Landtagswahl 2023:Landtagskarriere von Hans Urban in der Schwebe

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Der Grünen-Abgeordnete Hans Urban vor vier Jahren auf der Treppe des Münchner Maximilianeums, dem Sitz des bayerischen Landtags. (Foto: Katharina Schmid/oh)

Die Verurteilung im Google-Vorfall hat das Mandat des Grünen-Abgeordneten überschattet. Jetzt treten fünf Parteikollegen für eine Direktkandidatur im Stimmkreis gegen ihn an.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Die Landtagskarriere des Grünen-Abgeordneten Hans Urban könnte nach nur einer Legislaturperiode womöglich zu Ende gehen. 2018 war der Bio-Bauer aus Oberherrnhausen (Gemeinde Eurasburg) Direktkandidat seiner Partei im Stimmkreis Bad Tölz-Wolfratshausen-Garmisch. Der inzwischen 44-jährige Familienvater erhielt so viele Stimmen, dass er auf der Grünen-Liste für Oberbayern weit nach vorne rückte und damit unerwartet in das bayerische Parlament einzog. Doch nun machen ihm fünf Parteikolleginnen und -kollegen aus der Region sein Direktmandat streitig. In einer Grünen-internen Online-Sitzung am vergangenen Mittwochabend haben sie sich vorgestellt. Urban selbst soll nicht teilgenommen haben. Am 28. November wollen die Grünen ihre Direktkandidaten für den Bezirks- und den Landtag bei einer Versammlung in der Jugendsiedlung Hochland bei Königsdorf wählen.

Urban könnte zwar auch dort als Kandidat antreten. Für eine Stellungnahme war der Grünen-Landtagsabgeordnete trotz wiederholter Kontaktversuche allerdings für die SZ nicht zu erreichen. Wer die Telefonnummer seines Landtagsbüros wählte, konnte nur die Mailbox erreichen. Rückrufbitten blieben unbeantwortet. Unter den Namen seiner Büromitarbeiter steht noch Jakob Koch, der nach eigener Aussage inzwischen nicht mehr für Urban tätig ist. Der 24-jährige Lehramtsstudent für Sonderpädagogik bestätigt allerdings, dass er einer der fünf Grünen-Bewerber um die Direktkandidatur im Stimmkreis sein wird. Öffentlich zu Hans Urban äußern möchte er sich nicht.

Für die Grünen-Fraktion im Landtag agierte Urban als forst- und jagdpolitischer Sprecher. Was seine Abgeordnetenkarriere aber überschattete, war der Vorfall mit einem Google-Kamera-Auto auf seinem Hof in Oberherrnhausen. 2021 war der damals 43-Jährige wegen falscher Verdächtigung und Nötigung am Amtsgericht Wolfratshausen zu einer Geldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu 150 Euro, also 10.500 Euro verurteilt worden. Damit ist Urban zwar nicht vorbestraft. Für seine persönliche Reputation war das Urteil aber auch in Grünen-Kreisen wenig förderlich.

Damit könnte zusammenhängen, dass der Grünen-Landtagsabgeordnete derzeit sehr ausweichend agiert. Urban hatte immer darauf beharrt, dass er unschuldig sei. Das Gericht war allerdings davon überzeugt, dass der Politiker sich absichtlich vor dem Auto des Google-Fahrers fallengelassen und einen Unfall vorgespielt habe, als dieser auf einem gekiesten Privatweg am Hofgelände eingefahren war und wenden wollte. Das bestätigten auch zwei Gutachter. Anhand der Dashcam-Aufnahmen des Google-Autos hatten die Experten analysiert, dass der Wagen den Bio-Bauern nicht berührt haben könne, sich dieser vielmehr einfach ohne Kontakt nach hinten habe fallen lassen. Im Gegenzug hatte Urban den Google-Fahrer wegen Körperverletzung angezeigt.

Die Sichtweise von Urban ist wohl bis heute unverändert. Auf der Homepage der bayerischen Grünen rückt er gleichzeitig Geradlinigkeit, Glaubwürdigkeit und die Fähigkeit, sich selbst kritisch zu hinterfragen, als wichtige Werte in den Fokus. Öffentlich in den Hintergrund gerückt ist durch den Google-Vorfall zudem Urbans Ziel, sich für ein umweltgerechtes Bayern einzusetzen. Gerade als Bio-Bauer hätte er dies vorleben können. Mit seiner Frau bewirtschaftet er den Hof in Oberherrnhausen. In den sozialen Medien postete er Bilder und Videos, wie er seine Hühner füttert, die das Paar in mobilen Ställen nach dem Bruderhahnmodell hält. Das bedeutet, dass die männlichen Küken nicht getötet, sondern mit aufgezogen werden. In seinem Privatwald ließ sich Urban filmen, wie er Setzlinge für einen klimatoleranten Mischwaldumbau mit Fichten, Buchen und Tannen setzt.

Die Tage bis zur Aufstellungsversammlung der Direktkandidaten zur Landtagswahl werden für die Grünen im Stimmkreis spannend. Im Gespräch als Kandidatin ist die Wolfratshauser Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth. Sie selbst will das auf Nachfrage aber nicht bestätigen. Anders der Lenggrieser Zimmerermeister Klaus Hanus. Der 47-Jährige war zur Bürgermeisterwahl in seinem Heimatort vor zwei Jahren für die Grünen angetreten, aber unterlegen. Das Handwerk sei für ihn politisch zu wenig vertreten, sagt er. Daher kandidiere er nun. Weitere Bewerber sind der 61-jährige Unternehmensberater Walter Burk aus Garmisch-Partenkirchen sowie die 52-jährige Garmischer Grünen-Kreisrätin und Sprecherin des Murnauer Ortsverbands, Petra Daisenberger.

Jakob Koch begründet seine Bewerbung auch biografisch. Der 24-jährige Student ist Eurasburger Gemeinderat, Kreisrat und Sprecher der Grünen Jugend. Im kommenden Jahr stehe das Staatsexamen an, sagt er. Damit sei seine berufliche Perspektive gesichert. Das Oberland sei bereit für einen jungen Kandidaten, findet er. "Ich werde sehen, ob mein Angebot angenommen wird." Sollte er aber nicht zum Grünen-Direktkandidaten im Stimmkreis gewählt werden, sei das für ihn auch nicht frustrierend. "Wir haben viele tolle Kandidaten", so Jakob Koch.

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Wolfratshausen/Eurasburg
:Hans Urban im Google-Streit verurteilt

Das Wolfratshauser Amtsgericht sieht es als erwiesen an, dass der Grünen-Landtagsabgeordnete den Unfall auf seinem Hof fingiert hat. Er muss nun 10 500 Euro Strafe zahlen.

Von Benjamin Engel

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