Seniorenpolitik im Landkreis:Ein Tag für die Pflegenden

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Der erste "Tag der Pflege" im Kloster Benediktbeuern fand 2022 großen Anklang. Am 4. Mai folgt die zweite Auflage. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Kloster Benediktbeuern sind betreuende Angehörige und Fachkräfte, aber auch Gäste zu einem Programm mit Informationen, Inspiration und Austausch eingeladen. Veranstalter sind Kreistag, Kreisbildungswerk und Katholische Stiftungshochschule.

Von Klaus Schieder, Benediktbeuern

In der Pflege alter Menschen herrscht schon jetzt Notstand. Die Zahl der Seniorinnen und Senioren, die Hilfe benötigen, nimmt durch den demografischen Wandel stetig zu, zugleich verschärft sich der Mangel an Fachkräften. Und in den Pflegeheimen ist der Stellenplan ohnedies oft eng auf Kante genäht. All dies dürfte sich verschlimmern, wenn die Babyboomer demnächst in Rente gehen. Dann wird auch der größte Pflegedienst im Land schrumpfen: die Angehörigen, die sich tagtäglich und nachts noch um ihre Lieben kümmern, unbemerkt und kostenfrei. Diese gesellschaftlichen Probleme wird auch der "Tag der Pflege" nicht lösen, der am Samstag, 4. Mai, im Kloster Benediktbeuern zum zweiten Mal stattfindet. "Den Anspruch kann dieser Tag nicht haben, und er hat ihn auch nicht", sagt Landrat Josef Niedermaier (FW). Vielmehr sei dies "ein Tag der Anerkennung" für alle, die in der Pflege im Landkreis tätig sind.

Pflegende Angehörige können für den Aktionstag eine Betreuung beantragen

Initiiert wird der Veranstaltungsreigen unter der Überschrift "Information, Inspiration, Netzwerken" von der Kreispolitik, organisiert vom Kreisbildungswerk Bad Tölz-Wolfratshausen, unterstützt von der Katholischen Stiftungsfachhochschule München am Campus Benediktbeuern. Die Premiere gab es 2022, sie fand seinerzeit großen Anklang. Mit einer Einschränkung: Damals konnten so manche Angehörigen nicht kommen, eben weil sie daheim in der Pflege gebunden waren. Das soll sich diesmal ändern. "Wir organisieren eine Betreuung zuhause durch Ehrenamtliche", sagt Christiane Bäumler vom Fachbereich Senioren im Landratsamt. "Oder die Angehörigen können die zu Pflegenden mitbringen, und wir stellen ehrenamtliche Begleiter, die für sie da sind." Wer diesen Dienst in Anspruch nehmen möchte, soll sich bis zum 25. April beim Kreisbildungswerk melden (www.tagderpflege.info, E-Mail: Claudia-Harrasser@kbw-toelz-wor.de).

Das Programm stellten (v.li.) Claudia Harrasser (Kreisbildungswerk), Professor Michael Spieker (KSH Benediktbeuern), Christiane Bäumler (Fachbereich Senioren im Landratsamt) und Landrat Josef Niedermaier vor. (Foto: Klaus Schieder)

Das Programm wurde in einem Vorab-Workshop diskutiert und festgelegt, unter anderem mit Vertretern des Kreistags, von Verbänden und Organisationen. "Das Besondere am Tag der Pflege ist, dass er sich an alle wendet, an die Öffentlichkeit, die pflegenden Angehörigen und die beruflich Pflegenden", sagt Claudia Harrasser vom Kreisbildungswerk. Mit den Veranstaltungen spanne man einen weiten Bogen von wissenschaftlichen Vorträgen und Info-Ständen über Tipps zum Pflegealltag, Spaziergängen und gemeinsamem Singen bis hin zum Netzwerken.

"Da geht es viel um Kommunikation und Wertschätzung."

Vor allem für Angehörige sind Referate zur sozialen Pflegeversicherung, zum Vorsorgen für die letzte Lebensphase, zum barrierefreien Wohnen oder auch zu "Demenz verstehen" gedacht. Martina Rosenberg, die den Bestseller "Mutter, wann stirbst du endlich?" geschrieben hat, spricht über das Thema "Herausforderungen in der Pflege zuhause meistern". Für professionelle Pflegekräfte ist unter anderem der Workshop "My Home Life" gedacht, in dem Volker Fenchel neue Wege in der Pflege aufzeigt. Eine gewichtige Rolle spiele dabei die Frage, wie alle Beteiligten in einer Pflegesituation gut miteinander umgehen können, so Harrasser: "Da geht es viel um Kommunikation und um Wertschätzung." Zu den Programmpunkten für alle Besucher zählen etwa der Auftritt eines Demenzchores, das Pflege-Café, ein Herzensspaziergang, eine Kreativwerkstatt mit spielerischem Malen und das Mittagessen in der "Alten Schreinerei". Ganz zum Schluss, sagt Harrasser, sei dann noch "eine Überraschung" geplant.

Die Zahl der Pflegebedürftigen dürfte auch im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in den kommenden Jahren erheblich steigen. (Foto: Caroline Seidel-Dißmann/dpa)

4105 Pflegebedürftige gab es 2022 im Landkreis, nächstes Jahr sollen es 4444 sein, 2040 dann 5682 - so steht es im Seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises. Im Pflegegrad eins und zwei werden viele von ihnen daheim betreut, meist vom Ehepartner, von den Kindern, dann erst von Pflegediensten. "Die Probleme sind erst lösbar, wenn man sieht, dass sie nicht ein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem sind", sagt Professor Michael Spieker von der Katholischen Stiftungshochschule. Bislang nehme man sich hierzulande zu wenig dieses Themas an. Stattdessen sei es so, "dass wir Pflegende aus anderen Ländern zu uns holen, damit sie unsere Hausaufgaben machen". Nach dem Jahr 2035, gibt Spieker zu bedenken, werde es bundesweit "500 000 zu wenige Pflegekräfte" geben. Insofern sei es "hervorragend", dass sich der Landkreis all dies zu eigen mache.

Nach der Premiere vor zwei Jahren erlebte Landrat Niedermaier eine Stimmung, "die eine gewisse Euphorie und einen Aufbruch beinhaltete". Ob durch den Tag der Pflege aber etwas besser wird? Es seien nun mal "die kleinen Schritte, die es ausmachen müssen", sagt Niedermaier. Wichtig sei, dass man sich mit der Problematik, die auf die Gesellschaft zurolle, nicht erst dann auseinandersetze, wenn es dringend notwendig werde.

Das Programm im Kloster Benediktbeuern wird vom Landkreis mit 10 000 Euro finanziert. Weitere 5000 Euro gibt die "Josef und Luise Kraft-Stiftung" aus München. Die Angebote finden im Audimax und im Nordtrakt der Hochschule statt. Beginn ist um 10.30 Uhr, Ende gegen 17 Uhr. Der Eintritt und die Verpflegung (Getränke ausgenommen) sind kostenlos.

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