Gastronomie in München:Das Unionsbräu bleibt geschlossen

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Das Unionsbräu ist ein Sanierungsfall. (Foto: Florian Peljak)

Nach dem Rückzug von Wiesnwirt Wiggerl Hagn und dem Aus seines Nachfolgers Igor Divjak fällt ein Neuanfang in dem 130 Jahre alten Neorenaissance-Bau schwer. Denn nach einem Wasserschaden muss nun erst einmal saniert werden.

Von Patrik Stäbler

An der Fassade hängt eine schmucke Gedenktafel, die an Josef Schülein erinnert, daneben jedoch bietet sich ein trostloser Anblick. So sind die mannshohen Bogenfenster an mehreren Stellen eingeschlagen, aus dem mit Graffiti beschmierten Briefkasten quellen Werbezettel, und in der Glasvitrine, in der eigentlich die Speisekarte hängen sollte, sind Türen und Lampen herausgerissen. Einzig der goldene Löwe glitzert noch strahlend herab von jener Metallkonstruktion an der Wand, an der ein wuchtiges Schild hängt. Darauf ist das Münchner Kindl zu sehen, das freudestrahlend einen Masskrug schwenkt. Dazu der Schriftzug: "Unions Bräu Haidhausen."

Doch dass im Innern des imposanten Neorenaissance-Baus nahe dem Max-Weber-Platz lachende Menschen ihre Krüge erhoben haben, ist schon lange her. Vor fast vier Jahren sperrte Wirt Igor Divjak das Unionsbräu zu. In der Folge wollte ein neuer Betreiber in den Räumlichkeiten ein Lokal eröffnen, "wo Bayern auf Asia trifft", wie er damals warb - und wovon heute noch ein Schild am Eingang zeugt. Doch jene "Restaurant & Sushi Bar Baya" sollte nie eröffnen. Denn erst kam die Pandemie, dann ein Wasserschaden im Gebäude und schließlich ein jahrelanger Rechtsstreit mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG, die fürs Unionsbräu zuständig ist.

Jener Zwist vor Gericht ist inzwischen beendet. Wie das städtische Kommunalreferat mitteilt, habe man sich voriges Jahr auf einen Vergleich geeinigt. Zu den Details macht die Behörde keine Angaben, jedoch war die GWG zuvor mit einer Räumungsklage gescheitert. Im Oktober habe der Pächter die gemieteten Flächen zurückgegeben, teilt das Kommunalreferat mit. Diese Angabe ist insofern erstaunlich, als dem Bezirksausschuss Au-Haidhausen laut seinem Chef Jörg Spengler (Grüne) seither noch zweimal vom Rathaus mitgeteilt wurde, dass der Rechtsstreit andauere. Jedenfalls seien wegen des schlechten Zustands des Gebäudes nun erst einmal "umfangreiche Sanierungsmaßnahmen" notwendig, sagt eine Sprecherin des Kommunalreferats. Will heißen: Das Unionsbräu kann auf absehbare Zeit weder neu vermietet noch anderweitig genutzt werden.

Es ist dies der Tiefpunkt einer Entwicklung, die schon vor Jahren einsetzte. Dabei war man im Rathaus noch so zuversichtlich, als nach dem Auszug von Wiesnwirt Wiggerl Hagn und einem längeren Leerstand im November 2015 Igor Divjak das Lokal übernahm. Man sei froh, sagte der damalige Kommunalreferent Axel Markwardt, einen Wirt gefunden zu haben, "der aus dem Unionsbräu für Haidhausen wieder einen äußerst gastlichen Ort gemacht hat, wo alle von 18 bis 80 gerne zum Essen, Trinken und Ratschen zusammenkommen". Doch wie schon Hagn, der die Gaststätte als andauerndes Verlustgeschäft bezeichnet hatte, kämpfte auch Divjak mit der schieren Größe des Lokals, zu dem neben der Wirtschaft auch ein Saal und Konferenzräume im ersten Stock sowie zwei Kellergeschosse gehören.

Aktuell läuft eine Machbarkeitsstudie zur Neuausrichtung der Flächen

Wobei er durchaus "gute Umsätze" erwirtschaftet habe, sagte der Pächter. Und dennoch gab er das Unionsbräu nach fünf Jahren wieder auf, "weil ich mit der Stadt nur Stress und Ärger hatte". Anlass für den Streit, der auch vor Gericht ging, waren unter anderem Pläne des Wirts, in dem Gebäude andere Nutzungen wie Escape Rooms zu etablieren. "Eine Veranstaltungsstätte mit 800 Plätzen füllt man nicht, wenn man nur Bier ausschenkt", sagte Divjak. "Diese Zeiten sind längst vorbei."

Sein Nachfolger wollte es mit einem neuen gastronomischen Konzept probieren - doch dazu kam es gar nicht erst. Stattdessen wurde jahrelang vor Gericht gerungen, während das stattliche Gebäude zunehmend verfiel. "Durch einen andauernden Wassereintrag über Jahre hinweg sind Schäden im Bereich der Kappendecken der historischen Gewölbekeller entstanden", teilt das Kommunalreferat mit. Überdies seien die technischen Anlagen beschädigt, weshalb nun "eine Generalinstandsetzung des gesamten Objektes" erforderlich sei. Wie lange dies dauern wird, lasse sich noch ebenso wenig abschätzen wie die Kosten, so die Behörde. Aktuell würden die Schäden untersucht; zudem laufe eine Machbarkeitsstudie zur "Neuausrichtung der Flächen". Zumindest ein Teil der Räume solle jedoch auch künftig gastronomisch genutzt werden.

Im Unionsbräu wird wohl noch längere Zeit Tristesse herrschen. (Foto: Florian Peljak)

Vorerst aber wird wohl noch längere Zeit Tristesse vorherrschen an einem Ort, der einst Münchner Brauereigeschichte geschrieben hat. So erwarb Joseph Schülein dort 1885 das "Fügerbräu" und gründete seine "Unionsbrauerei Schülein & Companie". Diese entwickelte sich rasch zu einer der größten Brauereien der Stadt, die 1905 die Münchner-Kindl-Brauerei übernahm und 1921 mit der Münchner Aktienbrauerei zu Löwenbräu fusionierte. Als Jude wurden der Firmengründer und sein Sohn Hermann Schülein, der von 1924 an Generaldirektor des Unternehmens war, jedoch zunehmend von den Nazis attackiert, die unter anderem gegen "Judenbier" hetzten. 1933 musste sich Josef Schülein aus dem Aufsichtsrat von Löwenbräu zurückziehen; fünf Jahre später starb er auf seinem Gut Kaltenberg.

Der Name Unionsbräu überlebte derweil lediglich in Form der Gaststätte in dem 130 Jahre alten Gebäude.

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