Bundestagswahl:Wo die SPD in Bayern am schlechtesten abschneidet

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Im Wahlkreis Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach erreicht die Partei gerade einmal elf Prozent. Der scheidende Abgeordnete Klaus Barthel gesteht Fehler ein.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Das Wahlergebnis der SPD vom Sonntag hat Klaus Barthel den Abschied aus dem Bundestag erschwert. "Es ist und bleibt zwiespältig", sagt der Kochler, der in spätestens 30 Tagen nach 23 Jahren aus dem Parlament ausscheidet. "Weil jetzt natürlich sehr viel zu tun wäre und man so richtig arbeiten müsste." Andererseits, sagt Barthel, habe er die Entscheidung, nicht mehr anzutreten, unabhängig vom Wahlausgang vor längerer Zeit getroffen. "Und ich werde weiterhin aktivbleiben und mich am politischen Geschehen beteiligen." Am Dienstag träfen sich die alte und die neue SPD-Fraktion, sagt Barthel. "Dann werde ich mich schon inhaltlich in die Diskussion einbringen." Schließlich sei es nicht damit getan, dass man in die Opposition gehe. "Die SPD muss sich von Kopf bis Fuß neu formieren", sagt Barthel, "und zwar inhaltlich, vom Auftreten und vom Programm her."

Zu dem katastrophalen Ergebnis im Bund kommt das Debakel in seiner Heimat: Mit elf Prozent im Wahlkreis Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach hat die SPD das schlechteste Ergebnis in Bayern erzielt. "Das ist schon bitter", sagt Barthel. "Man muss aber sehen, dass das auch mit dem personellen Wechsel im Wahlkreis zu tun hat." Ein neuer Kandidat habe es immer schwer. "Da geht das Ergebnis oft runter. Das kennen wir auch von anderen Wahlkreisen." Hannes Gräbner, sein Nachfolger als Direktkandidat im neu zugeschnittenen Wahlkreis, habe seine Sache angesichts der Situation aber gut gemeistert, sagt Barthel. Das Ergebnis habe eher "mit dem Zustand der Partei zu tun". Analysen hätten gezeigt, dass die Sozialdemokratie nicht mehr wie einst sofort mit bestimmten Themen identifiziert werde. "Viele Leute können sich nicht vorstellen, was die SPD unter sozialer Gerechtigkeit versteht, was das konkret für die Leute bedeutet", sagt Barthel. So seien Maßnahmen wie die Mietpreisbremse, die Förderung bezahlbaren Wohnraums oder die Bürgerversicherung, die die SPD in der großen Koalition angeschoben habe, zu wenig transportiert worden. Und zwar nicht nur im Wahlkampf. "Das hätten wir eigentlich schon die letzten vier Jahre tun müssen."

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Die Neudefinition der SPD müsse nicht nur in der Fraktion, sondern auch "mit Beteiligung von außen" erfolgen, sagt Barthel. Und das auch im Landkreis. Am 12. Oktober wird der Kochler, der auch im Kreistag sitzt, an der Kreiskonferenz der SPD teilnehmen. Dabei werde es um das Thema gehen, was die Bundestagswahl für die Sozialdemokraten im Landkreis bedeute. "Wir werden das auch in den Ortsvereinen diskutieren müssen", sagt Barthel. Schließlich steht im September 2018 die Landtagswahl an. Bis dahin müsse die SPD in Programmatik und Personal ihre Themen wie Rente, Pflege als Daseinsvorsorge und bezahlbaren Wohnraum schlüssig verkörpern. "Wir müssen das auch auf kommunaler Ebene in ein wiederspruchsfreies Konzept bringen", sagt Barthel. "Und wir müssen jetzt anfangen, uns neu aufzustellen." Im Präsidium der Bayern-SPD werde er die Neudefinition weiter anschieben. "Es wird noch genug zu tun geben."

Auch im Landkreis sind die Genossen schockiert von ihrem schlechten Ergebnis. "Das ist schon der Boden", sagt der Kreisvorsitzende Wolfgang Werner. "Tiefer darf es nicht gehen." Werner stellt aber fest, dass die SPD mit dem Verlust von 4,4 Punkten im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 im bundesweiten Trend liege. Ähnlich sieht das auch der Direktkandidat Gräbner: "Wir haben wie überall bundesweit fünf Prozent verloren", sagt er. "Bei unserem ohnehin schon schlechten Ergebnis vom letzten Mal ist das natürlich deutlich spürbar." Nun müsse man Rückschlüsse ziehen für Kampagnen und Aktionen zur Landtagswahl, sagt der Kreisvorsitzende der SPD in Miesbach. Werner sieht angesichts der Lage nach der Bundestagswahl für die SPD bei der Landtagswahl auch Möglichkeiten: "Die CSU wird alles daran setzen, ihre rechte Flanke zu schließen. Das ist für uns die Chance, die Mitte auszufüllen und mit sozialen Themen zu besetzen."

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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