Migrationspolitik:Trägerverein sieht sich von Stadt ignoriert

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Auch wenn der Trägerverein Jugend- und Sozialarbeit (TVJA) die Asylkoordination aufgibt, sollen Angebote wie die Fahrradwerkstatt erhalten bleiben. Rechts: TVJA-Geschäftsführer Rudi Mühlhans. (Foto: Hartmut Pöstges/Hartmut Pöstges)

In Geretsried hat der Trägerverein für Jugend- und Sozialarbeit die Asyl-Koordination aufgegeben. Für dessen Führungsteam ist die Aufgabe mit dem jetzigen Budget nicht leistbar. Die Stadt habe alle Gesprächsanfragen zu einer neu beschlossenen Stelle im Rathaus abgeblockt.

Von Benjamin Engel, Geretsried

Gerade einmal zwei Tage vor Heiligabend - und das noch an einem späten Freitagvormittag - hatte der Geretsrieder Trägerverein für Jugend- und Sozialarbeit (TVJA) per Pressemitteilung erklärt, die Asyl-Koordination zum Jahreswechsel wieder an die Stadt abzugeben. Damit habe das Führungsteam jedoch keinen überraschenden Knalleffekt setzen wollen, sagen TVJA-Geschäftsführer Rudi Mühlhans und Vorsitzende Kerstin Halba. Stattdessen habe der Trägerverein in den vergangenen Monaten wiederholt deutlich gemacht, dass die Aufgabe unter den aktuellen Bedingungen nicht mehr sicherzustellen sei. Doch die Stadt sei monatelang nicht gesprächsbereit gewesen.

Die Situation sei herausfordernder geworden, weil zusätzlich afghanische Ortskräfte und geflüchtete Ukrainer nach Geretsried gekommen seien, erklärt Geschäftsführer Mühlhans. Mit dem Rückzug von der Asyl-Koordination gehe es darum, das Mitarbeiterteam vor Überlastung zu schützen. "Wir haben das über zwei Jahre geleistet, ohne einen Euro mehr zu bekommen."

2023 hat die Stadt beschlossen, wieder eine eigene Stelle für die Asyl-Koordination einzurichten

Zum Hintergrund: Im Vorjahr hatte der TVJA beantragt, das Budget zur Asylkoordination von einer Stelle und 39 Wochenstunden auf 1,7 Stellen aufzustocken. Schlussendlich sprach sich der Haupt- und Finanzausschuss des Stadtrats dafür aus, die beim Trägerverein angesiedelte Koordinationsstelle Integration Aktiv (IAG) wie bisher mit 85 000 Euro jährlich zu fördern. Zudem beschloss das Gremium, in der städtischen Verwaltung wieder eine Stelle Sachbearbeitung und Koordination einzurichten. Wie Mühlhans erklärt, sei jedoch etwas anderes versprochen worden: nämlich die Stellenerweiterung für den TVJA zu genehmigen. Auf Gesprächsangebote habe die Stadt nicht reagiert.

Kerstin Halba, Vorsitzende des Trägervereins, spricht von "vielen Missverständnissen". (Foto: Hartmut Pöstges)

"Wir haben sehr frühzeitig darauf hingewiesen, dass wir uns unterhalten müssen, was der Trägerverein macht und was die Stadt, wenn diese die neue Stelle haben will", sagt TVJA-Vorsitzende Halba. Zu einer Gelegenheit, dies zu besprechen, sei es aber nie gekommen. Mehrmals habe der Verein angekündigt, die Asyl-Koordination zu beenden, weil dies mit einer Vollzeitstelle nicht zu bewältigen sei - auch gegenüber Bürgermeister Michael Müller (CSU). Doch der Rathauschef habe alle Terminanfragen abgeblockt, so Halba.

Die Koordinationsstelle Integration aktiv existiert seit 2012. Zunächst finanzierte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Arbeit. Zudem unterstützte die Sparkasse finanziell. Seit 2016 förderte die Stadt Geretsried die Stelle. Die Kommune beauftragte Ende 2021 schließlich den TVJA damit, die Aufgabe der Asylkoordination zu übernehmen, nachdem die Stelle nicht nachbesetzt worden war.

Unter dem Rückzug des TVJA soll die Integrationsarbeit nicht leiden

Auch nach dem Rückzug würden die im Helferkreis engagierten Ehrenamtlichen laut Halba und Mühlhans nicht allein gelassen. Angebote wie die psychologischen Selbsthilfegruppen für Geflüchtete oder die Fahrradwerkstatt, für die allerdings dringend neue Räumlichkeiten nötig seien, werde es weitergeben. Mit der Stadt sei man weiterhin gesprächsbereit, sagt Halba. Doch habe der TVJA für die Asylkoordination irgendwann einen Schlussstrich ziehen müssen.

Im Rathaus führt zu Jahresbeginn die Zweite Bürgermeisterin Sonja Frank vertretungsweise die Amtsgeschäfte. Mit Aussagen zum TVJA hält sie sich bedeckt; sie betont nur, dass der angekündigte Rückzug von der Asylkoordination für sie überraschend gekommen sei. Der Trägerverein mache eine gute Arbeit, so Frank. Dass der Bürgermeister nicht sofort einen Terminwunsch erfüllen könne, sei durchaus üblich. Für die Stadt sei wichtig, dass alle Migranten gut integriert werden. "Wir werden in der nächsten HFA-Sitzung besprechen, wie es weitergeht", so Frank. Die ist für diesen Dienstag, 9. Januar, angesetzt.

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