Geschädigte Böden nach Schwendmaßnahmen:Sündenfall auf der Alm?

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Wanderer waren über die Schäden an der Schrobenbachalm entsetzt und haben die Öffentlichkeit informiert. (Foto: Privat/oh)

Im Schronbachtal nördlich des Sylvensteinspeichers hat ein Bauer Bäume fällen und Büsche entfernen lassen, um die Viehweiden für die Almwirtschaft offenzuhalten. Laut Landratsamt hat es der Landwirt übertrieben.

Von Benjamin Engel, Lenggries / Jachenau

Der Almgrund des Landschaftsschutzgebiets im Schronbachtal sieht dieses Frühjahr teils ziemlich verwüstet aus. Fotos zeigen breite Spurrillen, die sich tief in den weichen Boden neben dem Schronbach gegraben haben. An manchen Stellen hat sich darin Wasser zu großen Pfützen gesammelt. Insbesondere ein oberhalb gelegener, etwa einen halben Hektar großer Hang ist von Reisig übersät. Dazwischen ragen zahlreiche Baumstümpfe in die Höhe. Als Wanderer all das sehen, sind sie entsetzt und informieren die Öffentlichkeit.

"Es wurden mehr Bäume als vereinbart entnommen", so das Landratsamt

Die Arbeiten wurden notwendig, weil die Fläche vermutlich mehrere Jahre nicht gepflegt worden war. (Foto: Privat/oh)

Infolge von Schwendarbeiten - davon sprechen Almbauern, wenn sie Büsche, Sträucher und Bäume entfernen, um Weiden für die Viehhaltung offenzuhalten - ist entstanden, was so alarmierend wirkt. Laut der Pressestelle im Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen waren die Arbeiten wohl nötig, weil die Fläche vermutlich mehrere Jahre nicht gepflegt worden war. Die Maßnahmen seien allerdings über das vereinbarte Maß hinausgegangen, das der Almbauer, die Naturschutzverantwortlichen in der Behörde und der Forstbetrieb Bad Tölz als Grundeigentümer abgestimmt haben. "Es wurden mehr Bäume als vereinbart entnommen", so Sprecherin Marlis Peischer.

Die Sprecherin der Kreisbehörde Marlis Peischer. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das gelte speziell für einen Hang mit um die 4700 Quadratmeter, der dafür gar nicht vorgesehen war. Zudem sei der Boden an einigen Stellen, an denen die Bäume gefällt und abtransportiert wurden, teils massiv geschädigt worden. "Die Untere Naturschutzbehörde prüft die Konsequenzen hinsichtlich möglicher Ordnungswidrigkeiten", teilt die Sprecherin des Landratsamts mit. Der Fokus liege erst einmal darauf, die Schäden so gut wie möglich zu beseitigen.

Tiefe Furchen sind im Boden geblieben. (Foto: Privat/oh)

Dass im Almgebiet des Tals, das nördlich des Sylvensteinspeichers in Richtung Jachenau führt, offensichtlich über das Ziel hinaus geschossen worden ist, räumt der Leiter des Tölzer Forstbetriebs ein. "Wir sind da sehr offen", sagt Robert Krebs. "Es sind ein paar Fehler passiert. Die sind aber heilbar. Es ist kein Totalschaden."

Problematisch war, dass der Boden bereits aufgetaut und daher zu weich für schweres Gerät war

Um schweres Gerät einsetzen zu können, brauche es gefrorenen Boden. Daher hätten der Almbauer und der Forstbetrieb mit den Schwendmaßnahmen in der Hochwinterphase mit länger anhaltenden Minustemperaturen im Januar begonnen, so Krebs. Doch dann sei es Ende Januar abrupt mild geworden. Die Stämme der bereits gefällten Fichten hätten aber wegen der Gefahr von Borkenkäferbefall unbedingt von der Alm abtransportiert werden müssen. Problematisch sei zusätzlich gewesen, dass dafür ein Ersatzfahrer habe einspringen müssen, der Einsatzleiter in Urlaub war. So sei das Fahrzeug im weichen Untergrund versunken. "Das müssen wir auf unsere Kappe nehmen", sagt Krebs.

