Debatte verschärft sich:Bürgermeister weist Kritik vehement zurück

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Das Biotech-Unternehmen Roche plant sein Werksgelände im Norden (oberer Bildrand) zu erweitern. (Foto: privat)

Erweiterungspläne von Roche: Der Bund Naturschutz in Penzberg unterstellt, dass das Biotech-Unternehmen Einfluss auf Fachbehörden und Planer ausübt.

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Es ist selten, dass Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) aus der Haut fährt. Dieses Mal aber konnte er nicht mehr an sich halten. Kürzlich hat der Bund Naturschutz, Ortsgruppe Penzberg, unter Vorsitz von Hannelore Jaresch eine Pressemitteilung zur geplanten Werkserweiterung des Biotech-Unternehmens Roche im Nonnenwald verschickt. Darin unterstellen die Naturschützer, die beteiligten Behörden würden sich bei ihrer Beurteilung des Eingriffs in die Natur dem Druck des Unternehmens beugen. Mit Korpans Worten: Der Bund Naturschutz wirft Ämtern wie der Unteren Naturschutzbehörde oder dem städtischen Bauamt vor, korrupt zu sein. "Das ist gelogen. Das ist Populismus. Ich bin entsetzt", echauffierte sich der Penzberger Bürgermeister in der Stadtratssitzung.

Um etwa 14 Hektar möchte Roche sein Werksgelände erweitern, um für die Zukunft einen Vorrat an Fläche zu schaffen. Es handelt sich bei der Fläche, auf die Roche expandieren will, überwiegend um Wald. Deshalb sind jede Menge Gutachten etwa zur Bodenbeschaffenheit oder Kartierungen von Flora und Fauna nötig. Roche möchte das Areal nicht sofort bebauen. Das soll mittel- bis langfristig erfolgen, weshalb auch der Wald nicht gleich komplett gerodet werden soll. Schon öfter beschäftigte der Bebauungsplan "Biotechnologiezentrum Nonnenwald Nord" die Penzberger Gremien. Dem Stadtrat lagen nun nach der ersten Auslegung des Plans die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und Bürger vor. Von Anfang an kritisierten Teile des Stadtrats den Eingriff in die Natur als zu massiv. Grüne und Penzberg Miteinander (PM) bekräftigten daher ihre Bedenken.

Bedenken, die auch den Bund Naturschutz umtreiben. In seiner Mitteilung spricht er von einem "Lehrbeispiel", "wie ein Antragsteller mit viel Einfluss auf alle politischen Ebenen die Grenzen des gesetzlich Möglichen für seine Zwecke ausreizen kann". Teure Planungs- und Gutachterbüros, darunter Biologen, "die es besser wissen müssten", stünden Roche zu Diensten. "Wer zahlt, schafft an. So einfach ist das." Bürgermeister Korpan wies das von sich. Es sei seit gut 30 Jahren Usus, dass Bauherren und Investoren großer Projekte Planungs- und sonstige Kosten, die sie durch ihr Vorhaben verursachen, selbst tragen. Es gehe, so Korpan, um sechsstellige Beträge. Er möchte den Bund Naturschutz und andere Gruppierungen hören, wenn stattdessen Steuermittel verwendet würden. "Die Behauptungen sind eine bodenlose Frechheit."

Die Entwicklung Penzbergs sei maßgeblich verknüpft mit der von Roche, sagte Christine Geiger (CSU). "So ehrlich muss man sein." Ihre Fraktion unterstütze die Erweiterungspläne. Das tut auch die SPD - wenngleich man die infrastrukturelle Belastung sehe, sagte Sprecher Adrian Leinweber. Daher plädierte er dafür, "ganz neue Wege" beim städtebaulichen Vertrag zu gehen. Solche Verträge werden unter anderem im Zusammenhang mit der Aufstellung von Bebauungsplänen zwischen Stadt und Investor abgeschlossen, um die Kosten von vorbereitenden Untersuchungen, die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen und die Übernahme von Folgekosten zu regeln. Für die Stadt geht es insbesondere um die Folgekosten. Denn mit Vollausbau der Erweiterungsfläche werden geschätzt weitere 2000 Mitarbeiter und mehr bei Roche arbeiten. Sie alle brauchen Wohnraum, nutzen Infrastruktur, ihre Kinder müssen betreut werden. Leinweber regte an, über einen "globalen Infrastrukturbeitrag" nachzudenken. "Das muss man auf Augenhöhe diskutieren."

Penzberg Miteinander möchte den Plänen nicht im Weg stehen, sagte Anette Völker-Rasor, aber ihre Fraktion erkenne nicht, "wo unser beider Interesse gewahrt" werde. Ferner hätte Roche nicht ausreichend dargestellt, welche Möglichkeiten der Verdichtung es auf dem bestehenden Werksgelände gebe. Eine Entscheidung würde ihrer Partei leichter fallen, würde zuerst der Flächennutzungsplan geändert und der Bebauungsplan in Abschnitten umgesetzt werden. Dass der Eingriff in die Natur "drastisch" ist, sehen die Grünen durch die Gutachten und Stellungnahmen der Fachbehörden bestätigt. Der Flächenverbrauch sei enorm und nicht mehr zeitgemäß, sagte Kerstin Engel. Auch die Grünen bevorzugen eine Innenverdichtung. Letztlich billigte der Stadtrat den Vorentwurf des Bebauungsplans mehrheitlich mit 14 zu neun Stimmen.

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