Vorzeitige Genehmigung verweigert:Auf der Nord-Tangente ausgebremst

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Von der Cosimastraße aus - hier eine Trambahn Richtung St. Emmeram - soll die neue Linie bis zum S-Bahnhof Johanneskirchen führen. (Foto: Robert Haas)

Die Stadtwerke wollten mit den Vorarbeiten für die Abzweigung von der Cosimastraße zum S-Bahnhof Johanneskirchen beginnen - doch daraus wird vorerst nichts.

Von Andreas Schubert

Die Regierung von Oberbayern hat die Stadtwerke München (SWM) erneut bei einem Bauvorhaben in Johanneskirchen ausgebremst. Die SWM planen dort eine Trambahnlinie und wollten auch schon mit Baumfällungen anfangen, um vorbereitende Arbeiten erledigen zu können. Doch das hat die Regierung im Oktober vergangenen Jahres untersagt, da noch keine Baugenehmigung für die Trasse vorliegt. Einer "vorläufigen Anordnung", welche die SWM daraufhin beantragten, erteilte die Bezirksregierung nun ebenfalls eine Abfuhr. Sie sieht die Dringlichkeit der Maßnahme nicht gegeben. Anders sahen dies die SWM und ihre Tochter, die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). Sie wollten früh beginnen, Leitungen im Untergrund zu verlegen, damit sich das Projekt nicht verzögert. Vor allem die Fernwärmeleitungen wollten die SWM schon diesen Sommer, also außerhalb der Heizperiode, umlegen.

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Ursprünglicher Plan war, dass 2025 die Trambahnen von der Abzweigung an der Cosimastraße zum S-Bahnhof Johanneskirchen rollen. Jetzt könnte sich das Ganze um ein Jahr verzögern, befürchten SWM und MVG.

Die Gegner der Tram, allen voran die CSU, halten das Projekt nicht nur für völlig überteuert, sondern auch für überflüssig. Für nur 700 Meter Tramstrecke würden 60 Millionen Euro fällig. Trotzdem hält die grün-rote Stadtratsmehrheit an dem Projekt fest, sehr zum Missfallen der Christsozialen. Die sehen sich nun aber in ihrer Ablehnung bestätigt. "Die Pannen-Serie der Stadtwerke beim Bau der Tram-Nordtangente geht weiter", teilt CSU-Stadtrat Fabian Ewald mit. "Dass die Genehmigungsbehörde die vorzeitigen Arbeiten nicht zulässt, ist erst mal eine gute Nachricht." Die Kosten von 60 Millionen Euro für 700 Meter seien unverhältnismäßig. Auf dem Abschnitt führen bereits gut funktionierende Busse, die Anbindung an die S-Bahn würde sogar schlechter, weil die Laufwege mit der Tram länger würden, so Ewald. "Wir fordern, dass die Planungen nun nochmals genau geprüft und der Stadtrat über die weiteren Schritte informiert wird."

Auch der CSU-Landtagsabgeordnete Robert Brannekämper zählt zu den Gegnern der Tram. "Ich erwarte jetzt, dass die Landeshauptstadt München dieses überflüssige Projekt umgehend in den Papierkorb befördert. Die Münchner Steuerzahler und die Bürger im Münchner Nordosten haben ein Recht darauf." Der Münchner Rechtsanwalt Benno Ziegler, der die Anwohner in Johanneskirchen vertritt, fordert ebenfalls, den Antrag auf Planfeststellung endgültig zurückzuziehen.

Die Tram-Trasse in Johanneskirchen gilt als Abschnitt 3 der späteren Tram-Nordtangente zwischen Neuhausen und Bogenhausen, die auch den Englischen Garten durchqueren soll. Der erste Abschnitt soll von 2028 an vom Elisabethplatz durch die Franz-Joseph-Straße zur Tivolistraße führen, Abschnitt 2 voraussichtlich von 2029 an durch die Leopoldstraße zwischen Giselastraße, Münchner Freiheit und Ungererstraße. Der verkehrliche Nutzen, den die CSU, Anwalt Ziegler und einige Anwohner infrage stellen, ist aus Sicht der MVG durchaus gegeben. Nach der sogenannten standardisierten Bewertung kommt die Trasse auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,48. Ab dem Faktor eins gilt ein Projekt als förderfähig.

Doch für eine vorzeitige Genehmigung fehlte es laut Regierung von Oberbayern an mehreren Punkten. So sei unter anderem die Planung noch gar nicht vollständig abgeschlossen, zudem seien immer noch Fragen zu Eingriffen in die Natur und zur Lärmbelästigung offen. Auch die Begründungen der SWM ließ die Regierung nicht gelten. Unter anderem führten die SWM an, dass im Herbst 2026 die erweiterte Helen-Keller-Realschule wieder in Betrieb geht und der Schülerverkehr beeinträchtigt würde, wenn immer noch an der Tram gebaut werde. Dies könne aber durch ein bauzeitliches Verkehrskonzept in den Griff bekommen werden, widersprach die Regierung. Weiterhin heißt es im Bescheid. "Gänzlich nicht nachvollziehbar ist das Argument, der vorzeitige Baubeginn sei erforderlich aufgrund des Zuschauerzulaufs bei Regionalligaspielen in der Bezirkssportanlage an der Johanneskirchner Straße." Die Herrenfußballmannschaft des dort kickenden FC Rot-Weiß Oberföhring spiele aktuell in der Kreisklasse, also in der neunten Liga. Selbst im sehr unwahrscheinlichen Fall von fünf aufeinanderfolgenden Aufstiegen könne der Verein frühestens im Sommer 2028 ein Regionalligaspiel bestreiten.

"Die von der Antragstellerin und der Landeshauptstadt München angeführten Gesichtspunkte für ein öffentliches Interesse am vorzeitigen Baubeginn sind auch nur allgemeiner Natur", so die Regierung. Dass ein Straßenbahnbauvorhaben, dem positive Effekte für den öffentlichen Personennahverkehr zukommen, so früh wie möglich fertiggestellt werden soll, sei kein Grund zur Abweichung vom gesetzlich vorgesehenen Regelverfahren.

Die SWM und MVG wollten den Bescheid bisher nicht kommentieren. Dieser werde jetzt geprüft. Danach würden Festlegungen zum weiteren Vorgehen getroffen.

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