Natur und Umwelt im Oberland:Gemeinsam den Wolf "managen"

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Die Fraktionssprecher von CSU und Freien Wählern im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen fordern ein "Wolfsmanagement" - für den Fall, dass die Tiere dauerhaft sesshaft werden und Nutztiere angreifen. (Foto: David Van Den Broeck/dpa)

CSU und Freie Wähler stellen miteinander Antrag im Kreistag, sich für die Herabsetzung des Schutzstatus einzusetzen.

"Auch wenn im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen noch keine Wölfe amtlich registriert sind, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich dieser große Beutegreifer auch in diesem Gebiet breitmacht", sagt der CSU-Kreisvorsitzende Thomas Holz. Seinen Verdacht begründet er damit, dass man im Nachbarlandkreis Garmisch-Partenkirchen von mindestens vier Wölfen wisse, von denen das Weibchen trächtig und eine Rudelbildung nicht auszuschließen sei. "Da sich der Wolf zur Nahrungssuche bis zu 48 Kilometer von seinem Bau oder seinen Jungen entfernen und innerhalb von 24 Stunden bis zu 72 Kilometer zurücklegen kann, ist vielmehr davon auszugehen, dass er auch jetzt schon im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen unterwegs ist", so Holz. Ein Wolfsriss direkt an der Landkreisgrenze zu Beginn des Jahres erhärtet für den Kochler Bürgermeister diese Befürchtung. Als Folge bringen CSU und Freie Wähler im Kreistag Bad Tölz-Wolfratshausen einen gemeinsamen Antrag im Gremium ein, den Schutzstatus des Wolfes herabzusetzen.

In dem Antrag fordern beide Fraktionen den Kreistag auf, sich für diese Herabsetzung des Status einzusetzen und sich eindeutig für ein Wolfsmanagement zu positionieren: Das Gremium solle die Entscheidungsträger auf Bundesebene und europäischer Ebene eindringlich auffordern, "die Tatsache der Nicht-Schützbarkeit vieler Weideflächen und die zwangsläufigen und fatalen landeskulturellen Folgen zur Kenntnis zu nehmen und daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen".

Das Walchenseekonzept zeige Wirkung, sagt auch der Kochler Bürgermeister Thomas Holz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein staatliches Wolfsmanagement "muss die Zerstörung vieler für den Naturschutz und die Gesellschaft so bedeutsamer Landschaften verhindern, bevor irreversible Entwicklungen in der Landwirtschaft und in der Landschaft eingetreten sind", heißt es in dem Antrag. Der Kreistag solle zudem den Antrag des Landkreises Garmisch-Partenkirchen auf Wolfsentnahme und Einrichtung eines Weideschutzgebietes unterstützen, den dieser Anfang März gestellt hat. Um der Bedeutung des Problems Nachdruck zu verleihen, sollten sich möglichst viele Gemeinderatsgremien und Kreistage mit dem Thema Wolf beschäftigen und sich entsprechend positionieren, begründen Holz und Hubert Oberhauser, Fraktionssprecher der Freien Wähler im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, ihren gemeinsamen Antrag.

Hubert Oberhauser ist Bürgermeister von Egling und Sprecher der Fraktion der Freien Wähler im Kreistag. (Foto: Hartmut Pöstges)

Derzeit ist der Wolf in der Liste der "streng zu schützenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse" geführt. Aus diesem Grund sind einer Entnahme des Wolfes - also dessen Abschuss - enge Grenzen gesetzt: Eine Entnahme ist nur als Einzelfallentscheidung bei aktuellen und befürchteten Nutztierrissen in nicht schützbaren Weidegebieten und zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt möglich. "Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen liegt in weiten Bereichen in einem Gebiet, welches aus topografischen und klimatischen Gründen landwirtschaftlich fast ausschließlich als Grünland genutzt werden kann. Dabei spielt die Weidenutzung mit Rindern, Pferden, Schafen und Ziegen eine nicht unwesentliche Rolle. Wegen der schwierigen Geländeverhältnisse und der Großflächigkeit der Weideflächen ist hier ein wirksamer Schutz gegen Wolfsangriffe aber meist nicht möglich", so Holz und Oberhauser.

Es sei daher davon auszugehen, dass die Landwirte ihr Vieh schon aus Tierschutzgründen auf Dauer nicht den Wolfsangriffen aussetzen und deshalb den Weideaustrieb einstellen werden. Landwirtschaft könne hier ohne die Weidenutzung von Almen und Talflächen aber nicht betrieben werden. Damit drohten auch den bekannten und beliebten Wiesenlandschaften des Landkreises das Aus. "Mit der Gefährdung des Grünlandwirtschaftssystems sind auch der Lebensraum der örtlichen Bevölkerung und eine überregional bedeutende, attraktive Erholungslandschaft in großer Gefahr", sagen die beiden Kommunalpolitiker.

"Die Biodiversität und der Schutz bedrohter Arten soll nicht infrage gestellt werden", betonen sie weiter. Dennoch dürfe der nach wie vor geltende strenge Schutz, den der Wolf in Deutschland genießt, dem Schutz des Menschen, dem Bestandsschutz von Nutztieren und der Stärkung der Biodiversität in Flora und Fauna nicht zuwiderlaufen. "Der Schutz des Wolfes darf nicht über allen anderen Zielen und Notwendigkeiten unserer Gesellschaft stehen."

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