Das Sch-Wort hört man relativ oft, wenn man die Menschen an der Fürstenrieder Straße auf die geplante Tram-Westtangente anspricht. Kommende Woche soll die Trasse, die die Aidenbachstraße mit dem Romanplatz verbindet, vom Stadtrat beschlossen werden. Und die Menschen, die entlang dieser Trasse leben und arbeiten, sind nicht alle begeistert von der Tram, im Gegenteil. Je weiter nördlich man kommt, desto mehr "sch..." ist zu hören.
Da muss man als Fragender schon darum bitten, einen etwas zitierfähigeren Ausdruck zu bekommen. Georg Haselberger, der in der Fürstenrieder Straße seit sieben Jahren den Copyshop Schnelldrucker betreibt, überlegt kurz und meint dann: "Es ist ein absoluter Krampf". Sollte die Tram irgendwann fertig sein, rechnet Haselberger mit einer zusätzlichen Lärmbelästigung und mit Staus ohne Ende, weil pro Richtung eine Fahrspur für die Autos wegfallen soll. "Das ist rausgeschmissenes Geld", sagt er.
Das sieht auch eine Frau an der Haltestelle Ammerseestraße so, unter der der Verkehr der A96 durchrauscht und an der die Buslinien 51 Richtung Moosach und 151 Richtung Westfriedhof abfahren, beide durch die Fürstenrieder Straße. Sie will nicht namentlich zitiert werden, verrät aber, dass sie an der künftigen Trasse einen Friseursalon betreibt und dort die Tram ein großes Reizthema ist. "Der Bus fährt doch wunderbar", sagt sie. Die dritte Autospur scheint den Anrainern an der Fürstenrieder Straße sakrosankt zu sein, wen auch immer man anspricht, jeder äußert Bedenken, dass sich der Verkehr künftig noch mehr stauen wird als ohnehin schon.
Vor allem morgens gehe oft gar nichts mehr, schimpft Sylvia Schmidhofer. Sie steht in ihrer Konditorei hinterm Verkaufstresen, gegenüber sitzen zwei Männer und trinken Kaffee. Es ist ruhig und entspannt in dem kleinen Laden unweit des Laimer Platzes. Doch beim Stichwort Tram reden plötzlich alle wild durcheinander. "Es ist eine Katastrophe", sagt Sylvia Schmidhofer. "Einfach nur ein Wahnsinn, wir können dann alle zusperren."
Es gibt viele kleine Läden an der Fürstenrieder Straße, kleine Bistros und Familienbetriebe wechseln sich mit Ketten ab. Man bekommt eigentlich alles hier, aber eine wirkliche Flaniermeile ist die Straße nicht - es gibt einfach zu viele Autos. Selbst am Nachmittag rauscht der Verkehr auf drei Spuren je Fahrtrichtung. Die wenigen Parkplätze entlang der Straße sind meistens voll. Trotzdem sagt Anwohner Kurt Mayr, einer der beiden Kaffeetrinker in der Konditorei, fahre er am liebsten mit dem Auto und so gut wie nie mit öffentlichen Verkehrsmitteln. "Die Tram braucht kein Mensch."
Das sehen Leute, die öfter mit dem Bus im Stau stehen oder auf verspätete Busse warten, anders. Bus-Fahrgäste kennen die Anzeige an den Wartehäuschen: "Verkehrsaufkommen..." heißt es oft - und dann heißt es geduldig sein. Khalid Idrissi, der regelmäßig mit dem 51er fährt, ist zwar meistens mit der Pünktlichkeit zufrieden. Er meint dennoch: "Für mich wäre die Tram gut." Und auch Anja Heilig, die in der Gärtnerei Zanker direkt gegenüber dem Waldfriedhof arbeitet, fände eine Straßenbahn durchaus wünschenswert. Auch sie sieht jeden Morgen und Abend zu Stoßzeiten die Autos stehen. "Ich fahre selber gerne Tram", sagt sie. Und auch ein paar ihrer Kollegen würden von der Tram profitieren, die höchstwahrscheinlich schneller vorankommen wird als Busse. Dass der Autoverkehr schlimmer wird, wenn je eine Spur wegfällt, glaubt sie nicht.
Jenseits der Autobahn 95, an der Boschetsrieder Straße, würden sich auch so manche über eine neue Straßenbahn freuen, vor allem die Anwohner des Ratzingerplatzes, der seit Jahren den Ruf als hässlichster Platz Münchens verteidigt. Das soll künftig anders werden, die Umgestaltung ist bereits beschlossen. Und auch die Tram könnte den Platz und die Boschetsrieder Straße wieder beleben, glaubt etwa Angelika Borck. Sie arbeitet in einer Bäckerei namens Schmidhofer, die aber nicht mit dem namensgleichen Betrieb in der Fürstenrieder zusammengehört. Borck kann sich noch an die 1991 eingestellte Tram erinnern. "Damals", sagt sie, "war hier wesentlich mehr los." Vielleicht bringe eine wiederbelebte Straßenbahn ja wieder mehr Kunden in die kleine Ladenzeile.
In der Tat sieht die Gegend mit den zugewachsenen Tramgleisen nicht sonderlich einladend aus. Gerade hat ein Christbaumhändler seine Ware auf der früheren Tramstrecke zwischen den Autos aufgebaut, sonst tut sich hier nicht viel. Michael Hasenöhrl, der ein Bistro und Feinkostgeschäft betreibt, würde sich freuen, wenn sich in dieser städtischen Brache wieder etwas rühren würde. "Eine neue Tram fände ich auf jeden Fall gut", sagt er.