Während in der denkmalgeschützten, einstigen Klosteranlage von Beuerberg umfassende Sanierungsarbeiten nach außen lärmen, bleiben in der angrenzenden Pfarrkirche St. Peter und Paul alle vier Glocken still. Denn die größte und mit fünf Tonnen schwerste der aus Stahl hergestellten Klangkörper drohte um Christi Himmelfahrt abzustürzen. Die Verankerungen, an denen die sogenannte Peter-und-Pauls-Glocke hängt sind laut dem katholischen Pfarrer Bernhard Häglsperger schwer beschädigt. Damit nichts Gravierendes passiert, haben Arbeiter Holzbalken darunter eingezogen und die Glocke so notgesichert. "Für Gottesdienstbesucher bestand und besteht aber keine Gefahr", so der Leiter des Pfarrverbands Königsdorf-Beuerberg.
Wann und wie der Schaden - zwei Bolzen sind an der Aufhängung herausgebrochen - repariert werden kann, ist derzeit noch offen. "Die tragenden Bolzen für die Aufhängung der größten Glocke am Glockenstuhl sind aus nicht nachvollziehbaren Gründen trotz regelmäßiger Wartung geschädigt", teilt der Leiter der Hochbauabteilung am Staatlichen Bauamt Weilheim, Peter Aumann, per E-Mail mit. Dadurch habe sich die Glocke in der Lage verschoben und musste mit Kanthölzern vorsorglich unterbaut werden.
Das Staatliche Bauamt Weilheim ist im Auftrag des Freistaats Bayern für den Unterhalt der einstigen Stifts- und jetzigen Beuerberger Pfarrkirche verantwortlich. Daher stimmen sich die Behörde und die örtliche Kirchenverwaltung ab. Nach zehnjährigen umfassenden Renovierungsarbeiten ist der Sakralbau erst seit Frühjahr 2021 wieder ohne Gerüste für die Öffentlichkeit zugänglich.
Von einem Schreck für die Kirchengemeinde spricht der Pfarrer
Wäre die Peter-und-Pauls-Glocke plötzlich abgestürzt, hätte die tonnenschwere Last wohl mindestens die beiden Holzdecken darunter durchschlagen, ist Pfarrer Häglsperger überzeugt. Womöglich hätte eine 25 Zentimeter dicke aus Brandschutzgründen eingezogene Betondecke den Fall aufgehalten. Oder die Glocke wäre im Turm ganz nach unten durchgebrochen. "Dies hätte sicherlich auf jeden Fall eine Sperrung der ganzen Kirche für einige Jahre bedeutet, bis alle Bedenken hinsichtlich der Statik und Einsturzgefahr des Turmes beseitigt worden wären", so Pfarrer Häglsperger.
Soweit gekommen ist wohl vor allem deshalb nicht, weil Mesner Franz Zimma aufmerksam gehandelt hat. Dieser bereitete am Mittwoch vor Christi Himmelfahrt die Kirche für den kommenden Festtag her, als das programmierte, abendliche Gebetsläuten einsetzte, so Pfarrer Häglsperger. "Ihm ist aufgefallen, dass der Glockenanschlag einseitig und aus dem Takt wirkte." Der Mesner habe das Geläut abgeschaltet und sei zum Glockenturm gegangen. Im Aufgang seien zwei Schraubenköpfe gelegen, mit der die fünf Tonnen schwere Glocke am Joch befestigt ist. "Das war für uns ein Schreck", so Häglsperger.
Die Schadensursache ist bislang unbekannt. Zum weiteren Vorgehen tauscht sich die Kirchenverwaltung seitdem mit der Hochbauabteilung des Staatlichen Bauamts Weilheim sowie der mit der Wartung beauftragten Passauer Glockengießerei Perner aus. "Unsere favorisierte Lösung wäre, alle vier Glocken neu zu gießen", sagt Pfarrer Häglsperger. Diesmal statt aus Stahl mit dem Material Bronze. Damit ließe sich eine Glocke von vergleichbarer Tontiefe und Klangfülle wie die bisherige um 1,5 Tonnen leichter gießen. Zwei der kleineren Glocken seien ohnehin schon mangelhaft. Bei einer sei der Elektromotor kaputt, die andere habe eine geschädigte Schweißnaht, berichtet Häglsperger. "Am Klangkörper ist aber kein Mangel."
Das aktuelle Glockengeläut stammt von 1949
Das aktuelle insgesamt 16,6 Tonnen schwere Geläut ist ein knappes Dreivierteljahrhundert alt. Der Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation fertigte die vier Glocken im Jahr 1949 an. "Generell sind die Glocken für den Turm zu wuchtig konzipiert", äußert sich Pfarrer Häglsperger. Damals sei das aber nicht anders zu fertigen gewesen, ein neues Herstellungsverfahren erst Anfang der 1950er-Jahre entwickelt worden. In den ersten zehn Jahren sei dies aber sowieso unproblematisch gewesen, weil noch von Hand i n der Beuerberger Pfarrkirche geläutet worden sei. "Die Schubkräfte waren damit nicht so massiv", sagt Häglsperger. Erst 1958 seien elektrische Läute-Motoren eingebaut worden.
Als nächster Schritt ist zu klären, wie sich die notgesicherte Peter-und-Pauls-Glocke aus dem Turm hinaus und auf sicheren Grund transportieren lässt. Darüber soll laut Pfarrer Häglsperger in der ersten Juli-Woche beratschlagt werden. "Für mich als Pfarrer war es allemal ein Wunder, dass bei der Rettungsaktion niemand Schaden an Leib und Leben erlitten hat", fügt er an.
Häglsperger bedankt sich vor allem auch, dass dafür Kirchenpfleger Vitus Sterzer (er ist Zimmerer und hatte einige Kubikmeter Holz zur Notsicherung zurechtgeschnitten), die Brüder Thomas und Josef Demmel (sie stellten einen Hebekran bereit), Mesner Andreas Urban und Bürgermeister Moritz Sappl mit angepackt haben.