Regionale Ernährung:Bäcker retten Gemüse

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Krummes Gemüse kommt im Tölzer Land ins Brot. (Foto: Hartmut Pöstges)

Fünf Traditionsbetriebe im Tölzer Land bieten in diesem Herbst ein Brot unter anderem mit krummen Kartoffeln und Karotten an und setzten damit ein Zeichen für Nachhaltigkeit.

Von Eva Brandl, Bad Tölz-Wolfratshausen

Ein angenehmer Geruch nach frischen Backwaren ist der erste Willkommensgruß in der Bäckereifiliale. Die Theke ist bereits gefüllt mit Handgefertigtem. Doch es geht nicht um das ausgestellte Bergbauernbrot, die Nusshörnchen oder um Quarkstriezel - denn es gibt eine Neuheit. Seit nun bereits sieben Jahren bieten verschiedene Tölzer Land Bäcker einmal jährlich ein Jahreszeitenbrot an. Dieses Mal backen die fünf Tölzer Traditionsbäckereien Schmid-Bäck, Speckerbäck, Eberl, Lugauer und Detter ein Herbstbrot - den sogenannten "Gemüseretter".

Am Dienstag hat Adriane Schua, Erste Vorsitzende der Solidargemeinschaft Oberland, eingeladen, um das Projekt vorzustellen. Alle fünf Inhaber der familiengeführten Handwerksbetriebe waren in ihrer weißen Berufskleidung, teilweise sogar mit Bäckermützen und Schürzen, anwesend. Sie erschienen nicht mit leeren Händen. Jeder Bäcker brachte seine eigene Version des Gemüseretters mit. Mal rund, mal länglich - verschiedene Formen, Backfarben und Verzierungen heben die Gebäckstücke voneinander ab. Und das, obwohl sie alle auf dem selben Rezept basieren. "Jeder hat die eigene Handschrift in seinem Brot mit drin", sagte Schua und spielte damit auf die individuellen, althergebrachten Verfahren der Familienbetriebe an. Im Gegensatz zu Industriebackwaren sei Brot aus Handwerksbäckereien ein Unikat, in welchem "immer auch die Seele des Bäckers" stecke, erklärte Ludwig Schmid, Geschäftsführer von Schmid-Bäck aus Geretsried.

Stellten das Brot vor (v.li.): Ludwig Schmid, Adriane Schua, Anton Lugauer, Michael Detter, Josef Eberl und Konrad Specker. (Foto: Hartmut Pöstges)

Gleiche Anteile an Sellerie, Lauch, Kartoffeln und Karotten sind in der Grundrezeptur festgehalten. Das Wurzelgemüse werde traditionell zur Herbstzeit geerntet und eigne sich somit bestens als Bestandteil des saisonalen Brots, sagte Schua. Kleine, orangefarbene Karottenstücke sind das einzige optische Merkmal des Gemüses in dem sonst gleichmäßig hellbraunen Gebäck. Die speziellen Zutaten verleihen dem luftig weichen Brot eine besondere Geschmacksnote. Sie erinnert an eine herzhafte Gemüsesuppe, die an einem grauen Herbsttag angenehm wärmt.

Doch nicht nur der Geschmack ist das Besondere. Bei den Zutaten handelt es sich nämlich um krummes oder zu klein geratenes Gemüse, das nicht im regulären Handel angeboten werden kann. "Es wäre eine Sünde, es wegzuwerfen", sagte Schua. Durch das diesjährige Projekt wird sonst unverkäufliches Gemüse verwertet, was dem Problem der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken soll.

Weiterhin unterstützt das Projekt der Solidaritätsgemeinschaft Oberland den regionalen Kreislauf, denn die Zutaten des Brots stammen von fair bezahlten Landwirten aus dem Umland. Michael Detter, Inhaber der Tölzer Bäckerei Detter, betonte den für ihn elementaren Grundgedanken: "Wir können uns selber aus unserer Region ernähren". Dies sei die große Stärke der traditionellen Handwerksbäcker, "da müssen wir dranbleiben", meinte auch Anton Lugauer, Geschäftsführer der gleichnamigen Bäckerei in Benediktbeuern.

Der Gemüseretter solle Schua zufolge das Bewusstsein für nachhaltige und regionale Ernährung schärfen und gleichzeitig das Bäckerhandwerk in den Vordergrund stellen. Es gehe darum, "aus einfachen Zutaten etwas Gutes herzustellen", fasste Detter zusammen.

Das Jahreszeitenbrot ist im September und Oktober in allen Filialen der fünf Bäckereien erhältlich.

Das ist alles drin im "Gemüseretter". (Foto: Hartmut Pöstges)
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