Bürgerversammlung:Tölzer wollen mehr bezahlbare Wohnungen am Bichler Hof

Bürgerversammlung 2017

Rundum überzeugt: Bei der Bürgerversammlung im Kurhaus sprechen sich die Tölzer für mehr bezahlbaren Wohnraum am Bichler Hof aus.

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Mehrheit der Besucher stimmt für einen Antrag der Grünen: Die Stadt soll auf einem Drittel der Fläche Häuser für Familien bauen.

Von Alexandra Vecchiato

Die Tölzer Grünen können einen Erfolg verbuchen. Eine große Mehrheit sprach sich bei der Bürgerversammlung dafür aus, die Stadt solle vor dem Beschluss des Bebauungsplans Bichler Hof ein Drittel der Wohnbaulandfläche zum Grünlandpreis erwerben. Auf diesem Areal soll bezahlbarer Wohnraum für Tölzer Familien geschaffen werden. Vor der Abstimmung waren Bürgermeister Josef Janker (CSU) und Mitglieder der Stadtverwaltung bemüht, die etwa 300 Bürger im Tölzer Kurhaus umzustimmen - vergeblich. Als einer unter vielen brachte es Franz Neumair in seinem Redebeitrag auf den Punkt: Die Stadt müsse sich aktiv für junge Familien einsetzen und ein Einheimischenmodell auf dem Areal des Bichler Hofs auf den Weg bringen. "Damit aus der Kreisstadt keine Greisstadt wird."

Ortsvorsitzender Andreas Wild trug - bemüht um Sachlichkeit - den Antrag der Grünen vor, versäumte es dennoch nicht zu erwähnen, wie "hinter den Kulissen von Vertretern der CSU emotionalisierend und personalisierend gegen die Grünen mit Polemik und Einschüchterung vorgegangen" worden sei. "Man darf sich über die Grünen ärgern, sie kritisieren und hinterfragen, ob es politisch zulässig und korrekt ist, einen Antrag zur Bürgerversammlung zu stellen", sagte Wild. "Aber es berechtigt nicht zu dem, was in der vergangenen Woche abgelaufen ist."

Nicht gemeint ist damit die Stellungnahme der Stadt im Vorfeld der Bürgerversammlung, die von Janker und seinen Stellvertretern Andreas Wiedemann (FWG) und Christof Botzenhart (CSU) sowie für die Stadtratsfraktionen von Josef Steigenberger (CSU), Martin Harrer (FWG) und Willi Streicher (SPD) unterzeichnet wurde. In dieser Presseinformation erklärt die Stadt, dass die sogenannte ZoBoN ("Zukunftsorientierte Bodennutzung") durchaus beim Projekt Bichler Hof angewendet worden sei. Denn sie sehe zwei Varianten vor: entweder, dass die Stadt bei der Umwandlung von Grün- in Bauland ein Drittel selbst erwirbt oder dass auf andere Weise ihre städtebaulichen Ziele erreicht werden. Bei dem Bauvorhaben hat die Stadt Bauwerber Hubert Hörmann dazu verpflichtet, die Erlöse aus der geplanten Wohnbebauung auf diesem Areal in die Renovierung des Bichler Hofs zu stecken. Das Gebäude, das früher als Erholungsheim von Eon genutzt wurde, soll ein Hotel werden - ein wichtiger Baustein in der "Neuen Tölzer Hotelkultur". Zu dem konkreten Fall Bichler Hof gebe es zwei gültige Beschlüsse des Stadtrats.

Vielmehr spielte Wild auf die E-Mails und Schreiben von Hubert Hörmann und Kurdirektorin Brita Hohenreiter an - ohne Genaueres zu sagen. Letztere rief "Mitstreiter" dazu auf, zahlreich in die Bürgerversammlung zu kommen, da im Falle einer Abstimmung "die ,richtigen' Stimmen" benötigt würden. Die Grünen würden das Votum des Abends akzeptieren, egal, wie es ausgehe, betonte Wild am Donnerstagabend im Kurhaus.

Dass ihr Vater nicht erfreut über den Vorgang sei, berichtete Stefanie Hörmann, die zusammen mit ihrem Partner Peter Frech das Hotel mit 80 Betten, Restaurant und Chalais-Dorf leiten will. Um zukunftsfähig zu sein, brauche der Hotelbetrieb eine Erweiterungsmöglichkeit. Die geplante Wohnbebauung sei als Querfinanzierung des Hotels vorgesehen. Um aus dem Bichler Hof ein solches zu machen, müsse ihre Familie viel investieren. Auch Ralf Munkert, Vorsitzender des Unternehmervereins "Wir für Tölz", brach eine Lanze für das Bauvorhaben. Die Kurstadt brauche funktionierende Hotels, weil es in diesem Bereich eine Schieflage gebe.

Doch der Wunsch der Anwesenden war ein anderer: Wenn die Stadt schon über ein Instrument wie die ZoBoN verfüge, solle sie auch das Beste für ihre Bürger herausholen, so der Tenor. Darüber Hinaus sind sich die Befürworter sicher, dass für den Bauwerber noch ausreichend Fläche für ein eigenes Wohnbauprojekt bleibt, um das Hotel zu finanzieren.

Warum verzichte die Stadt ohne Not von Haus aus darauf, bezahlbaren Wohnraum für Einheimische schaffen zu können, wollte Gerdi Suchan wissen. 33 neue Sozialwohnungen zu schaffen, wie Bürgermeister Janker eingangs in seinem Bericht erwähnt hatte, sei "super", reiche aber bei Weitem nicht. Außerdem, da waren sich die Antrag-Befürworter einig, gehe es um bezahlbaren Wohnraum für junge Einheimische, die durchaus aus der Mittelschicht kämen. "Wenn man seinen Beschluss überdenkt, ist das keine Schwäche", sagte die Tölzerin.

Auch wenn die Bürgerversammlung mehrheitlich für den Ankauf einer Teilfläche am Bichler Hof stimmte, bindend ist die Umsetzung nicht. Wie berufsmäßiger Stadtrat und Kämmerer Hermann Forster erklärte, müsse sich der Stadtrat erneut mit dem Bichler Hof befassen. Mehr aber auch nicht.

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