Bundespolitik im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:"Es braucht wieder Freude am Gelingen"

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Der CSU-Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan bilanziert seine Sommertour und zieht politisch ein ernstes Fazit.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz-Wolfratshausen

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause hat der Bundestagsabgeordnete Alexander Radwan (CSU) in diesem Sommer wieder eine sogenannte Sommertour durch seinen Wahlkreis unternommen. Bei etwa 50 Terminen besuchte er Einrichtungen, Vereine, Unternehmen, Initiativen und Ehrenamtliche - und zieht nun eine Bilanz.

An runden Tischen habe er über die Situation im Handwerk, der Landwirtschaft, Gastronomie, Kultur oder der Finanzbranche diskutiert, teilt Radwan mit. Bei Besuchen der Tafel, des Quartiertreffs in Geretsried oder beim Gespräch mit Integrationshelfern und Ukrainern habe er sich über soziale Themen informiert. Besichtigungen von Solarparks und Wasserkraftwerken hätten ihm wertvolle und technische Einblicke in die Energieversorgung vor Ort verschafft. Bei Terminen in den Bergen und auf Höfen habe die Erhaltung der Natur und der Kulturlandschaft mitsamt der oberbayerischen Landwirtschaft im Fokus gestanden. In verschiedenen Diskussionsrunden und Vorträgen habe er zudem über den Krieg gegen die Ukraine, die Energieversorgung oder die Zukunft Europas debattiert. Und bei mehreren Schulbesuchen habe er sich kritischen Fragen der Schülerinnen und Schüler gestellt, fasst Radwan zusammen. "Ich habe viele ganz konkrete Themen mitgegeben bekommen, die ich in Berlin anpacken werde", erklärt der Bundestagsabgeordnete. Vor allem sei es aber auch wichtig gewesen, die atmosphärische Stimmung in seinem Wahlkreis zu spüren und zu sehen, welche Themen Menschen auf lokaler und regionaler Ebene umtreiben. "Nur so lässt sich auf Bundesebene sinnvoll an diesen Themen arbeiten."

Auch wenn das Programm vielfältig gewesen sei, hätten sich die Themen in Radwans Wahrnehmung jedoch oft geglichen. Alle Branchen hätten mit Lieferkettenproblemen und Preissteigerungen zu kämpfen. Vor allem aber suchten alle händeringend nach Personal. Etwa in der Gastronomie seien viele Arbeitskräfte in andere Branchen oder ins Ausland abgewandert. Aber auch der gesteigerte Wert der Work-Life-Balance spiele eine Rolle. "Mir wurde berichtet, dass Arbeitnehmer, die vor der Pandemie eine Vier-Tage-Woche wollten, jetzt eben eine Drei-Tage-Woche wollen. Das spürt man natürlich", so Radwan.

Ein weiteres großes Thema, das laut Radwan beinahe alle Gesprächspartner anführten: die Bürokratie. Für Radwan ein Problem, an dem er nach 20 Jahren als Abgeordneter langsam verzweifle. "Wir haben in Deutschland ein Bürokratiemonster erschaffen, das uns jetzt in Krisenzeiten massiv behindert und Fortschritt verlangsamt." Ein plakatives Beispiel sei der Naturschutz. "Wir müssen schleunigst den öffentlichen Verkehr stärken und vor allem erneuerbare Energien fördern und sehen uns dabei aber leider oft mit den Hürden eines über Jahre perfektionierten Naturschutzes konfrontiert." Man müsse endlich bürokratischen Ballast loswerden, Prioritäten setzen und pragmatisch ins Machen kommen, so Radwan.

Sein ernstes Fazit ob der Krisen: "Wir haben sehr lange in Frieden und Wohlstand gelebt. Jetzt aber herrscht wieder Krieg in Europa und das Geschäftsmodell Deutschlands ist am Ende" sagt er. Radwan meint damit, dass die USA für Europas Sicherheit bezahlt hätten, Russland die billige Energie geliefert habe und China günstige Produkte, die hierzulande veredelt und teuer weiterverkauft worden seien. "Das kann nicht mehr funktionieren." Es brauche mehr Fortschritt und Innovation, es brauche wieder "Freude am Gelingen." Deutschland und ein vereintes Europa könnten stark aus den Krisen herausgehen, "doch dafür müssen wir jetzt geschlossen anpacken und dürfen uns nicht selbst im Weg stehen", sagt er.

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