MünchenU- und S-Bahnen fahren wieder - mit den üblichen Einschränkungen

"Wer nicht mitsingt, den schicken wir nach Frankreich zum Praktikum", scherzt ein Vorsänger beim Streiktreffen.
"Wer nicht mitsingt, den schicken wir nach Frankreich zum Praktikum", scherzt ein Vorsänger beim Streiktreffen. (Foto: Lorenz Mehrlich)
  • Am Montag hatten die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zum großen Warnstreik aufgerufen. Lesen Sie hier, wie sich der Streik in ganz Deutschland ausgewirkt hat.
  • In München fuhren ganztägig keine U-und Tram-Bahnen, die S-Bahn wurde bis 16 Uhr bestreikt und nur etwa jeder zweite Bus fuhr. Am Flughafen München fand zwei Tage lang kein regulärer Flugbetrieb statt.
  • Inzwischen fahren alle Züge, Trams und Busse wieder regulär. Am Flughafen werden heute 770 Starts und Landungen erwartet.

Von SZ-Autorinnen und -Autoren

Alle Entwicklungen im Liveblog:

Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Der öffentliche Nahverkehr fährt wieder - Flughafen erwartet erhöhtes Passagieraufkommen

Die S- und U-Bahnen sowie die Trams und Busse fahren nach dem 24-Stunden-Warnstreik wieder. Mit den für München üblichen kleineren Einschränkungen: Auf den U-Bahn-Linien U3, U6 und U7 fallen bis 10 Uhr immer wieder einzelne Züge aus, teilt die MVG auf ihrer Homepage mit. Bei der S-Bahn wird die S8 von Herrsching Richtung Flughafen über den Südring geleitet und fährt somit nicht über die Stammstrecke. In die Gegenrichtung verkehrt die S8 dagegen auf dem Regelweg. 

Auch der Regional- und Fernverkehr ist wieder angelaufen, sagte ein Bahnsprecher der dpa am Dienstagmorgen. „Es sind keine weiteren streikbedingten Beeinträchtigung zu erwarten“, schrieb auch DB Regio Bayern auf Twitter. Der Flughafen München rechnet nach dem Warnstreik mit einem erhöhten Passagieraufkommen am Dienstag. Viele Passagiere hätten wegen des Warnstreiks ihre Flüge umgebucht, sagte ein Sprecher in München. Die Airlines setzten deshalb am Dienstag auf größere Flugzeuge. Der Sprecher erwartete am Dienstag dennoch „wieder ganz normalen Flugverkehr“. Anders als bei einem ungeplanten Ereignis wie einer sehr ungünstigen Wetterlage seien nach dem Warnstreik so gut wie alle Crews und Flugzeuge bereits da, wo sie sein sollten. Für Dienstag sind demnach rund 770 Starts und Landungen geplant. Es gebe rund 35 Annullierungen, weil Flugzeuge etwa nicht an der vorgesehen Stelle seien. 
Bernd Kramer
Bernd Kramer

Die S-Bahn fährt wieder 

Der S-Bahn-Verkehr in München wird nach und nach wieder aufgenommen. Die Bahn weist allerdings darauf hin, dass es weiterhin zu Einschränkungen kommt. Auf einer Live-Karte können Fahrgäste verfolgen, welche Linien aktuell unterwegs sind.

U-Bahnen und Tramlinien verkehren derzeit nicht. Auch die Nachtlinien der Tram werden nicht fahren, teilt die MVG mit. Bei den Bussen ist derzeit etwa die Hälfte der Fahrzeuge im Einsatz, auf dem meisten Buslinien fahren sie in unregelmäßigem Takt. Kein Betrieb herrscht derzeit auf diesen Linien: X30, 153, 175, 176, 183, 186. 

Die Nachtbusse sollen allerdings größtenteils wieder fahren. Fahrgäste müssten aber bis circa 4 Uhr in der Früh mit Einschränkungen rechnen. 
Bernd Kramer
Bernd Kramer

Wirtshaus wirbt mit Streik-Bier

Der Streik hat weite Teile der Stadt lahmgelegt, in der Fußgängerzone waren deutlich weniger Menschen unterwegs, manche Geschäfte öffneten laut Handelsverband Bayern gar nicht erst ihre Türen. Warum auch, wenn die Kundschaft den Weg nicht zu ihnen finden kann?

Ein Wirtshaus in München lässt sich davon jedenfalls nicht beirren - und wirbt mit einer Sonderaktion: Wer es in die Gaststätte schafft, bekommt das Bier für einen Euro. Und wer bei diesem Angebot versacken sollte: Ab 4 Uhr in der Früh, so die aktuelle Prognose der MVG, fahren auch Bus, Bahn und Tram wieder halbwegs planmäßig. 
Martin Moser
Martin Moser

Streik hat wenig Auswirkungen auf den Schulbetrieb

Der Münchner Schulbetrieb ist sowohl an den Grund- als auch an weiterführenden Schulen durch den Streik-Montag "gut durchgekommen“, wie meine Kollegin Pauline Graf beim Referat für Bildung und Sport erfahren hat. Nur etwa ein Prozent der Schüler habe aufgrund des Streiks im öffentlichen Nahverkehr gefehlt. 

