Sich als letzten nostalgischen Akt eines Wiesn-Tages noch schnell einen herzigen Luftballon zu kaufen und damit dann zur nächsten S-Bahn zu eilen, ist keine gute Idee. Kommt einem am Bahnsteig das schwebende Mitbringsel aus und landet in einer der mit 15 000 Volt geladenen Oberleitungen, gibt's gern mal einen Kurzschluss und damit: Stillstand auf der S-Bahnstrecke, im Schnitt für zwei Stunden. Deshalb gibt es ein Mitnahmeverbot nicht nur für Bierkrüge in der Bahn, sondern auch für Luftballons.
Dass der Münchner S-Bahnchef Heiko Büttner diesen Umstand - neben dem unbefugten Betreten der Gleise - als eines von zwei "unangenehmen Themen" bei der Vorstellung des Verkehrskonzeptes für das Oktoberfest von Bahn und Bundespolizei benennt, zeigt: Nachdem die Wiesn zweimal hintereinander ausgefallen ist und vergangenes Jahr Corona-Schutzmaßnahmen immer noch eine Rolle gespielt haben, wird in diesem Jahr wieder der Normalbetrieb aufgenommen.
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Das heißt, zu den eine Million Fahrgästen, die täglich das Netz nutzen, kommen an jedem Tag der Woche etwa 100 000 dazu. Unterm Strich spricht Büttner von erwarteten zwei Millionen zusätzlichen Bahnfahrern in der Wiesn-Zeit, der Großteil komme aus dem Einzugsgebiet. "Mit rund 500 verlängerten oder zusätzlichen Fahrten bis spät nachts" werde auf allen Linien der 20-Minuten-Takt bis zum Betriebsschluss gehalten, sagt der S-Bahn-Chef. Im Minutentakt verkehrten die Züge damit an der Hackerbrücke, den die Bahn für die Zeit zum "Wiesn-Bahnhof" ernennt.
Bis zu 60 Sicherheitskräfte sind hier dann im Einsatz, um die Besucherströme zu kanalisieren und für eine sichere An- und Abreise zu sorgen. Von der Lage- und Einsatzzentrale der Bahn-Sicherheit am Ostbahnhof würden die Streifen, die zur Wiesn-Zeit um insgesamt 120 Kräfte aufgestockt werden, koordiniert, sagt Torsten Malt, Leiter DB Sicherheit in Bayern. Auch am Hauptbahnhof, entlang der Stammstrecke und in Zügen seien Kollegen unterwegs. "Wir begleiten auch Regionalzüge bis an die Endhaltestelle, damit die Reisekette bis ans Ende gesichert ist." Einen Wunsch an die Wiesn-Besucher hat Malt auch: "Bleiben Sie gelassen, auch wenn es voll wird. Und es wird voll."
Man kann sich das im Moment, in dem Malt seine Bitte äußert, noch kaum vorstellen. Auf dem Dach des Stellwerks an der Hackerbrücke, fünf Stockwerke über den Gleisen, haben die Verantwortlichen zum Pressegespräch geladen. Unten fahren in der Hitze des Mittags gemächlich Züge ein und aus, auf den Bahnsteigen träges Treiben. Vom weltgrößten Bierfest, das kommenden Samstag eröffnet wird, kündet nur ein Stück Riesenrad hinter der südlichen Häuserfront.
Für Steffen Quaas werden die 18 Wiesn-Tage schon rein persönlich eine "Herausforderung". Erstens sei er gebürtiger Thüringer und damit wiesnfern aufgewachsen. Und zweitens einer, "der keinen Alkohol verträgt". Letzteres fügt sich gut, weil Quaas als neuer Chef der Bundespolizeiinspektion München erstmals den Oktoberfesteinsatz leitet und den Überblick behalten muss.
"Rund 200 Beamtinnen und Beamte werden in den Spitzenzeiten neben dem Hauptbahnhof und auch an der Hackerbrücke sowie im Bereich der S-Bahnstrecke unterwegs sein." Unterstützung bekommen sie von Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Bundesrepublik. Zur Deeskalation setze man unter anderem auf Bewährtes: Im legendären Lautsprecherwagen auf der Hackerbrücke läuft Wiesn-Musik, die "auf ganz spezielle Weise die Besucherströme lenken wird".
Oktoberfest-Gäste tun gut daran, große Rucksäcke und Taschen daheim zu lassen. Sie dürfen nicht mit aufs Festgelände genommen werden. Allen anderen empfiehlt Irmgard Rahmer als Leiterin der DB Station & Service die eigens eingerichtete Gepäckaufbewahrung im ehemaligen Intercity-Hotel an der Bayerstraße zu nutzen. Und von dort dann zur Theresienwiese zu laufen. Damit braucht's gar keine S-Bahn mehr. Als Wegweiser lege die Stadt München große Fußstapfen entlang der Strecke vom Hauptbahnhof aus an. "Z'Fuaß samma schnella", nennt sich dieser PR-Rat.