Energiekrise:In den Kirchen bleibt es kalt

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Die Basilika in Benediktbeuern wird von Haus aus wenig geheizt. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Pfarreien schlagen sich mit steigenden Energiekosten herum. Daher werden etliche Gotteshäuser nicht geheizt in diesem Winter.

Von Benjamin Engel Annika Nopper und Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen / Penzberg

So manchen Gläubigen könnte es in diesem Jahr bei der Christmette frösteln. Auch vor den Pfarrgemeinden macht die Energiekrise nicht halt. Viele Kirchen bleiben in dieser Wintersaison deshalb kalt.

In den Gremien der katholischen Stadtkirche in Geretsried seien die Möglichkeiten zum Energiesparen konstruktiv diskutiert worden, sagt Verwaltungsleiterin Hedwig Sesto. Man sei vom Erzbischöflichen Ordinariat München angehalten worden, die 19 Grad in Büroräumen nicht zu überschreiten. In den Kirchen selbst bleibt es aber wesentlich kälter. In einer glücklichen Lage befinden sich die Besucher der Kirche Heilige Familie. Vor der Krise sei es zwar beim Gottesdienst wärmer gewesen, aber da die Kirche in der Mitte des Pfarrzentrums liege, herrschten trotzdem angenehme Temperaturen, betont Sesto. In der Pfarrei Maria Hilf ist die Kirche dagegen ein freistehendes Gebäude. Der große Kirchenraum sei schwierig zu beheizen und die Sitzbankheizung komme nur noch bei Gottesdiensten zum Einsatz.

Kreative Lösungen, die Energie sparen helfen, sind in diesen Zeiten gefragt. So bleibt das Wasser in den Sanitärräumen in Geretsried kalt. Trotz der Umstellungen seien die Kirchenbesuchszahlen nicht gesunken, sagt Sesto und ergänzt: "Die Leute haben sich darauf eingestellt und ziehen sich einfach eine Schicht wärmer an."

Einen anderen Weg hat die evangelisch-lutherische Gemeinde in Geretsried eingeschlagen. Die Versöhnungskirche bleibt bis Ende März 2023 geschlossen, um die stark gestiegenen Heizkosten zu verringern. Der Gemeindegottesdienst sonntags um 10 Uhr findet in der Petruskirche mit ihrer effizienteren und kostengünstigeren Sitzheizung statt. Damit am zentralen Gottesdienst alle Gläubigen teilnehmen können, gibt es einen Taxidienst, der die Kirchgänger sonntags um 9.45 Uhr von der Versöhnungskirche zur Petruskirche und nach dem Gottesdienst wieder zurück bringt.

Die Christkönigkirche in der Penzberger Innenstadt wird diese Wintersaison ebenso nicht beheizt wie die Kirche "Unsere liebe Frau von Wladimir" im Stadtteil Steigenberg. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Auch im Nachbarlandkreis Weilheim-Schongau bleibt so manches Gotteshaus unbeheizt in diesem Winter. In der Stadt Penzberg betrifft das die beiden katholischen Kirchen Christkönig und "Unsere liebe Frau von Wladimir". Die Pfarrei hat schon jetzt gestiegene Energiekosten zu stemmen. Aus diesem Grund entschlossen sich Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat zu diesem Schritt. Man habe sich nicht allein wegen der Energiekosten Gedanken gemacht, sagt Pfarrer Bernhard Holz. Auch die Sparapelle hätten die Pfarrei bewogen, ihres dazu beizutragen. Die Gasvorräte, sagt der Pfarrer, sollen Haushalten und Industrie zur Verfügung stehen. "Es ist unsere Verantwortung, uns einzuschränken." Im Übrigen habe die Stadt Penzberg aufgerufen, eine gemeinsame Klimaschutzerklärung zu unterzeichnen. Man habe das zwar noch nicht getan, trage das Anliegen aber mit, betont Holz. "Wir werden demnach in diesem Winter beide Kirchen nicht beheizen."

