Beim Fällen, Entasten und Zersägen im Forst wird mit großer Energie, mit schweren Geräten und Schneidwerkzeugen gearbeitet. Dass mal eine Motorsäge auskommt, mal ein Baumstamm überraschend schief fällt, kann schnell passieren. Es ist eine tragische Regelmäßigkeit, dass Menschen beim Waldarbeiten mitunter auch schwer verunglücken.
Bayernweit sind die Unfälle im Forst im vergangenen Jahr um einige Prozentpunkte auf 4302 Unfälle gestiegen, wie die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau jüngst vermeldete - im Vorjahr waren es noch 4048 Unfälle. Besonders beim Aufarbeiten und Heranbringen von Holz verletzten sich mehr Menschen als im Vorjahr. Die Versicherung erklärt sich dies mit einem Brennholzeffekt: Weil die Energiekosten rasant stiegen, gingen viele lieber in den eigenen Wald, um Brennholz zu hacken.
Ein guter Zeitpunkt also, um sich mit dem Verhalten im Fall des Falles auseinanderzusetzen. Das Forstrevier Pullach unter Förster Gerrith Hinner lud kürzlich gemeinsam mit der Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen (WBVW) und den Feuerwehren von Schäftlarn zu einer Schulung über Erste Hilfe im Wald ein.
Wenn es zu einem Unfall kommt, ist es schnell zu spät
Dass sich beim ersten Termin nicht mehr als eine Handvoll Interessierte im Wald von Schäftlarn zusammenfinden, mag dem schlechten Wetter geschuldet sein: Der Nebel hängt tief in den Wäldern, leichter Regen nieselt auf die Felder, die Grade knapp über null. "Wir Waldarbeiter sind ja nicht aus Zucker", sagt der Chef des WBVW noch aufmunternd. Und Florian Loher vom WBVW, der auch bei der Bergwacht aktiv ist, betont, wie wichtig es sei, die Notfallmaßnahmen bei Waldunfällen zu kennen: "Aus meiner Erfahrung kann ich sagen: Es ist schnell zu spät."
Viele, so der Tenor der Schulungsleiter, unterschätzen die Situation im Wald. Problem Nummer eins: In den bayerischen Forsten fehlt es oft an Handyempfang. Der EU-weite Notruf 112 funktioniert zwar auch ohne Netz, kann aber den Sender nur vage lokalisieren, wie Martin Seitner, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Neufahrn, erklärt. Förster Gerrith Hinner betont: "Wenn man weiß, wo im Wald Handyempfang ist, ist schon viel gewonnen."
Problem Nummer zwei: Oft fehlt es auch an Wissen, wo im Forst der nächst Rettungstreffpunkt liegt. Rettungsfahrzeuge können die mit grünen Schildern markierten Stellen anfahren. Florian Van Laak von der Hohenschäftlarner Feuerwehr hat aus seiner Arbeit beim Rettungsdienst gute Erfahrungen mit den Waldrettungspunkten gemacht, wie er berichtet. Wichtig sei, die Standorte zu kennen.
Apps können Notfalldiensten dabei helfen, die Verunglückten zu lokalisieren
Neue Technologien können hier behilflich sein. Die Feuerwehren empfehlen die App "Hilfe im Wald", die die nächstgelegenen Rettungspunkte in der App anzeigen. Wichtig sei, die App schon vor der Waldarbeit anzuwerfen, damit sie auch in Gebieten ohne Netz funktioniert. "Da findet mich die Rettung dann bestimmt", sagt Van Laak. Eine zweite in London entwickelte App heißt "What3Words" und lokalisiert den genauen Standort über drei spezifische Wörter. Diese Dreiwortadresse ist bei Notfalldiensten weltweit hinterlegt: Wer sie also beim Notruf durchsagt, kann schneller gefunden werden. "Natürlich ist es schwerer, wenn man unter Stress steht", wendet Van Laak ein. Deshalb gilt: Gute Vorbereitung verhindert Panik.
Weil bei einem Unfall zuerst lebensrettende Maßnahmen eingeleitet werden sollen, bevor man Hilfe organisiert, steht auch ein kurzer Erste-Hilfe-Kurs am Programm. Sanitäterin Rebecca Neubarth vom Roten Kreuz Starnberg macht dafür die stabile Seitenlage vor, zeigt die Herzdruckmassage und die Wiederbeatmung. "Wenn's irgendwie geht, soll man die Betroffenen zum nächsten Rettungspunkt mitnehmen", erklärt sie. Wenn das nicht gelingt, kann man immer noch dem Notruf den nächsten Rettungspunkt nennen. Im besten Fall weiß man dann ja, wo sich der befindet.