Festival:Vom Untergang zur Lebenslust

Lesezeit: 2 min

Wandelbar: Matthias Pürner spielt seine Steierische Harmonika bei der "Diatonischen Expedition" und bei "Gleichtöne" mal mehr, meist weniger traditionell. (Foto: Andreas Zitt/)

Die "Fraunhofer Volksmusiktage" feiern die Rückkehr der Wirtshauskultur in allen Facetten.

Von Michael Zirnstein

Die Apokalypse ist auf einmal erschreckend greifbar. Pandemie und Krieg scheinen die Schwarzseher unter den Besserwissern zu bestätigen. Aber wer hat wirklich gewarnt, welche Zeichen gab es zu deuten? Mit dieser Frage spielt das "fiktive Dokumentar-Theater"-Stück "Das Haselraster Dokument". Darin geht es um einen mysteriösen Fund. Ein paar handgeschriebene, verkohlte Zettel künden von der Weltzerstörung. Ein Beben in der Geschichtsforschung, denn keiner weiß, aus welcher Zeit die düstere Prophezeiung stammt. Ist sie gar aus der Zukunft geschickt worden, um die Menschheit vor der Katastrophe zu warnen? Mit der Frage, was am Ende der Zeit übrig bleibt, spielt der Südtiroler Kabarettist und Geschichtenerzähler Dietmar Gamper in diesem abstrakten Zwei-Personen-Stück, das er zusammen mit Brigitte Knapp auch selber aufführt.

Der Text ist, obwohl abstrakt, doch brandheiß. Und die Tinte ist noch "warm", sagt Martin Jonas, Programmmacher im Fraunhofer Theater. Er schätzt Gamper seit Jahren etwa für Kooperationen mit Herbert Pixner oder den Münchner Musikerinnen Julia Loibl und Maria Hafner, so hat er sich "Das Haselraster Dokument" als Deutschlandpremiere gesichert (10. bis 13. März). Damit startet ausgerechnet eine Groteske über die Auslöschung von allem die kulturelle Wiederbelebung der Wirtshauses. Nach einem Jahr Pause und dann mit zwei monatiger Verspätung kann er nun endlich auch mit den "Fraunhofer Volksmusiktagen" loslegen. Eine Institution in der Auseinandersetzung mit regionaler, nicht nur bayerischer, weltoffener Kultur seit mehr als 30 Jahren. Frische Namen mit bekannten Gesichtern wie das Trio Aufwind (19. März) oder Maxjoseph (25 März) treffen da auf Klassiker von Rudi Zapf (26.3. und 21.4.) bis Andrea Pancurs Alpenklezmer (7.4.).

Bisweilen ist das durchaus kennerhaft und herausfordernd, wenn etwa bei Diatonische Expeditionen zum Auftakt am Sonntag, 6. März, 20 Uhr, Studierende und Absolventen der Uni Linz und Hochschule München sich "den stilistischen Facetten der Steirischen Harmonika sowohl im traditionell-volksmusikalischen als auch im experimentier-freudigen und innovativen Kontext" widmen. Angeführt werden sie von Matthias Pürner, der zudem im Solo-Projekt Gleichtöne Quetschn-Klangschichtungen zwischen "Pixner und Ludovico Einaudi" schraubt (9.4.). Da man ihn sonst von der durchaus poppigen Großstadt Boazn kennt, dürfte das auch Jonas' Wunsch erfüllen, alle Konzerte mögen "niederschwellig und zugänglich sein", quasi volksnah.

Dafür steht niemand mehr als Josef Menzel, bekannt als "Josef, der Große", der sonst in den Bierzelten das Zepter führt und nicht nur seine Kapelle zu Höchstleistungen antreibt, sondern, so Jonas, auch das Publikum choreografiere wie kein Zweiter. Im Fraunhofer spielt er mit der zwischen Jazz, Schlager und Wirtshausmusik vielseitig aufgestellten Allstar-Truppe Walbadinger (31. März), schickt seine aufgeweckten Kumpels Die Schlenkerer vorbei (24.4.) und spielt beim traditionellen "Musikfrühschoppen" (13. März) zum Tanz auf. Ob das erlaubt ist, hängt noch vom Placet der Staatsregierung ab. Aber wenn nicht, dann ist das auch eine Gaudi und kein Untergang.

Volksmusiktage im Fraunhofer, ab So., 6. März, Programm unter www.fraunhofertheater.de

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken
OK