An einigen Stellen sammelt sich das Wasser. (Foto: Privat/oh)

Im Eigentum seines Betriebs und damit des Freistaats Bayern ist das Areal der circa 40 Hektar umfassenden Schronbachalm. Es handelt sich um eine sogenannte Berechtigungsalm. Das heißt, einer der örtlichen Bauern hat dafür das Weiderecht. Der teils im Talboden mäandernde Schronbach selbst ist ein Naturdenkmal. Entlang des Ufers existieren biotopkartierte Flächen. Wohl deshalb haben Wanderer so aufmerksam reagiert, als sie die Schäden bemerkten.

Nun gilt es, die Schäden wieder zu beseitigen. (Foto: Privat/oh)

Dagegen hält Forstbetriebsleiter Krebs, dass das Biotop eben gerade aus den Weidemagerrasenwiesen gebildet worden sei, die infolge der Viehhaltung entstanden seien. "Das wollen wir wiederherstellen." Dafür habe sich der Almbauer mit dem Forstbetrieb, der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt und dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Holzkirchen abgestimmt. Es sei darum gegangen, eine schon länger verbuschende und ganz zuzuwachsen drohende Weide offenzuhalten. Das Gebiet der etwas über 800 Höhenmeter liegenden Schronbachalm sei die einzige Freifläche im von dichtem Wald umgebenen Umkreis. Erst das Wechselspiel von offener und stärker zugewachsener Landschaft ermögliche es seltenen Pflanzen- und Tierarten aufzukommen. "Wir versuchen, Almbewirtschaftung und Naturschutz zu vereinbaren", so Krebs.

Der Tölzer Forstbetriebsleiter spricht davon, dass an einem Hang auf etwa einem halben Hektar womöglich etwas zu viel Bäume - darunter Fichten und Buchen - gefällt worden seien. An sich sind die Maßnahmen aus Sicht von Krebs aber rechtlich soweit in Ordnung.

Laut Forstbetriebsleiter sind die Schäden händisch bereits weitgehend wieder repariert worden

Seinen Angaben nach hat der Almbauer, der seinen Hof erst kürzlich im Nebenerwerb übernommen hat, mit Familienangehörigen und Freunden intensiv daran gearbeitet, die Schäden zu reparieren. Händisch seien die Fahrrillen wieder mit Material verfüllt worden, an den Wurzeln zusammenhängende Pflanzenplatten wieder eingesetzt und der Reisig entfernt worden, damit sich der Boden erholen könne. Schon bald würden die Schäden kaum mehr auszumachen sein, sagt Krebs. Ein Teil könne allerdings erst einmal nicht beweidet werden und werde daher eingezäunt. Krebs vergleicht die Situation aus dem Februar mit einer Baustelle. Solange das Haus nicht errichtet sei, sehe die offene Grube nicht schön aus. "Ähnlich ist das auch auf der Alm. Wer im Sommer durchgeht, wird sich wie im Naturparadies vorkommen."

Schon in diesem Jahr werden sich die Böden aus Sicht der Unteren Naturschutzbehörde allerdings nicht erholen, weil die Schäden so immens sind, stellt Behördensprecherin Peischer dar. "Das bedeutet, dass sie nicht nur aus naturschutzfachlicher Sicht geschädigt sind, weil Nasswiesen, Ufer- und Quellmoorbereiche und Alpenmagerweide zerstört sind, sondern dass die geschädigten Flächen auch nicht als Weideland zur Verfügung stehen." Der Boden brauche einige Zeit, um sich wieder zu einem belastbaren Zustand zu entwickeln.

Der Tölzer Forstbetrieb bewirtschaftet insgesamt 44 000 Hektar Land. Das Gros davon besteht mit 30 000 Hektar aus Wald. Laut Leiter Robert Krebs sind die restlichen 14 000 Hektar Fläche sehr unterschiedlich. Zum Forstbetrieb zählen zwar einige Berechtigungsalmen, aber auch der Walchensee, Hochlagen im blanken Fels wie die östliche Karwendelspitze sowie Moore.

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