Lenggries:Gutachter empfehlen Privatisierung des Kreispflegeheims

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Der Kreistag muss entscheiden, ob das Kreispflegeheim Lenggries in öffentlicher Hand bleibt oder privatisiert wird. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Haus ist marode und muss neu gebaut werden. Der Betrieb sei für die öffentliche Hand zu riskant - auch wenn ein "politischer Schaden" drohe.

Von Alexandra Vecchiato, Lenggries

Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen soll das Kreispflegeheim nicht selbst weiter betreiben, sondern an einen privaten Träger abgeben. Zu diesem Ergebnis kommt das Gutachten des Beratungsbüros Rödl & Partner, denn das finanzielle Risiko sei viel zu groß. Diesen Schritt favorisiert seit Langem Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Hingegen fordern die Gegner der Privatisierung, der Landkreis möge das Heim größer neu bauen und betreiben. Die Kosten für den Neubau mit 80 bis 100 Plätzen liegen zwischen zehn und 14 Millionen Euro.

Seit September 2015 liegt das Gutachten von Rödl & Partner bereits vor. Erst kommende Woche, am Montag, 2. Mai, wird es den Räten in der gemeinsamen Sitzung von Kreisausschuss und Sozialausschuss des Kreistags vorgestellt. Es soll die Grundlage für die Entscheidung bilden, wie und in welcher Form das Pflegeheim an der Karwendelstraße künftig weitergeführt werden kann. Die CSU hatte den Antrag gestellt, der Landkreis möge das Heim mit seinen 57 Mitarbeitern in eigener Trägerschaft behalten. Lenggries will das Grundstück für einen Neubau neben dem bestehenden, maroden Haus (derzeit 57 Plätze) zur Verfügung stellen.

Die Kreisklinik Wolfratshausen führt das Haus in Lenggries als Nebenbetrieb und muss dessen Defizite ausgleichen. Im Jahr 2013 etwa lag der Fehlbetrag bei 109 000 Euro. Das klingt nicht viel, aber die Klinik kämpft selbst mit roten Zahlen. Ein von der Klinik GmbH in Auftrag gegebenes, erstes Gutachten der Sozialplaner Schwan & Partner empfahl, dass Lenggries und der Landkreis das Pflegeheim mit einer gemeinnützigen Betriebsgesellschaft als Träger fortführen sollen.

Dem widersprechen Rödl & Partner, wenngleich sie in ihrer Empfehlung auch von einem möglichen "politischen Schaden" sprechen, den eine Privatisierung mit sich bringen könnte. Die Experten betrachten in ihrer Untersuchung verschiedene Modelle: Bei einem Eigentümermodell wäre die Konstellation Regie- oder Eigenbetrieb möglich, also Landkreis/Gemeinde besitzen das Gebäude (Heim), den Betrieb übernimmt der Kreis; oder die Betriebsaufspaltung, bei der den Betrieb ein Tochterunternehmen als GmbH führt. Beim Investorenmodell gibt es die Variante "Teilprivatisierung", bei der der Landkreis mit einem Investor kooperiert, oder die Variante "Vollprivatisierung", bei der der Investor alle Bereiche in der Hand hat.

Das zweite Gutachten vertiefe die Erkenntnisse des ersten - in diesem Punkt sind sich der Lenggrieser Bürgermeister Werner Weindl (CSU) und Kreiskämmerer Ralf Zimmermann einig. Doch nicht einig sind sie sich, was die Zukunft des Kreispflegeheims betrifft. Weindl sieht in der Studie die Bestätigung, dass ein Betrieb in kommunaler Trägerschaft nicht ausgeschlossen ist. Er ist, wie auch CSU-Fraktionssprecher Martin Bachhuber, der Meinung, dass ein Landkreis ein Pflegeheim wirtschaftlich führen kann. Hingegen gibt Zimmermann die Position des Landrats wieder, dass ein privater Anbieter, der auf dem Pflegemarkt etabliert sei, mehr Erfahrung habe. "Wir sprechen nicht von einer Heuschrecke. Darauf würde bei einer Ausschreibung geachtet." Aber solche Träger verfügten über eine Administration wie Verwaltung oder Geschäftsleitung, die im Landratsamt erst aufgebaut werden müsste. Kommunalrechtlich sei es schwierig für einen Landkreis, ein Heim neu zu bauen und zu betreiben, weil dies nicht seine gesetzliche Aufgabe sei.

Der Betrieb kollidiere mit dem EU-Beihilferecht. So könnte ein Kreisumlagen-Zahler klagen, weil ein anderes Heim im Landkreis nicht von diesem finanziert werde. Oder ein privater Dritter, weil eine Kommune mittels Sonderkonditionen ein solches Projekt stemmen könnte, er aber nicht. Der private Dritte hätte dadurch einen Nachteil im Wettbewerb.

Am Montag geht es darum, eine Arbeitsgruppe zu gründen und Mitglieder zu benennen. Im Juli soll eine Entscheidung über das Kreispflegeheim fallen.

Kreisausschuss/Sozialausschuss, Montag, 2. Mai, 9 Uhr, Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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