Regenerative Energien:Glück auf in Gelting

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In der Tradition der Bergleute wurde in Gelting zu Beginn der Arbeiten um den Beistand der heiligen Barbara gebeten. Die Weihe wurde vom katholischen Stadtpfarrer Andreas Vogelmeier (re.) und dem evangelischen Pfarrer Theo Heckel (li.) vorgenommen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit einer Meißelweihe beginnen im Geretsrieder Ortsteil die weltweit ersten Geothermie-Tiefenbohrungen nach dem Verfahren des kanadischen Unternehmens Eavor. Von 2024 an soll das Projekt erstmals regenerative elektrische Energie liefern.

Von Arnold Zimprich, Geretsried

Es ist mehr als nur der nächste Versuch. Daniel Mölk , Executive Vice President Europe Operations der Firma Eavor, einem Unternehmen aus dem kanadischen Bundesstaat Alberta, ist sich daher der Bedeutung des Termins bewusst: "Das ist ein riesiger Meilenstein für uns", sagte er am Mittwoch, "es wird das erste kommerziell betriebene Projekt weltweit". Was im Untergrund geschehen wird, hat Thomas Loibl, Pressereferent der Stadt Geretsried, bereits in kurzen Worten zusammengefasst: "Das ist wie eine große Wärmepumpe". Eavor will im Geltinger Wald kaltes Wasser in eine Tiefe von rund 4500 Metern pumpen, das sich dort unten in warmen Gesteinsschichten erhitzt und dann zurück an der Oberfläche als Wärme-, respektive Energiequelle genutzt wird.

Daniel Mölk, Executive Vice President Europe von der Firma Eavor (3.v.li.), betonte die Bedeutung des Projekts. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Firma Enex, die an dieser Stelle vergeblich auf der Suche nach einer ausreichenden Menge heißem Tiefenwasser war, hat schon jahrelange Vorarbeit geleistet. "Wenn Enex hier nicht schon den Untergrund umfassend erforscht hätten, wären wir heute nicht hier", sagte Mölk, der sich als gebürtiger Isländer mit Geothermie auskennt. "Geretsried ist der Anfang, mittelfristig werden wir unsere Technologie deutschlandweit, in ganz Europa und global zum Einsatz bringen."

Der Bohrplatz in Gelting. Hier soll bald kaltes Wasser in der Tiefe erhitzt und für regenerative Energie nutzbar werden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein Wagnis ist es schon, erneut ein millionenschweres Projekt anzugreifen, das von der EU mit 90 Millionen Euro bezuschusst wird - schließlich gibt es bisher nur das Pilotprojekt in Kanada und einige Testbohrungen im US-Bundesstaat New Mexico. Eavor ist sich seiner Sache jedoch sicher, und so werden am 24. August Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger (FDP), sowie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Bohrplatz erwartet.

Kanadische Bohringenieure leiteten die Besucher, darunter Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU) und der stellvertretende Landrat Klaus Koch (Grüne), am Mittwoch unter den gut 30 Meter hohen Bohrturm. "Im Jahr 2005 hat es sich der Landkreis zur Aufgabe gemacht, die Energieversorgung bis 2035 zu hundert Prozent auf erneuerbare Energieträger umzustellen. Die Energiewende muss auch in den Köpfen stattfinden. Die Akzeptanz ist da für das, was hier passiert", sagte der Grünen-Politiker. Bürgermeister Müller sieht in der Bohrung eine "einmalige Chance für die Stadt und die Region", wie er sagte. "Die Stadt rüstet sich - das ist ein guter weiterer Schritt Richtung Energiewende."

Die Bohrstangen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Es rumorte im Hintergrund, langsam senkte sich der mächtige Bohrmeißel aus dem ersten von zwei Bohrtürmen auf Kopfhöhe. Für den katholischen Pfarrer Andreas Vogelmeier war die Meißelweihe, wie er später berichtete, ein Novum. Vogelmeier und sein evangelischer Kollege Theo Heckel segneten nicht nur den ersten Meißel, der den Vortrieb des teleskopförmigen Schachts bis in 800 Meter Tiefe leisten soll, sondern auch alle Anwesenden. "Jetzt kann nichts mehr schiefgehen", sagte Bürgermeister Müller. Bleibt zu wünschen, dass bald wie geplant viele Tausend Haushalte mit regenerativer elektrischer Energie und später, wie Stadtwerke-Chef Jan Dühring betonte, auch mit Fernwärme versorgt werden können.

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