Nahverkehr:Wenn der nächste Bus in eineinhalb Stunden kommt

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Ein besseres Angebot im Nahverkehr fordern (v. li.) Fabian Walter, Jimi Tammelleo, Jakob Koch und Lisa Duka von der Grünen Jugend. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Grüne Jugend verlangt eine "Revolution" im Landkreis - und meint damit einen 40-Minuten-Takt zwischen Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Kurz nach 13 Uhr ist die Wartezone der Schulbus-Haltestelle am Gabriel-von-Seidl-Gymnasium in Bad Tölz nahezu überfüllt. Kinder und Jugendliche stehen an diesem sonnigen Oktobertag mit den Jacken über dem Arm und dem Ranzen vor den Füßen in kleinen Gruppen beisammen, nur wenige haben das Glück, einen Sitzplatz auf den wenigen Bänken zu ergattern. Aber sie alle müssen wenigstens nicht lange auf ihren Bus warten. Wenn Jakob Koch noch eine siebte Schulstunde hat, sieht das anders aus. Dann dauert es anderthalb Stunden, bis er in den nächsten Bus steigen kann. Hinzu kommt die Fahrzeit: eine Stunde, zehn Minuten. Die Grüne Jugend im Landkreis fordert darum einen erheblich dichteren Takt auf der Hauptverkehrsachse Wolfratshausen - Geretsried - Bad Tölz, sprich: für die MVV-Linien 377 und 379. Es gehe darum, "den Nahverkehr im Landkreis zu revolutionieren", sagt Jakob Koch als Sprecher der Grünen Jugend.

Für Werktage und fürs Wochenende, für Schultage und für schulfreie Zeiten hat der Nachwuchs der Grünen einen genauen Fahrplan erstellt. Der sieht werktags einen 40-Minuten-Takt von Bad Tölz über Geretsried nach Wolfratshausen vor, angedockt an die Abfahrtszeiten der S-Bahn. Am Wochenende und an Feiertagen soll es ein 60-Minuten-Takt sein. Nötig wären dafür je sieben zusätzliche Busse, erklärt Koch. Der Ausbau der Verbindungen soll nicht bloß Schülern, sondern allen Bürgern im Landkreis nützen, die aufs Auto verzichten müssen oder wollen. Mit ihrem detaillierten Wunschfahrplan kommen die jungen Grünen einer Forderung vom Umweltausschuss des Landkreises nach: Das Gremium hatte im Mai verlangt, den Ruf nach einem besseren Nahverkehr zu konkretisieren, den sich nicht alleine die Grüne Jugend, sondern auch der Jugendrat in Geretsried auf die Fahne geschrieben hat. Die Liste habe man Ende Juni per E-Mail an Landrat Josef Niedermaier (FW) geschickt, eine Antwort aber noch nicht erhalten, berichtet Koch. In der Mai-Sitzung hatte der Umweltausschuss überdies den Antrag der Grünen zurückgestellt, ein Büro zur Nahverkehrsplanung zu installieren und dafür rund 10 000 Euro in den Kreishaushalt einzustellen.

Für Jakob Koch ist es "ein Witz, dass das Thema bisher noch nicht angegangen wurde". Etwa 36 Prozent des CO₂-Ausstoßes im Landkreis werde durch den Verkehr verursacht, sagt er. Kaum jemand stelle sich nun mal an eine Bushaltestelle, wenn er dort anderthalb Stunden warten müsse, sondern nehme gleich das Auto. Auch in seinem privaten Umfeld, erzählt der Sprecher der Grünen Jugend, habe fast jeder Jugendliche einen Moped-Führerschein, um abends beispielsweise von Beuerberg nach Wolfratshausen zu kommen. Die Energiewende bis zum Jahr 2035, die sich der Landkreis zum Ziel gesetzt hat, wird Koch zufolge nur mit einem attraktiven Nahverkehrsnetz zu erreichen sein. "Dass bis dahin jeder mit dem Elektroauto fährt, kann man nicht erwarten", meint er. Ein weiterer Punkt, den es für die Grüne Jugend zu verbessern gilt, sind die Kosten fürs Busticket. 50 Euro pro Schüler und Monat, die von der zehnten Klasse an dann im Nachhinein auch nicht mehr erstattet würden, seien für finanziell schwächere Familien kaum erschwinglich.

Das Argument, dass die meisten Busse bei einem engeren Takt nur spärlich mit Fahrgästen besetzt seien, mag Lisa Duka nicht gelten lassen. Zunächst müsse man ein Angebot schaffen, das die Leute annehmen, sagt die Studentin. "Keiner nimmt einen Bus mit einem Zwei- oder Drei-Stunden-Takt, wenn er etwas erledigen muss." Den Ausbau der Linie Wolfratshausen - Geretsried - Bad Tölz sehen die jungen Grünen lediglich als einen Anfang. Ihnen schwebt schlussendlich ein Nahverkehrsnetz vor, das auch die Menschen in den Dörfern des Landkreises mobil macht - ohne Auto. Eine Sache der Unmöglichkeit? Das werde immer behauptet, meint Jakob Koch. "Es ist eine Sache der Selbstverständlichkeit."

© SZ vom 06.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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