergegeben wird. Da ist die Mama dahinter", sagt Seidl.

Das Ehepaar Heidi und Florian Seidl bietet auch Rindfleisch von eigenen Kühen an, das nach dem "Dry aged"-Verfahren reift. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Dazu kommen im Sortiment aber auch weitere Produkte des täglichen Bedarfs: Nudeln mit frischen Eiern vom Hof etwa, Honiggläser sowie Weine, Schnäpse und Liköre. Nachdem Florians Ehefrau Heidi (32), gelernte Metzgerei-Fachverkäuferin, auch noch den Kräuterpädagoginnen-Lehrgang absolviert hatte, so wie schon seine Mutter zuvor, finden sich in Seidls Laden viele Waren auch mit heimischen, duftenden Wildkräutern: etwa Rosenzucker, Löwenzahngelee, Wildfruchtlikör oder Blumentees.

Vor allem aber bauten sie eine eigene Metzgerei, denn Landwirtschaftsmeister Florian Seidl wurstet als zusätzlich gelernter Metzgermeister selbst. Die Produktion am Thomahof ist dabei sprichwörtlich gläsern: Große Scheiben lassen einen Blick in die Verarbeitungsräume zu. Dabei kommen Seidl nur natürliche Zutaten in die Wurst aus seinen Duroc-Iberico-Schweinen und Rindern, und keinerlei Substanzen mit E-Nummern. Insbesondere achtet er darauf, ein natürliches Steinsalz zu verwenden und kein Solesalz, "das eine Salzschärfe entwickelt, die dann wiederum mit viel Zucker kaschiert werden muss", wie er sagt. 2003 vergrößerte die Familie den Laden nochmals. "Die größte Herausforderung ist es, alles lebendig zu halten, so wie eigentlich mit allem", sagt Seidl. Manches reduzierte die Familie aber auch wieder, etwa die eigene Hofkäserei. "Dafür haben wir uns mehr und mehr spezialisiert", sagt er. Zum einen eben auf das Brot, mit dem alles angefangen hatte. Zum anderen auf die Fleisch- und Wurstproduktion. Die Produkte sind so gut wie alle nach ökologischen Standards und in Bio-Qualität produziert, auch wenn dem Hof noch die endgültige Zertifizierung fehlt. Dafür weisen Urkunden im Laden aus, dass sich auf dem Hof alles um Qualität dreht - was wiederum eng mit dem Tierwohl zusammenhängt: Homöopathie statt Chemie, Auslauf, gutes Futter, alte Rassen und Zeit, um in Ruhe aufzuwachsen. Bei Seidl dürfen die Rinder noch auf die Weide und die Schweine auf Stroh liegen - und sie werden älter und schwerer. "Das macht ganz viel aus in der Qualität", betont er.

Im Laden gibt es auch selbstegamchte Wurst und im Fass gereiften Schinken. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Seidl bietet als einer der wenigen regionalen Metzger spezielle Cuts an und eigenes Dry Aged Beef, lange trocken gereiftes Rindfleisch. Erst im Frühjahr dieses Jahres konnte er dafür spezielle neue Reiferäume in Betrieb nehmen. Und dann gibt es eben auch noch den Fassschinken, auf den Seidl sogar ein Patent hält, weil er das Verfahren selbst entwickelt hat. "So wie andere den Whisky reifen lassen in einem Fass, kommt bei uns der Schinken rein", erklärt Seidl. Das Holz der Akazienfässer, die er direkt von Winzern und Brauern bezieht, verschafft dem Schinken eine ganz besondere Note - zwischen holzig und karamellig, ohne süß zu sein, beschreibt der Metzgermeister. Acht Wochen wird der Schinken darin gepökelt, auf Gewürze verzichtet Seidl fast ganz, um dem Schinken die speziellen Fassnoten zu lassen. "Ein Rumschinken etwa ist sehr intensiv."

Als Direktvermarkter stehe er in Konkurrenz zur Industrie, die einen unerbittlichen Preiskampf bei Lebensmitteln betreibe, sagt Seidl. "Heutzutage reichen Schlagworte wie regional oder vom Hof nicht mehr - überzeugen und sich absetzen kann man nur über Qualität." Und das bedeute auch den persönlichen Kontakt und die Fachberatung. "Nur diese Mischung ergibt glückliche Kunden", weiß er.

Ihren Hofladen haben die Seidls mit viel Holz heimelig gestaltet. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Geöffnet freitags von 9 bis 19 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr. www.thomahof-brandl.de

© SZ vom 03.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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