Kirchenpflegerin Margareta Drexel und Pfarrer Bernhard Holz werben in der Christkönigkirche in Penzberg um Verständnis, dass die beiden katholischen Kirchen diesen Winter nicht geheizt werden. (Foto: Alexandra Vecchiato)

Das Thermometer in der Christkönigkirche zeigt 7,9 Grad. Früher, so Holz, habe man im Winter eine Grundtemperatur von acht oder neun Grad im Kirchenschiff gehabt. Einige Stunden vor dem Gottesdienst sei auf zwölf Grad hochgeheizt worden. Das könne man sich einfach nicht mehr leisten, erklärt Kirchenpflegerin Margareta Drexel. Die Christkönigkirche hat eine Umluftheizung samt Gaskessel. Würde man diesen Winter normal heizen, müsste man ungefähr 10 000 Euro für die Heizkosten veranschlagen, hat Drexel ausgerechnet. "Wobei das alles tatsächlich schwer zu kalkulieren ist." 10 000 Euro mehr - das wäre vier Mal so viel wie im Winter vor zwei Jahren, sagt die Kirchenpflegerin. Das Gotteshaus im Ortsteil Steigenberg hat indes eine Elektroheizung unter den Sitzbänken. Das sei zwar wesentlich günstiger, so Drexel. Für diese Wintersaison rechnet sie dennoch mit Heizkosten in Höhe von 2500 Euro. Normalerweise belaufe sich die Rechnung auf 700 bis maximal 1000 Euro.

Die Pfarrei kämpfe schon seit zwei Jahren mit steigenden Energiepreise, also schon vor dem Ukraine-Krieg, sagt Drexel. Die Kosten würden der Gemeinde als Großabnehmerin jeweils für ein Vierteljahr festgesetzt. Aufgrund der Erfahrungen erwartet Drexel eine weitere massive Erhöhung. Da nutzt es auch nicht viel, dass der Heizkessel in der Christkönigkirche vor zwei Jahren ausgetauscht wurde. Im August dieses Jahres hatte die Pfarrei eine Nachzahlung für 2021 in Höhe von 22 000 Euro für alle Gebäude ohne die beiden Kindergärten zu leisten. Die Vorauszahlungen seien zweieinhalb Mal höher als im vergangenen Jahr. "Da kommt man als Kirchenstiftung an die Grenzen", stöhnt Drexel. Nicht von den Einsparungen betroffen sind die Kinderbetreuungseinrichtungen. Im Pfarrbüro soll es "nur" bei einer Raumtemperatur von 19 Grad bleiben. "Wobei ich niemandem vorschreiben kann, das zu akzeptieren, wenn es ihn friert", sagt die Kirchenpflegerin.

Die Diözese Augsburg würde ohnehin empfehlen, Kirchen nicht zu heizen, weil dies schlecht für Gebäude und Orgel sei, betont Pfarrer Holz. Die Orgel in Christkönig ist in einem schlechten Zustand. Sie soll demnächst renoviert werden. "Für das Instrument sind Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen eh nichts", sagt Drexel.

In der Benediktbeurer Basilika ist die Heizung ohnehin meist aus. Das liegt laut Pfarrer Heiner Heim daran, dass im prächtigen Sakralbau außer Beerdigungen und der Christmette keine weiteren Gottesdienste stattfinden. "Alle anderen feiern wir in der Marienkirche in der Dorfmitte." Momentan habe es in der Basilika Sankt Benedikt nur acht Grad Celsius. Lediglich eine Stunde vor der Christmette werde die Kniebank-Heizung eingeschaltet, damit es zum Gottesdienst etwas wärmer wird. Würde dauerhaft geheizt, könnte das die Kirche aus dem 17. Jahrhundert mit der reich verzierten Ausstattung schädigen: weil mit der warmen Luft gebundene Staubpartikel nach oben stiegen und sich auf die Stuckverzierungen legten.

In der Marienkirche aus den 1960er Jahren sei dies dagegen unproblematisch. Dort hat die Gemeinde die mit Strom betriebene Heizung herunter gedimmt. Im Kirchenraum ist es daher mit vier bis fünf Grad ungefähr doppelt so kühl wie üblich. Darüber, dass die alte Ölheizung im Pfarrhaus im Vorjahr mit einer Pellets-Anlage ersetzt wurde, ist der Pfarrer Heim froh. "Das war eine gute Entscheidung."

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