Messe München:Was es mit der "Bauma CTT Russia" auf sich hat

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Kräne, Bagger, viele Menschen: Die Baumaschinenmesse Bauma CTT in Moskau ähnelt dem Münchner Original. (Foto: Bauma CTT Russia)

Die Stadt habe keine Wirtschaftsbeziehungen mit Putins Staat, sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter. Doch die Messe besitzt eine Gesellschaft in Moskau, die dort seit Jahren eine eigene Baumaschinenmesse veranstaltet. Das will man jetzt ändern.

Von Bernd Kastner

München ist vorbildlich. Das war die Botschaft von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) an seinen Kollegen aus Kiew. Vitali Klitschko sprach am Mittwoch aus dem Kriegsgebiet zum Münchner Stadtrat und appellierte an Deutschland, alle wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland zu beenden. Reiter pflichtete Klitschko bei. Auf Bundesebene sei das Sache der Bundesregierung: "Wir haben in München keinerlei wirtschaftliche Beziehungen mit Russland."

Eine bemerkenswerte Aussage. Schließlich beziehen die Stadtwerke als kommunales Unternehmen jede Menge Kohle und Gas aus Russland, wenn auch über Zwischenhändler außerhalb Russlands. Formal mag die Behauptung Reiters in Bezug auf die Stadtwerke also nicht falsch sein. Aber die ganze Wahrheit war es auch nicht.

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Und was ist mit der Messe München? An ihr halten Stadt und Freistaat als Gesellschafter jeweils 49,9 Prozent. Das Unternehmen hatte bislang nicht nur im Rahmen des normalen Messegeschäfts Kontakte zu russischen Ausstellern. Es besitzt eine Tochtergesellschaft in Russland, die "Messe München Rus". Im Jahr 2015 kauften die Münchner diese Firma, ein Jahr nach der russischen Annexion der Krim. 95 Prozent der Anteile gehören den Münchnern, nachzulesen im Geschäftsbericht. Auf der Homepage der russischen Firma findet sich oben rechts das Logo der Messe München.

195 Aussteller haben für die Schau im Mai zugesagt

Die Firma veranstaltet seit Jahren eine Ausstellung in Moskau, deren Titel bekannt klingt: "Bauma CTT Russia" - die Abkürzung wurde von der Vorgängermesse übernommen. Es ist das russische Pendant zur Münchner Bauma, der weltgrößten Baumaschinenmesse. Vom 24. bis 27. Mai soll die nächste russische Bauma stattfinden, 195 Firmen haben sich als Aussteller angemeldet. Es ist, so die Eigenwerbung, die größte Fachmesse für die Bauindustrie in Russland.

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Fragt man bei der Messe München nach dem Russlandgeschäft und der Bauma-Tochter, schickt eine Sprecherin nur eine oberflächliche Antwort. Man unterstütze alle Sanktionsmaßnahmen der Bundesregierung und habe "sämtliche Marketing- und Vertriebsaktivitäten gegenüber russischen und belarussischen Ausstellern und Besuchern eingestellt. Bestehende Verträge mit russischen und belarussischen Ausstellern auf unseren Veranstaltungen in München werden aufgelöst." Zudem ziehe man "Konsequenzen" für das Russland-Geschäft und arbeite "dazu aktuell mit allen Beteiligten an Lösungen".

"Eine Baumaschinenmesse in Russland mit dem Gütesiegel Bauma wird es nicht geben"

Will man die Beziehungen nach Russland beenden? Will man die Anteile an der russischen Tochter verkaufen? Findet die russische Bauma im Mai wie geplant statt? Konkrete Fragen beantwortet die Messe nicht konkret. Nur soviel lässt man verlauten: Man ziehe sich aus dem russischen Markt zurück, entsprechende Maßnahmen seien eingeleitet. Und die Moskau-Bauma? "Derzeit sollten noch keine endgültigen Schlussfolgerungen gezogen werden. Aber: Eine Baumaschinenmesse in Russland mit dem Gütesiegel "Bauma" wird es nicht geben." Am Freitag wird die russische Bauma weiterhin auf der Internetseite der Messe München und der russischen Tochter angekündigt.

Dieter Reiter vertritt in der Frage von Sanktionen gegen Russland eine klare Linie. Kurz nach der Invasion hat er den Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker und Putin-Freund Valery Gergiev entlassen, weil der sich nicht von Putins Krieg distanziert hat. Dass die Stadt keine Wirtschaftsbeziehungen nach Russland habe, ist ihm offenbar sehr wichtig. Als die ÖDP-Stadträtin Nicola Holtmann Reiter am Mittwoch im Stadtrat vorwarf, damit die Unwahrheit zu sagen, konterte Reiter giftig: Holtmann solle sich erst mal "schlau machen", ehe sie etwas sage.

Als OB ist Reiter auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Messe München. Auf Fragen der SZ, wie es mit der russischen Tochterfirma weitergeht und wie die Haltung der Stadt als Messe-Miteigentümerin sei, lässt Reiter mitteilen, dass er aufgrund der Vertraulichkeit im Aufsichtsrat dazu nichts sagen könne. Und seine Behauptung im Stadtrat, wonach München "keinerlei" wirtschaftliche Beziehungen mit Russland habe? Dazu stehe er.

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