Landwirschaftspolitik:"Bio sollte Leitbild sein"

Lesezeit: 2 min

Für die agrarpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, Gisela Sengl, und den Stimmkreis-Direktkandidaten Jakob Koch sollen Hofbesuche Kindern die Landwirtschaft nahebringen. (Foto: Hartmut Poestges)

Bei einer Grünen-Veranstaltung in Münsing wirbt deren Agrar-Landtagssprecherin für eine kleinteilige Landwirtschaft, Ernährungsbildung als Schulfach und Weidehaltung.

Von Benjamin Engel, Münsing

Als die Grünen am Donnerstagabend in der Tenne des Münsinger Loth-Hofs über Landwirtschaftspolitik diskutieren, treffen Landwirte aufeinander, die für die Partei sinnbildlich sind. Als Gastgeber bewirtschaften Christine und Klaus Mair ihren Demeter-Betrieb schon seit 1989 ökologisch, halten Milchvieh im Laufstall außerhalb des Dorfes, Hühner in mobilen Ställen auf der Wiese und betreiben mit Holz aus dem eigenen Wald ein kleines Nahwärmenetz für die Lothgasse. Im selben Bioverband ist Gisela Sengl organisiert, agrarpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. Mit ihrem Mann baut die 62-Jährige Gemüse auf ihrem Hof in Sondermoning im Landkreis Traunstein an. "Bio sollte Leitbild sein", sagt Sengl.

Klar erkennbar wird an diesem von den Grünen-Ortsverbänden Münsing, Icking, Berg und Schäftlarn organisierten Abend, dass die Landtagswahl in knapp vier Monaten stattfindet. Jakob Koch, Direktkandidat im hiesigen Stimmkreis, spricht ebenso wie Sengl davon, den Dialog mit den Bauern zu suchen. Darin eingeschlossen sind auch die vielen kleinen, konventionell produzierenden und regional vermarktenden Betriebe. "Ohne die Landwirtschaft können wir gar nichts erreichen", sagt der 24-jährige Koch.

Gerade in Zuzugsregionen wie den Landkreisen südlich von München ist die Kluft zwischen urbaner geprägten Bewohnern und Landwirten gewachsen. Das ist den Grünen bewusst. Koch und Sengl treten daher dafür ein, an Schulen Landwirtschaft und Ernährung als eigenständiges Fach zu unterrichten, Besuche auf Bauernhöfen zur Pflicht zu machen. Nur wer wisse, was in Bayern wachse und wie Nahrungsmittel produziert würden, könne ein positives Bewusstsein von der Landwirtschaft gewinnen, so Sengl.

Zentral ist für die agrarpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen die regionale Wertschöpfung. "Wir müssen Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung zusammen sehen", betont sie. Um das sicherzustellen und ökologisch wirtschaftende Betriebe zu unterstützen, sei eine feste Quote an regional erzeugten Bio-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung von Kindergärten und Schulen nötig. Für die Ernährungsbildung seien Schulküchen und -gärten wichtig.

Gleichwohl ist es für Sengl erforderlich, die Landwirtschaft umzubauen, um gerade die noch im Freistaat existierenden, kleinteiligen Betriebsstrukturen zu erhalten. Bauern sollten primär produzieren, um die Lebensmittelernährung in Deutschland sicherzustellen. Die Zahl der Tiere, die in Betrieben möglichst auf der Weide im Freien gehalten werden, sollten nur so groß sein, dass die Landwirte das dafür benötigte Futter auf ihren eigenen Flächen anbauen können. "Es geht nicht, dass wir Futtermittel importieren", sagt Sengl. Exporte könne es schon geben, aber Bayern müsse nicht die ganze Welt ernähren. Wenn die Bevölkerung nicht so viele Lebensmittel wegwürfe, könnten schon heute zwölf Milliarden Menschen ernährt werden. "Wir haben ein Verteilungsproblem", so Sengl.

Gleichzeitig würden viele Landwirte aufgeben, weil die Bodenpreise immer weiter stiegen - in Deutschland seit 2005 um 200 Prozent, so Sengl. Doch der von den Grünen eingebrachte Gesetzentwurf für ein landwirtschaftliches Bodeneigentumsgesetz mit Preisdeckelungen sei abgelehnt worden.

Generell problematisch sind für die agrarpolitische Sprecherin zunehmend monokulturelle Bewirtschaftungsformen wie etwa mit Mais, ebenso die Nitratbelastung des Trinkwassers durch Schweinehaltung für die Artenvielfalt und Bodenqualität. Dagegen setzt Sengl darauf, dass vor allem die Verursacher von Trinkwasserbelastungen auch für diese externen Kosten zahlen müssten, und nicht die Kunden. Für mehr Artenvielfalt brauche es wieder mehr Landschaftsstrukturen wie Hecken. Moore müssten wiedervernässt werden, um Kohlenstoffdioxid im Boden zu binden. Generell wichtig sei aber, dass die Landwirte öffentlich machten, wie schön ihr Beruf sei. "Der Bauernverband hat sich zu Tode gejammert."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: