Öffentlicher Nahverkehr:"Es ist schön, wenn sich jemand Gedanken macht"

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Günther Eibl hält den Zeitpunkt nicht für reif, um eine Straßenbahn-Idee aussagekräftig bewerten zu können. (Foto: Hartmut Pöstges)

Auf Alfred Fraas' Idee einer Straßenbahn-Alternativlösung reagiert der Wolfratshauser Zweite Bürgermeister Eibl allenfalls verhalten. Geretsrieds Bürgermeister Müller bekennt sich zur S-Bahnverlängerung.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen/Geretsried/Königsdorf

Allenfalls verhalten reagiert die Kommunalpolitik auf Alfred Fraas' Vorschlag, statt der S-Bahn eine Straßenbahn nach Geretsried zu führen. Von einer legitimen Idee eines privaten Bürgers spricht Wolfratshausens Zweiter Bürgermeister Günther Eibl (CSU). "Es ist schön, wenn sich jemand Gedanken macht", antwortet der derzeit amtierende Bürgermeister der Flößerstadt - Eibl vertritt Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung Wolfratshausen, der aktuell in Urlaub ist) am Dienstag. Ob eine alternative Straßenbahnverbindung nach Geretsried und Königsdorf überhaupt zeitnah realistisch oder praktikabel ist, möchte Eibl nicht bewerten. Das könne er gar nicht, sagt er. Nur wenn das Planfeststellungsverfahren zur S-Bahn-Verlängerung scheitere, sei eine andere Lösung aufzeigbar.

Bislang bekundet das bayerische Verkehrsministerium am Ausbau der S 7 nach Geretsried weiterhin "uneingeschränktes Interesse". In die Diskussion gekommen ist die Thematik, nachdem der CSU-Landtagsabgeordnete Martin Bachhuber kürzlich mitteilte, dass die Bahn nicht wie angekündigt 2024 mit dem Ausbau beginnen werde. Dieser sei "auf unbestimmte Zeit" verschoben.

Am vergangenen Montag lancierte der frühere Wolfratshauser CSU-Stadtrat Fraas seinen Vorschlag für eine Straßenbahn-Verbundlösung. Diese von ihm sogenannte "S 7+" könnte in Verlängerung der S-Bahn von Wolfratshausen durch Geretsrieder Stadtgebiet weiter bis nach Königsdorf führen, so seine in einer Mail an die Bürgermeister und Räte der drei Kommunen formulierte Idee. Fraas argumentiert, dass die örtliche Politik die Straßenbahn selbst bauen sollte. Dafür verwenden ließen sich seiner Ansicht nach die vom Landkreis sowie den Städten Wolfratshausen und Geretsried jeweils zugesagten zehn Millionen Euro, die für die Tieferlegung des S-Bahnhofs in Wolfratshausen vorgesehen sind.

Ob eine Summe von 30 Millionen Euro auch nur annähernd belastbar sein kann, will der Zweite Wolfratshauser Bürgermeister Eibl nicht beantworten. Zum derzeitigen Zeitpunkt lasse sich über Zahlen nur spekulieren, sagt er. Für Genaueres müsse ein solches Straßenbahnprojekt näher untersucht werden. Momentan spricht Eibl von "relativ klammen Haushaltsverhältnissen" in Wolfratshausen angesichts des Ukraine-Kriegs und der Energiekrise. Bislang seien die zehn Millionen Euro auch nur im langfristigen Finanzplan vorgesehen.

Zum zeitlichen Horizont einer Straßenbahn-Alternative schweigt Eibl ebenso. Nur so viel sagt er: Vor 20 Jahren haben der ehemalige Stadtrat Hans Reiser eine Seilbahn nach Geretsried ins Gespräch gebracht. Zudem gebe es Heinz Wensauers Idee einer Ottobahn - das ist eine Art Schwebebahn mit hängenden Kabinen. "Die Ideen sind da", so Eibl. Ein politischer Entscheidungsprozess stehe derzeit nicht an.

Für den Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller ist das Arbeiten im Team ein wichtiges Kriterium bei der Jobwahl. (Foto: Hartmut Pöstges)

Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) sagt, er halte an einer S-Bahnverlängerung von Wolfratshausen nach Geretsried fest. Dies umzusetzen bleibe sein politisches Ziel. "Hierfür müssen wir aber den politischen Druck auf die Verantwortungsträger im Freistaat, beim Bund und bei der Bahn erhöhen." Von einer "Bahn-Direktverbindung ohne Umsteigen" in die Landeshauptstadt profitierten Unternehmen und Bürger. Die Frage eines Stadtbahn- oder Schnellbussystems als Alternative zur S-Bahn sei bereits in den 1990er-Jahren verworfen worden. "Der Abschnitt zwischen Wolfratshausen und Geretsried ist aus unserer Sicht zu kurz für ein eigenständisches Stadtbahnsystem", so Müller.

Im Geretsrieder Stadtgebiet sei das gesamte Schienennetz der früheren Werksbahn nicht mehr vorhanden. Es müsse genauso neu errichtet werden wie eine Trasse, um Königsdorf einzubinden. Weiterhin gibt Müller zu bedenken, dass die Betriebskosten bei den Städten lägen, wenn diese bauten. Damit verbundene Betreiber- und Kostenfragen seien völlig offen. Zur S-Bahnverlängerung laufe das Genehmigungsverfahren. Das müsse man aus Sicht von Müller beschleunigen statt zum Stillstand bringen.

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