Bürgerbeteiligung in Bad Tölz:Die Menschen wollen mitreden - und das ist richtig

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Beispiel Bichler Hof: Vorbei sind die Zeiten, als Stadt- und Gemeinderäte gewählt wurden - und man diese mal machen ließ.

Kommentar von Alexandra Vecchiato

Bilder sagen mehr als Worte. Wer in das Gesicht von Kurdirektorin Brita Hohenreiter am Donnerstagabend blickte, der sah fleischgewordene Fassungslosigkeit. Sprachlos und erstarrt stand sie an ihrem Moderationstisch im Tölzer Kurhaus, hatte wohl schon das Aus des 80-Betten-Hotels im Bichler Hof vor Augen. Ja, was hat sie denn gedacht? Dass bezahlbarer Wohnraum den Tölzern weniger wert ist als Tourismus-Bilanzen. Ausgerechnet in dieser Stadt mit diesen Quadratmeterpreisen!

Da sind Menschen, die haben ein drängendes Problem. Dieses Problem könnte abgemildert werden, indem auf dem Areal am Bichler Hof neben der Wohnbebauung, die der Bauwerber plant, auch Häuser entstehen, über deren Vergabe die Stadt entscheiden kann. Es nicht einmal zu versuchen, das stößt den Tölzern auf, die den Antrag der Grünen unterstützt haben. Und sie wollen aktiv mitgestalten. Vorbei sind die Zeiten, als Stadt- und Gemeinderäte gewählt wurden und man diese mal machen ließ. Der Zug ist abgefahren nach unzähligen Lokale-Agenda-21-Mitgestaltungs-Workshops und vor allem Lokalpolitikern, die sich in Wahlzeiten das Fördern von Bürgerbeteiligung auf die Fahnen schreiben.

Bürgerversammlung
:Tölzer wollen mehr bezahlbare Wohnungen am Bichler Hof

Die Mehrheit der Besucher stimmt für einen Antrag der Grünen: Die Stadt soll auf einem Drittel der Fläche Häuser für Familien bauen.

Von Alexandra Vecchiato

Beispiele für Aktivbürger gibt es zuhauf, etwa in Wolfratshausen, als es um das gemeinsame Hallenbad mit Geretsried ging; oder in Penzberg, wo die Bürger ihr Wellenbad behalten möchten. Sie möchten einbezogen werden. Das kann für die Volksvertreter unangenehm werden, wenn sie wie in Geretsried standhaft gegen eine Fundamentalopposition bleiben müssen, die den Turm auf dem Karl-Lederer-Platz verhindern möchte.

Nun Bad Tölz. Die Vehemenz, mit der die Bürger ihr Anliegen vorbrachten, ist bemerkenswert. Offenkundig fühlen sich viele nicht mehr von der Politik mitgenommen. Der Stadtrat täte gut daran, nicht die beleidigte Leberwurst zu spielen und den Antrag aus der Bürgerversammlung sehr ernst zu nehmen.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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