Wolfratshausen/Eurasburg:Hans Urban im Google-Streit verurteilt

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Das Wolfratshauser Amtsgericht sieht es als erwiesen an, dass der Grünen-Landtagsabgeordnete den Unfall auf seinem Hof fingiert hat. Er muss nun 10 500 Euro Strafe zahlen.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen/Eurasburg

Der Grünen-Landtagsabgeordnete Hans Urban ist wegen des Vorfalls mit einem Google-Kamera-Auto auf seinem Hof in Oberherrnhausen vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verurteilt worden. Richter Helmut Berger bestätigte am Montag die Geldstrafe aus dem Strafbefehl wegen falscher Verdächtigung und Nötigung in Höhe von 70 Tagessätzen zu 150 Euro, also 10 500 Euro. Damit wäre Urban nicht vorbestraft, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Google-Fahrer war im Oktober vor knapp zwei Jahren auf einen gekiesten Privatweg auf dem Hof des 43-jährigen Politikers eingefahren. Als er wenden wollte, soll Hans Urban die Wegfahrt verhindert, sich vor dem Auto fallengelassen und einen Unfall vorgespielt haben. Schließlich versperrten zwei Radlader - darunter einer eines Nachbarn - dem Google-Fahrer die Ausfahrt aus dem Anwesen. Urban hatte alles abgestritten und den Google-Fahrer selbst wegen Körperverletzung angezeigt.

Der Google-Fahrer hatte seiner Darstellung nach nur fehlerhaftes Kartenmaterial aktualisieren wollen. Eine Privatstraße sei nicht ausgeschildert worden. Als er habe wenden wollen, sei Urban mit einem Akkuschrauber auf sein Auto zugerannt und habe an die Scheibe geklopft. Der angeklagte Politiker habe sich hinter sein Auto positioniert und sei, nachdem er habe wenden können, vor sein Auto gelaufen. Er sei wiederholt ganz langsam angefahren. Viermal sei Urban umgefallen. "Er hat nie mit dem Fahrzeug Kontakt gehabt."

Das bestätigten auch zwei Gutachter - der von Urban selbst eingeschaltete Unfallanalytiker Volker Fürbeth sowie Forensiker Jochen Buck. "Urban hat sich nach hinten umfallen lassen." Demnach sei es kein natürlicher Mechanismus, wie Urban nach den Dashcam-Aufnahmen des Google-Autos nach hinten gefallen sei.

Freispruch für ihren Mandanten forderten Urbans zwei Rechtsanwälte Hartmut Wächtler und Andreas Hofreiter. Ihr Mandant sei so wütend gewesen, weil er sich geärgert habe, dass seine Straße im Google-Kartendienst aufgeführt worden sei, obwohl es eine Privatstraße sei, so ihr Tenor. "Das ist wohl die Wut des Hilflosen", erläuterte Wächtler. Urban habe sich dem Kamera-Auto nur deshalb in den Weg gestellt, weil er die Personalien des Fahrers habe aufnehmen wollen. Das sei aus seiner Sicht sein gutes Recht gewesen. Wegen Nötigung könne man gegen Urban also nicht vorgehen. Dasselbe gelte für die falsche Verdächtigung. Die herbeigerufenen Polizisten hätten ihren Mandanten erst nach der Befragung belehrt. Darauf dürfe sich die Anklage nicht stützen.

Aus Sicht des Staatsanwalts war es für den Google-Fahrer ein großes Glück, dass er seine Dashcam eingeschaltet hatte. "Ohne die Videoaufzeichnung hätte der Geschädigte ein massives Problem gehabt, sagte Thomas Ehemann. Die Videos sprächen für sich. "Das ist eine Schmierenkomödie, das ist inszeniert." Die Gutachter hätten geschildert, dass man so nicht hinfalle. Der Staatsanwalt forderte eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu 150 Euro.

Darunter blieb Strafrichter Helmut Berger. Für das Verhalten Urbans fehle ihm jedes Verständnis, sagte er. Wie auf den Video- und Tonaufnahmen zu sehen und zu hören sei, habe der Google-Fahrer nur wegfahren wollen. Urban habe wohl an dem Unternehmen Google ein Exempel statuieren wollen. Dass er das an einem, zugespitzt gesagt, "kleinen Würstchen" gemacht habe, gehe überhaupt nicht. "Er hatte die Hose gestrichen voll", sagte Berger. Das sei durch die Videoaufnahmen deutlich geworden.

Auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie der Grünen-Politiker Urban viermal vor dem Fahrzeug zu Boden fällt. Zudem soll Urban sich nach der Aussage des Google-Fahrers in den Finger gebissen haben. Anschließend soll er das ausgetretene Blut auf der Motorhaube des Autos abgestreift haben, um einen Unfall zu simulieren. Urban selbst stritt das ab und behauptete, sich nur im Zuge des Vorfalls unwissentlich verletzt zu haben. Richter Berger war von der Schuld des Angeklagten überzeugt. Er habe viele seltsame Vorfälle erlebt, sagte er. "Was sich hier offenbart, ist bar jeglichen Verständnis."

© SZ vom 14.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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