Flucht und Migration:Dietramszell klagt gegen den Freistaat

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Mit der Öko-Akademie in Linden und dem Ascholdinger Hallenbad - hier im Bild -kann die Gemeinde Dietramszell derzeit ihre Unterbringungsquote erfüllen. Wie es aber künftig weitergehen soll, ist offen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Aus Sicht der Gemeinde fehlt eine Rechtsgrundlage, wer für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Im September hat die Gemeinde Greiling Klage gegen den Freistaat Bayern beim Verwaltungsgericht eingereicht, Dietramszell hat sich nun angeschlossen. Der Grund ist die Unterbringung von Geflüchteten, für die aus Sicht des Dietramszeller Gemeinderats der Landkreis zuständig ist - und nicht die Kommunen. Eine entsprechende Rechtsgrundlage fehle, sagt Bürgermeister Josef Hauser (FW). Kommunen hätten eine Mitwirkungspflicht, der Dietramszell nachgekommen sei. Denn man habe mögliche Unterkünfte gemeldet; nicht gemeldet habe sich allerdings bis dato das Landratsamt.

Mit der Öko-Akademie in Linden und dem Ascholdinger Hallenbad könnte die Gemeinde ihre Unterbringungsquote erfüllen. Diese beiden Liegenschaften wären für Hauser "okay". Was aber, wenn die Flüchtlingszahlen weiter steigen? "Niemand weiß, wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauert", sagt Hauser. Seine Sorge ist, dass das Landratsamt dann, womöglich ohne Zuweisungsbescheid, einfach Busse schickt und die Gemeinde nicht weiß, wohin mit den Menschen. "Ich lasse mich nicht unter Druck setzen, nach dem Motto 'kümmere dich mal'". Im Fall solcher "Zwangszuweisungen", würde die Gemeinde einen Antrag auf einstweilige Verfügung stellen, kündigt Hauser an.

Josef Hauser, Bürgermeister von Dietramszell. (Foto: Privat/oh)

Mit der Klage beim Verwaltungsgericht will die Gemeinde eine grundlegende Klärung erreichen, wer für die Unterbringung von Geflüchteten überhaupt zuständig ist. In Bayern fehle, im Unterschied zu anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, eine Rechtsgrundlage. "Wir leben in einem Rechtsstaat", sagt Hauser, da müsse es ein entsprechendes Gesetz geben. Wenn der Freistaat das Gesetz anpasse und die Kommunen zur Unterbringung verpflichte, dann sei das eben so. "Dann kann ich das meinen Bürgerinnen und Bürgern so erklären." Mit einer Entscheidung rechnet Hauser erst in zwei bis drei Jahren.

Die Gemeinde habe die Klage unabhängig von Greiling und von einem anderen Anwaltsbüro vorbereiten lassen. Denn man müsse die Argumente auf die jeweilige Gemeinde spezifizieren. Und außerdem habe man sehen wollen, ob die von der Gemeinde beauftragten Juristen, eine Kanzlei aus München, zu derselben Einschätzung kämen, wie die Greilinger Anwälte.

Wegen des Hagelunwetters im Sommer ist die Zuweisung von Geflüchteten im Landkreis bis zum Jahresende ausgesetzt, ab Januar muss dann aber nachgeholt werden. Die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel, der sich zu zwei Dritteln aus dem Steueraufkommen und zu einem Drittel aus der Bevölkerungszahl berechnet, hält Hauser für "eher willkürlich." Denn Dietramszell mit seinen 60 Ortsteilen, die allermeisten ohne Einkaufsmöglichkeiten oder medizinische Versorgung, seien für die Unterbringung von Geflüchteten nur schlecht geeignet. Obendrein hätten die Bürgermeister nie eine Vereinbarung über den Verteilungsschlüssel "unterschrieben", sagt Hauser. Das Verfahren sei 2016 abrupt beendet worden, weil die Flüchtlingszahlen damals deutlich zurückgegangen waren.

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