In einer eindrucksvollen Ansprache hat sich Vitali Klitschko, Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, per Video an die Münchner Stadträte gewandt. "Jeden Morgen, bevor ich aufstehe, bevor ich meine Augen aufmache, denke ich, das ist alles ein Albtraum" sagte er in seiner Ansprache. Jeden Tag sehe er tote Zivilisten, die Situation vor Ort sei "dramatisch". Über mehrere Nachbarstädte von Kiew sagte er: "Es gibt keine Städte mehr." Wie viele Menschen gestorben seien, wisse man nicht: "Wir können die Leichen nicht zählen." Sicher sei aber: "Die Menschen bekommen eine riesige Wut."
Den russischen Angriff auf sein Land bezeichnete Klitschko als Völkermord. "Das ist ein Genozid", sagte der 50 Jahre alte ehemalige Profiboxer. "Die vernichten die Zivilbevölkerung, die vernichten unser Land." Seine Stadt werde mit Raketen beschossen, die "in einem Radius von 500 Metern jedes menschliche Leben" töteten, sagte Klitschko. Das sei kein Angriff auf das Militär, sondern auf die Bevölkerung.
Mehrmals bedankte sich Klitschko bei Deutschland und Kiews Partnerstadt München für die Unterstützung. Der Dank gelte "von ganzem Herzen", sagte er: "Das ist sehr, sehr wichtig für uns." Keiner in der Ukraine habe gedacht, noch mal Militäruniform anziehen oder Maschinengewehre in die Hand nehmen zu müssen. Weiter sagte er: "Wir sind Europäer, mit unserer Geschichte, mit unserer Identität."
Außerdem betonte der Bürgermeister: "Wir kämpfen nicht nur für unsere Stadt, wir kämpfen nicht für unser Land. (...) Wir kämpfen heute für Werte, für Prinzipien, die Russland gebrochen hat." Und weiter: "Wir kämpfen auch für euch, für jeden Deutschen": Denn man wisse nicht, welche Pläne Russland habe. Von Deutschland forderte er eine klare Haltung: Man könne nicht auf der einen Seite die Ukraine unterstützen, gleichzeitig mit Russland verbunden sein. Das Land solle die wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland einstellen - auch wenn das schwierig sei. "Entweder Sie stehen auf der Seite der Ukraine oder auf der Seite des Aggressors", so Klitschko: "Man kann nicht halbschwanger sein."
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte im Anschluss, er sei "ungeheuer wütend" auf den russischen Machthaber, der "dieses Leid verursacht". Er betonte, die Ukraine könne sich auf die Solidarität der Menschen in München "zu hundert Prozent" verlassen: "Tausende Münchnerinnen und Münchner haben ihre Wohnungen geöffnet und Menschen aus der Ukraine aufgenommen", so Reiter.
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Die Ansprache des 50 Jahre alten Ex-Profiboxers fand gleich zu Beginn der Vollversammlung des Stadtrats im Showpalast in Fröttmaning statt, wo das Gremium derzeit seine Sitzungen abhält. Im Anschluss gedachten die Stadträte in einer Schweigeminute der Opfer des Krieges.