Nach Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche:Gläubige fordern Reformen

Lesezeit: 2 min

Katholische Pfarrverbands-Mitglieder Gaißach-Reichersbeuern beziehen Stellung.

Von Claudia Koestler, Gaißach/Reichersbeuern

Der jahrzehntelange Missbrauch in den Reihen der römisch-katholischen Kirche schlägt hohe Wellen, insbesondere das Gutachten der Kanzlei Westpfahl, Spilker, Wastl zu sexueller Gewalt im Erzbistum München und Freising kommt einem Erdbeben gleich. "Großes Entsetzen, Scham, Empörung und tiefe Enttäuschung" habe es "erneut bei uns persönlich und unseren Pfarrangehörigen und praktizierenden Christen, wie bei vermutlich allen Pfarreien und Pfarrverbänden in unserer Erzdiözese" ausgelöst: Das erklären Mitglieder des katholischen Pfarrverbands Gaißach-Reichersbeuern nun in einer Stellungnahme zum Münchner Gutachten. Zugleich fordern sie darin die Reformierung der katholischen Kirche.

Unterzeichnet haben die Stellungnahme, die der SZ vorliegt, acht Mitglieder des Pfarrverbands: Barbara Landler, Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Reichersbeuern, Franz Wieser, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats Gaißach, Michael Demmel, Verbundspfleger des Pfarrverbands und Kirchenpfleger Gaißach, Christoph Reichhart, Kirchenpfleger Reichersbeuern, Peter Burger und Elisabeth Trischberger vom Haushalts- und Personalausschuss, Joachim Baumann, Diakon und Pfarrverbandsbeauftragter, sowie Verwaltungsleiterin Barbara Baindl.

"Wie im Gutachten zu lesen ist, ist die Ausübung sexueller Gewalt vor allem auch Missbrauch von Macht", schreiben sie in ihrer Stellungnahme. Dieser systemische Machtmissbrauch im Kontext der katholischen Kirche werde durch den hierarchisch-autoritären Klerikalismus und der damit fehlenden Gewaltenteilung begünstigt, schlussfolgern sie. "Seit der ersten Studie im Jahre 2010 sind diese systemischen Missstände bereits bekannt. Es müssen jetzt Strukturen der Ausübung von Macht in der katholischen Kirche entwickelt und umgesetzt werden, die sexueller und geistlicher Gewaltausübung sowie Fehlentscheidungen der kirchlichen Amtsträger vorbeugen und transparente Entscheidungen im Dienst am Menschen ermöglichen."

Deshalb fordern die Reichersbeurer und Gaißacher Gläubigen "einen verbindlichen Zeitplan für die Umsetzung von grundlegenden Reformen, ungeachtet des einstimmigen Einverständnisses der deutschen Bischöfe und des Vatikans". Zudem unterstützten sie in vollem Umfang die Reformvorschläge des Synodalen Wegs zu allen vier Themenbereichen. Diese vier Themenbereiche umfassten erstens Macht und Gewaltenteilung in der Kirche. Hier brauche es die gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag. Zweitens die priesterliche Existenz: Erforderlich sei eine Abkehr vom Versprechen der Ehelosigkeit. Drittens die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Diensten und Ämtern in der Kirche und viertens ein "Leben in gelingenden Beziehungen". Dies umfasse die Anpassung des kirchlichen Arbeitsrechts, die Neubewertung der ehelichen Liebe und der Homosexualität, sowie die Einführung von Segensfeiern für sich liebende Paare.

Man setze sich dafür ein, dass in der dritten Vollversammlung des Synodalen Wegs, die vom 3. bis 5. Februar in Frankfurt stattfand, die notwendigen Schritte auf dem Weg zur Reform der kirchlichen Machtstrukturen beschlossen werden im Sinne einer synodalen Kirche, schreiben die Gläubigen. Und sie ergänzen in ihrem Schreiben, sich einzusetzen "für die Reformierung der katholischen Kirche in einer Koalition der Willigen, in der die Heilsbotschaft Jesu Christi spürbar wird, auf allen Ebenen und im konkreten Leben unserer Pfarreien, um der Betroffenen und aller Menschen willen".

© SZ vom 07.02.2022 / cjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: