Jugendaktion:Klimapower: "Wenn nicht jetzt, wann dann?"

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"No plastic" und "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Die Teilnehmer der Jugendkonferenz bauen einen ideellen Wegweiser. (Foto: Harry Wolfsbauer)

32 Schülerinnen und Schüler setzen sich im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern mit konkreten und politisch-theoretischen Fragen auseinander.

Von Enno Lug, Benediktbeuern

Viele bunte Holzschilder, auf denen "Du hast deine Zukunft in der Hand", "No plastic" oder "Wenn nicht jetzt, wann dann?" steht: Sie sind das Produkt einer der beiden Aktiv-Aktionen am letzten Tag der Jugendkonferenz "Klimapower" im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) im Kloster Benediktbeuern. Alle Schilder mit Ideen und Anregungen für eine klimaorientierte Zukunft sollen an einem großen Pfahl angebracht werden, der als "ideeller Wegweiser" aufgestellt wird. Einige hundert Meter weiter pflanzen andere Jugendliche eine etwa hundert Meter lange Hecke.

Landschaftspflege gehört zum Freiwilligen Ökologischen Jahr im Zentrum für Umwelt und Kultur. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Tage seien ein absoluter Erfolg gewesen, sagt Andrew Blackwell, Bildungsreferent am ZUK. "Es ist der Wahnsinn, dass es so tolle Jugendliche gibt. Wir haben dazu beigetragen, sie zu ermutigen und zu motivieren. Das war das Ziel!" Und auch die Jugendlichen zeigen sich beim abschließenden Pressegespräch sehr zufrieden. Zum Programm gehörte auch das Planspiel "Klimasiedler", in dem es darum ging, die Gratwanderung zwischen maximalem Wohlstand und Verhinderung der Klimakrise zu erreichen.

Auch zahlreiche Workshops absolvierten die 32 jungen Menschen aus Bayern im Alter von 14 bis 23 Jahren. Zu den Themen gehörten hier Energiewende und Nachhaltige Stadtplanung, aber auch der Umgang mit der Presse. Eine weiterer Programmpunkt war eine Podiumsdiskussion mit Kreisrat Jakob Koch (Grüne), der Pressesprecherin von Fridays for Future Bayern, Franziska Wild, und Isabella Waldorf, einer Teilnehmerin der Dialoglabore des Bunds für Umwelt und Naturschutz in Deutschland. Hier sei unter anderem das Streichen von Inlandsflügen zur Sprache gekommen - ein sinnvoller Vorschlag, wie die Gruppe findet. "Dann muss aber auch das Bahnnetz ausgebaut werden", merkt Sophia an, die das Gymnasium in Penzberg besucht.

"Die größte Verantwortung liegt in der Politik"

Viele der Jugendlichen haben sich schon persönlich für Klimaschutz eingesetzt, ernähren sich vegetarisch oder vegan oder versuchen, weitestgehend aufs Auto zu verzichten. Und auch in ihren Familien bemühen sie sich, ein Bewusstsein für die Klimakrise zu schaffen. "Ich bin Vegetarier und werde versuchen, auch meine Familie zu konvertieren", sagt Siri, eine Teilnehmerin. Doch sie stellt gleichzeitig die Macht des Einzelnen in Frage: "Auch wenn wir viel verändern können mit unserem Lebensstil, liegt die größte Verantwortung in der Politik."

Dieser Meinung ist auch Benjamin, der am ZUK ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolviert. "Der ganze Druck muss auf die Politik und Wirtschaft gelenkt werden", sagt er. "Es ist ganz wichtig zu verstehen, dass die Schuld nicht bei uns liegt, sondern bei verschlafenen Klimazielen und bei Ölkonzernen, die versuchen, uns die Schuld zuzuschieben." Er formuliert klare Forderungen: "Wir brauchen andere Spielregeln von der Politik. Wir brauchen mehr Steuern auf klimaschädliche Produkte, um nachhaltiger Leben zu können." Zudem sei es notwendig, dass Strom nicht mehr aus Kohle, Öl oder Gas gewonnen werde, sondern zu 100 Prozent erneuerbar. "Das geht, das ist möglich - und wir brauchen das unbedingt!", sagt Benjamin.

Die Klimakrise ist jedoch ein globales Problem. Diesen Einwand hat auch der Schüler Matthias: "Es hilft nichts, wenn wir in Deutschland Bäume einpflanzen, während woanders der Urwald abgeholzt wird." Sophia sieht die Bundesrepublik dennoch in der Verantwortung: "Deutschland hat durch Produktionsumlagerungen oft einen Anteil an hohen CO2-Emissionen in anderen Ländern." Benjamin betont auch die Vorbildfunktion und die "Altlasten", die Deutschland mit sich bringe.

Die Verzweiflung hinter den Aktionen

Mit Klimaschutz-Protestaktionen hat die Gruppe "Letzte Generation" Aufsehen erregt. Auch dieses Thema behandelte die Jugendkonferenz. "Die Letzte Generation hat die richtigen Gedanken - aber sie bringen die Leute gegen sich auf", findet Matthias. "Im Kontext der lebensbedrohlichen Klimakrise ist ein Stau ein Witz", sagt Benjamin und kritisiert die Darstellung der Aktivisten in den Medien. "Es sollte viel mehr über die Verzweiflung, die hinter den Aktionen steckt, gesprochen werden: Es ist keine große Forderung, zu sagen: Wir wollen überleben!"

Abschlusskonferenz im Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nun wollen die Teilnehmer, unter denen auch Schülersprecher und "Umweltmanager" von Klassen waren, das Gelernte an ihre Mitschülerinnen und Mitschüler weitergeben und Projekte anstoßen. Als Beispiele für gute Naturschutzarbeit an Schulen nennen sie eine Schulimkerei oder vegane Tage in der Mensa. Wenn es nach Doris Linke, der Pädagogischen Leiterin im ZUK, geht, können sich die jungen Menschen im kommenden Jahr wieder im Rahmen einer Jugendkonferenz austauschen. "Es ist gut gelaufen, wir würden es gerne als jährliche Konferenz etablieren", sagt sie. Und das Abschlussgespräch der Gruppe zeigt: Auch die Teilnehmer wollen, dass es weitere Konferenzen gibt.

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