Sport in der Natur:Schlaf gut, Grün

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Golfclubs wie die Riedhof-Anlage in Egling haben wegen der Pandemie eine besondere Saison hinter sich. Auf die nun bevorstehende Winterruhe freuen sich nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch die Natur.

Von Felix Haselsteiner

Als Stefan Welker auf den Biber zu sprechen kommt, ist ein wenig liebvolle Aufregung in seiner Stimme zu hören. In einem der Teiche, gleich neben dem 18. Loch, habe der Biber seinen Damm gebaut, ein ganzes Verhau an Ästen habe er zusammengetragen und zuletzt gar einen ganzen Baum ringsherum angenagt, sodass er demnächst umfallen wird. "Den hebt er sich noch auf", schmunzelt Welker, der seit 20 Jahren als Greenkeeper arbeitet und es daher wissen sollte. Allein: Gesehen hat man den Biber am Golfclub Riedhof immer noch nicht, phantomartig knabbert er sich durch den Wald, meist in der Nacht. Tagsüber versteckt er sich in seinem Bau, was man fast eine höfliche Geste nennen könnte, denn: Golf ist ja ein ruhiger Sport, wer schlägt, möchte nicht abgelenkt werden. Ein Biber, der Bäume fällt, könnte beim Sport durchaus stören.

Am Riedhof, ein paar Kilometer hinter der Isarbrücke außerhalb von Wolfratshausen in der Gemeinde Egling, ist - außerhalb des Biberbaus - an einem sonnigen Tag im November schon Ruhe eingekehrt. Einige Golfer nutzen zwar das Wetter, um noch einmal eine Runde zu spielen oder auf der Driving Range ein paar Bälle zu schlagen, ansonsten sind nur noch Welker, sein Kollege Benjamin Westermayer und ein paar weitere Platzarbeiter auf der Anlage unterwegs. Es sind die letzten Schritte zu tun auf dem Weg in den Winterschlaf für den Golfplatz. Die Grünflächen hat das Platzteam, unter Leitung von Head Greenkeeper Peter Shaw, längst bearbeitet: Aerifiziert und gesandet wurden die Grüns und Fairways, das soll den Boden auflockern und wie fast jede Maßnahme vor dem Einfall von Pilzen schützen. "Wir haben es teilweise mit exotischen Krankheiten zu tun", sagt Westermayer, der aktuell eine Ausbildung zum Greenkeeper macht. Der Dollarspot zum Beispiel sei so eine Krankheit, die den Rasen angreift. Und da die Umweltschutz-Richtlinien im Freistaat streng sind und der Riedhof bedacht ist, möglichst ohne chemische Schutzmittel auszukommen, müssen die Greenkeeper den Rasen auf anderen Wegen schützen. "Am besten geht das mit Prophylaxe", sagt Westermayer, die helfe dem Rasen am meisten.

Der nämlich ist durch mehrere Faktoren belastet und gestresst: Um möglichst gut schlagen zu können wird im Riedhof kurz gemäht, auf etwa drei Millimeter rund um die Grüns, das bedeutet Stress für das Gras. Dazu kommen Morgentau, der an manchen Stellen des Platzes im Herbst den ganzen Tag über bleibt; Blätter, die es dem Rasen noch einmal schwerer machen - und nicht zuletzt die vielen Golfer, die tagtäglich drüberlaufen. Nicht alle sorgen sich dabei um den Platz, beschwert sich Shaw: "Bei manchen verliert man den Glauben, wenn sie nach Schlägen die Flecken nicht ausbessern, die sie hinterlassen", sagt der Engländer. Das bedeute Mehrarbeit für sein Team und auf Dauer eine schlechte Platzqualität.

"Die Spieler müssen verstehen, dass ein Golfplatz eben nicht mit einem 500-Quadratmeter-Garten zu Hause vergleichbar ist", sagt Geschäftsführer Kariem Baraka. Der Pflegeaufwand sei enorm, da bedarf es der Hilfe eines jeden Einzelnen, seine Platzfehler wieder auszubessern. In diesem Herbst, sagt Baraka, sei dem Platz aber besonders die Belastung anzumerken. Eine wechselhafte, aber letztendlich doch erfolgreiche Saison liegt hinter dem Golfclub Riedhof.

Im März und April war der Platz noch gesperrt, Golf war unter den ersten Lockdown-Maßnahmen nicht erlaubt. Dann öffneten die Plätze im Mai und weil in diesem Jahr die Wenigsten ihren Golfurlaub im Ausland verbrachten, wurde es ein voller Sommer. "Durch die Reisewarnungen hatten wir eindeutig mehr Gäste als sonst", sagt Baraka, der aber dennoch auf eine Einschränkung verweist, die den Golfclub Geld gekostet habe: "Wir konnten keine Veranstaltungen durchführen, was sowohl für unsere Gastronomie als auch für unseren ganzen Club natürlich finanzielle Einbußen bedeutet hat."

Doch abseits davon gibt es zum Saisonausklang kaum Grund zur Beschwerde, der Riedhof steht in dieser Hinsicht durchaus stellvertretend für die anderen Clubs in der Region. Zwar ist Golf im zweiten Lockdown nur unter der Einschränkung erlaubt, dass maximal zwei Spieler in einer Gruppe zusammen spielen dürfen. Doch inmitten einer harten Zeit für andere Sportarten wie etwa Tennis oder die Fitnesstudiobetriebe ist der Golfsport noch einmal glimpflich davongekommen. "Der November ist ohnehin nur noch die Nebensaison", sagt Baraka.

Der Platz, sagt Shaw, freue sich jetzt auf eine Pause. Wenn die letzten Blätter eingesammelt sind - ein elementarer Vorgang, da sich sonst unter dem dichten Mantel aus feuchtem Laub sofort Krankheiten ausbreiten könnten -, wird sich auch das Greenkeeper-Team auf Indoor-Arbeiten fokussieren. Die Bänke müssen gestrichen werden, die Gerätschaften hergerichtet, dann könne der Winter kommen. Für die Mannschaft bedeutet das dann einige Wochen Urlaub, nur ein Überwachungsdienst bleibt zurück und steht für Notfälle bereit. Und Schnee? "Der ist kein Problem, solange er nicht ewig bleibt", sagt Stefan Welker. Im Notfall müsse man mit den Schneefräsen anrücken, an den schattigen Stellen zumindest. Die würden aber erst im März zum Einsatz kommen, sollte der Platz dann mit Maschineneinsatz aus seinem Winterschlaf erweckt werden müssen. Bis dahin herrscht am Riedhof erst einmal noch mehr Ruhe als ohnehin schon am Golfplatz. Zumindest der heimische Biber dürfte sich also auf die kommenden Monate freuen.

© SZ vom 18.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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