Wer nicht von den Eltern im Auto gefahren wurde, wich aufs Fahrrad aus. Homeschooling war nur "in den wenigstens Ausnahmefällen nötig", fast alle Schulklassen seien normal besetzt gewesen, heißt es. Auch an den staatlichen Schulen hätten laut Schulamt kaum Schüler gefehlt. Das Angebot von Kultusminister Michael Piazolo, wonach Eltern ihre Kinder mit Verweis auf den Streik vom Unterricht befreien konnten, hätte "kaum einer genutzt", so eine Sprecherin des Schulamts. 
Bernd Kramer
Bernd Kramer

40 Prozent weniger Menschen in den Einkaufsstraßen

Der Streik sorgte deutschlandweit für leere Innenstädte - besonders in München. Der Anbieter von Frequenzdaten Hystreet.com ermittelte in einer Stichproben-Auswertung für die Deutsche Presse-Agentur im Vergleich zum Montag vor einer Woche einen durchschnittlichen Rückgang um 27,7 Prozent im Zeitraum bis 13.00 Uhr bei insgesamt 33 untersuchten Straßenabschnitten in 20 Städten. Möglicherweise könnte dabei aber auch das schlechte Wetter eine Rolle gespielt haben.

Bei der Stichprobe zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen und teils innerhalb der untersuchten Städte. Neben München war der Rückgang auch in Stuttgart, Hannover, Dortmund sowie teilweise in Köln und Düsseldorf mit Veränderungen in einer Dimension um 40 Prozent besonders stark.

Viele größere Häuser etwa in München arbeiteten nur mit einer Notbesetzung, sagte ein Sprecher des Handelsverbandes Bayern. In wenigen Fällen blieben Geschäfte sogar geschlossen.
Die Unternehmen reagieren damit auf den weitgehenden Stillstand von Bussen und Bahnen in vielen Städten in Bayern aufgrund des Warnstreiks der Gewerkschaft Verdi und der Eisenbahngewerkschaft EVG. 
Bernd Kramer
Bernd Kramer

Impressionen aus einer Stadt im Streik

Das war er also, der Großstreik? Die Kollegen Andreas Schubert und Heiner Effern haben sich heute in der Stadt umgesehen. Das erwartete Chaos auf den Straßen, schreiben sie, blieb aus. Auch die Kundgebung der Gewerkschaften fiel eher verhalten aus.

Und die Fahrgäste? Nehmen es in einem der wenigen Bus, die noch fahren und völlig überfüllt sind, offenbar mit Humor.

Die Eindrücke aus der Stadt lesen Sie hier (SZ Plus):
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Lange Staus wegen Warnstreik? Fast nur in München der Fall

Der bundesweite Warnstreik hat in der morgendlichen Rushhour nur in wenigen deutschen Großstädten und Regionen für große Staus gesorgt. Aber weil München ja in vielem erstklassig ist oder sein will, belegt die bayerische Landeshauptstadt hier natürlich Platz eins: Die Fahrzeit der Menschen, die heute Morgen mit dem Auto gefahren sind, hat sich im Schnitt um 28 Prozent verlängert, wie eine Auswertung des Verkehrsdatenspezialisten TomTom für die Deutsche Presse-Agentur ergab. In Nürnberg waren es 19 und in Freiburg 18 Prozent. „Zu teils langen Staus und großen Zeitverlusten kam es überall dort, wo zum Streik noch schlechtes Wetter hinzugekommen ist“, sagte Ralf-Peter Schäfer von TomTom. 

Lediglich in vier von 27 Städten lag am Montag die durchschnittliche Fahrzeit um mehr als 10 Prozent höher als zuletzt. In einzelnen Städten gab es dagegen sogar Abweichungen nach unten im Vergleich zu den vorhergegangenen Montagen. Die Zahlen zeigten, wie hoch das Potenzial von Homeoffice und gut geplanter Mobilität sei, so Schäfer: „Trotz der massiven Einschränkungen ist es in den meisten Städten nicht zum befürchteten Verkehrsinfarkt gekommen, weil Autofahrerinnen und Autofahrer ihre Fahrten bewusst geplant und auf unnötige Fahrten verzichtet haben“ oder diese verschoben hätten. 
Peter Kneffel/dpa
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

27 Stunden Fahrt in den Urlaub statt neun Stunden 

"Wenn wir so streiken würden wie die Bahn, sähe es für die Patienten sehr schlecht aus", sagt Matthias Fröhlich. Der 62-Jährige hat bis zu seiner Rente in der Altenpflege gearbeitet. Dass heute gestreikt wird, stößt bei ihm auf wenig Verständnis, "die DB-Angestellten nutzen ihre Position aus", findet er.

