Volksfeste in München:Fallen wegen des Ukraine-Kriegs Frühlingsfest und Wiesn aus?

Lesezeit: 2 min

Das Frühlingsfest auf der Theresienwiese war in den vergangenen beiden Jahren coronabedingt abgesagt worden. (Foto: Sebastian Gabriel)

Oberbürgermeister Dieter Reiter kann sich ein Oktoberfest aktuell kaum vorstellen. Die Schausteller wollen das Frühlingsfest in vier Wochen jedoch unbedingt eröffnen - und bekommen Zuspruch.

Von Heiner Effern

Das Oktoberfest als völkerverbindende Tradition, die man einem Despoten nicht preisgeben darf - oder eine unpassende Gaudi, wenn in der Ukraine täglich Menschen dem Krieg zum Opfer fallen? Nach der Rede von Vitali Klitschko, dem Bürgermeister der Partnerstadt Kiew, im Stadtrat steht zur Debatte, ob die beiden großen Volksfeste stattfinden sollen. Das Frühlingsfest soll bereits am 22. April starten. Die Wiesn zwar erst am 17. September, eine Entscheidung darüber soll aber bis Anfang Mai fallen.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat am Donnerstag unter dem Eindruck "des erschütternden Berichts von meinem Amtskollegen Vitali Klitschko" in der Vollversammlung vom Vortag erklärt, dass es für ihn persönlich "schwer vorstellbar ist, zu feiern, Bier zu trinken und Karussell zu fahren, wenn gleichzeitig in unserer Partnerstadt und dem ganzen Land der Ukraine so großes Leid herrscht und Menschen in diesem brutalen Krieg sterben".

Das Frühlingsfest ist allerdings anders als die Wiesn keine Veranstaltung der Stadt, sie wird vom Münchner Schaustellerverein verantwortet. Diesem überlässt Reiter die Entscheidung, sollte wie erwartet in den kommenden 14 Tagen die Genehmigung erteilt werden. Es bleibt "dem Veranstalter und auch jedem Einzelnen überlassen, wie er oder sie damit umgeht, sollte dann immer noch Krieg in der Ukraine sein".

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Der kommissarische Schausteller-Chef Peter Bausch findet es "am falschen Ende angefangen", jetzt Volksfeste abzusagen. Krieg sei das Schlimmste, was man sich vorstellen könne, aber den Menschen in München nach mehr als zwei Jahren schlechten Nachrichten auch noch "den klitzekleinen Ausbruch für ein paar Stunden" zu streichen, das kann und will er nicht.

Die Wiesnwirte sprechen sich ebenfalls für die Volksfeste aus. "Unser Oktoberfest ist ein Fest des Friedens und der Völkerverständigung. Gerade in diesen Zeiten ist es besonders wichtig, damit ein Zeichen gegen den Krieg zu setzen", heißt es in einer Erklärung. "Wenn wir solche Traditionsveranstaltungen wie das Oktoberfest absagen, dann hat Putin genau das erreicht, was er wollte."

Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) sieht es ähnlich. Er habe höchsten Respekt vor allen Menschen, die angesichts des Kriegs aufs Feiern verzichten wollen, sagt er. Er haben aber wie die Schausteller und die Wirte das Gefühl, dass viele Menschen nach zwei Jahren Pandemie und Verzicht auch wieder eine Gelegenheit brauchen, entspannt zusammenzukommen. "Viele sind ausgelaugt und freuen sich darauf, wieder mal ein Fest zu feiern."

Auch Wiesn-Stadträtin Anja Berger (Grüne) tendiert dazu, Volksfeste trotz des Kriegs abzuhalten. "Auch ich war nach der Rede von Vitali Klitschko gestern sehr betroffen. Aber ich glaube, jeder und jede muss für sich selbst entscheiden, ob es ihm oder ihr möglich ist, in diesen schwierigen Zeiten ein Volksfest zu besuchen." Darüber hinaus würde die ganze Branche nach zwei Jahren Pandemie ohne Einnahmen mit einer Absage weiter in eine "existenzielle Bedrohung" getrieben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusHeckscher Klinik
:Ein Doktor für die Kinderseele

Ein Vierteljahrhundert lang hat Franz Joseph Freisleder die Heckscher Klinik geleitet und in dieser Zeit enorm erweitert. Nun, im Ruhestand, macht er sich große Sorgen. Um die jungen Menschen, die unter Corona leiden, und um jene, die aus der Ukraine kommen.

Von Bernd Kastner

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: