Reden wir über:Schulisches Engagement gegen Rassismus

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Schülersprecherin Marilijn Jacobs von der Realschule Geretsried hat nicht das Gefühl, dass Rassismus in den höheren Stufen noch ein Problem wäre. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Realschule Geretsried will aktiv gegen Diskriminierung vorgehen. Ein Gespräch mit Schülersprecherin Marilijn Jacobs über das Label "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage".

Interview von Celine Chorus, Geretsried

Der Realschule Geretsried ist als erste Schule im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in das Netzwerk "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" aufgenommen worden. In einer Selbstverpflichtung einigen sich Schulen, die diesen Titel tragen, mehrheitlich darauf, sich aktiv gegen Diskriminierung einzusetzen. Schülersprecherin Marilijn Jacobs, 17, lebt seit fünf Jahren in Deutschland und hat selbst Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Im SZ-Interview erklärt sie, wie ihre Schule für das Thema sensibilisiert - und welche bekannte Persönlichkeit das Engagement unterstützt.

SZ: Frau Jacobs, welche Rolle spielt Rassismus an Ihrer Schule?

Marilijn Jakobs: Ich habe es bei mir selber gemerkt. Ich komme aus den Niederlanden, bin aber in den USA aufgewachsen. Seit vier Jahren gehe ich auf diese Schule. Als ich in die siebte Klasse kam, war es nicht so leicht, mich zurechtzufinden. Mein Deutsch war noch nicht so gut und man hat definitiv gehört, dass ich nicht aus Deutschland komme. Wenn ich Fehler gemacht habe, hieß es so was wie "Lern doch erst mal Deutsch" oder "Geh dorthin zurück, wo du herkommst. Wir wollen dich hier sowieso nicht".

Haben diese Erfahrungen Sie auf die Idee gebracht, sich für "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" zu bewerben?

Genau. Wir haben schon im vergangenen Jahr mit dem Gedanken gespielt, aber hatten dann nicht mehr genug Zeit, um uns darauf zu bewerben. Dieses Jahr haben wir es dann durchgezogen und im März auch einen ganzen Tag zum Thema Rassismus organisiert.

Was kann man sich darunter vorstellen?

Dort haben wir verschiedene Projekte umgesetzt, zum Beispiel zu den heutigen Beauty-Standards in unserer Gesellschaft. Es gab auch Schüler, die ein Lied in mehreren Sprachen geschrieben oder Gerichte aus anderen Ländern gekocht haben. Die Schüler konnten sich von der ersten bis zur sechsten Stunde beteiligen - und alle haben es geliebt.

Wie wird man zu einer "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage"?

Man muss zeigen, dass man diese Bezeichnung auch wirklich möchte. Indem man aufführt, was man schon macht, um das Label zu bekommen, und was man in Zukunft noch machen möchte, um das Label zu behalten. Das Wichtigste war aber die Abstimmung: Mindestens 70 Prozent der Schulmitglieder müssen erklären, dass sie sich aktiv gegen Rassismus einsetzen werden. Bei uns haben mehr als drei Viertel der Schüler dafür gestimmt. Das hat gereicht.

Um in das Netzwerk aufgenommen zu werden, braucht jede Schule auch einen Paten.

Wir haben den Eishockeyspieler Konrad Abeltshauser gewinnen können. Auf ihn sind wir gekommen, weil eine Lehrerin Kontakte ins Eishockey hat - und er hat direkt gesagt, dass er mitmachen möchte. Abeltshauser ist unser Gesicht, aber er wird auch mit den Schülern etwas unternehmen. Das aber leider wohl erst, wenn die anderen Schülersprecher und ich nicht mehr an der Schule sind. Im September werde ich ein FSJ beim Roten Kreuz in Wolfratshausen beginnen.

Mit welchem Gefühl verlassen Sie die Schule?

In den vergangenen zwei Jahren, auch seitdem wir eine neue Schulleitung haben, hat sich vieles zum Positiven entwickelt. Gerade in den höheren Stufen merke ich nicht, dass Rassismus dort noch ein Problem wäre. Ich glaube, das liegt zum einen daran, dass unsere Schule gegen Diskriminierung vorgeht, und zum anderen, dass auch in der Gesellschaft ein Umdenken stattfindet. Wir haben eine gute Atmosphäre in unserer Schule. Wir wissen, dass wir bei Problemen auf die Lehrer zugehen können, und sie auch auf uns.

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