Jana Jöbstl und Benjamin Probst waren für uns am Hauptbahnhof unterwegs, um Reaktionen auf den ganztägigen Warnstreik einzusammeln. Wobei die erste Herausforderung war, überhaupt Passanten zu finden, die etwas sagen können. Die, mit denen beide geredet haben, zeigen überwiegend Verständnis für den Warnstreik - auch wenn das für den ein oder die andere deutlich längere Fahrten in den Urlaub bedeutet. Fenke Fürst und Malin Gerke rechnen etwa damit, dass sie statt der geplanten neun Stunden jetzt wohl 27 Stunden unterwegs sein werden.

Was die anderen verhinderten Passagiere zum Streik sagen, lesen Sie hier:
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Was Bahnkunden und Flugreisende wissen müssen

Der Groß-Streik war lange angekündigt, und wer sich am Münchner Flughafen oder am Hauptbahnhof umschaut, entdeckt kaum Passagiere, die fortzukommen versuchen. Dennoch wird sich der ein andere Bahn- oder Flugreisende, der für heute eigentlich ein Ticket gebucht hat, fragen: Welche Ansprüche habe ich eigentlich, wenn mein Flug oder mein Zug ausfällt? Habe ich zum Beispiel Anspruch auf ein Hotelzimmer? Und wie komme ich an das erstattete Geld?

Wenn Sie sich diese und andere rechtliche Fragen rund um ausfallende Verbindungen haben, empfehle ich Ihnen diese beiden Texte:
Martin Moser
Martin Moser

Münchner U-Bahnfahrer: "Das braucht's, damit wir genug Geld zum Leben bekommen"

Seit neun Jahren chauffiert Andreas Nettel Münchnerinnen und Münchner durch den Untergrund. U-Bahn-Fahrer ist sein Traumberuf. Nettel sagt aber auch: Vielen Kollegen stehe finanziell gerade das Wasser bis zum Hals. Das Einstiegsgehalt für Fahrerinnen und Fahrer liegt aktuell bei 2655 Euro brutto, laut MVG plus Zulagen von 600 Euro. Wenn es so weitergehe, müsse auch er sich umschauen, wo er mehr verdiene, sagt Nettel. Das wolle er eigentlich nicht. Aber er müsse seine Familie ernähren. Drei Kinder, Miete, Schulsachen, Spritkosten.

Die ausführliche Reportage über die Welt der Münchner U-Bahnfahrer lesen Sie hier (SZ Plus):



Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

Pendelverkehr auf der Stammstrecke eingerichtet

Die S-Bahn München hat einen Pendelverkehr zwischen Pasing und Leuchtenbergring eingerichtet. Im 20-Minuten-Takt ist nun ein öffentliches Fortkommen entlang der Stammstrecke wieder möglich. Die erste S-Bahn vom Ostbahnhof fuhr laut Deutscher Bahn um 11.37 Uhr los, die erste in die Gegenrichtung verließ Pasing demnach um 12.05 Uhr. Wo sich die S-Bahnen gerade befinden, kann über die Live-Karte auf der Seite der S-Bahn München eingesehen werden. U-Bahnen und Trams sollen dagegen heute laut MVG nicht mehr fahren.
Anna Landefeld

Hier sind unsere wichtigsten Analysen, Hintergründe und Einordnungen zum Großstreik in Deutschland:


  • "Wir sind so dermaßen unterbezahlt": Der Großstreik läuft, die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst gehen weiter. Weshalb die Fronten so verhärtet sind wie lange nicht, analysiert Benedikt Peters. (SZ Plus)

  • Geld her: Streiken liegt den Deutschen eigentlich nicht - lieber reden sie über die Stimmung. Gut, dass sich das nun endlich ändert, kommentiert Nils Minkmar. (SZ Plus)

  • Kommt die Lohn-Preis-Spirale? Manche Ökonomen und Arbeitgeber warnen, dass ein hoher Tarifabschluss einen tückischen Kreislauf in Gang setzen könnte, schreibt Benedikt Peters. (SZ Plus)

  • "Das braucht's, damit wir genug Geld zum Leben bekommen": Andreas Nettel ist U-Bahnfahrer - es ist sein Traumjob. Er sagt aber auch: Vielen Kollegen steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Ein Blick ins Führerhaus und die Münchner U-Bahn-Welt. Von Priska Wörl. (SZ Plus)
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

So ist die aktuelle Betriebslage im öffentlichen Nahverkehr

Im Vergleich zu heute Morgen wird auf einer Buslinie wieder gefahren: auf der 174. Auf den Linien X30, 153, 175, 176, 182 und 183 herrscht aber weiterhin kein Betrieb, wie die MVG auf ihrer Homepage im Bereich "Betriebsmeldungen" mitteilt.

Die S-Bahn München hat unter 08000 996633 eine kostenlose Hotline eingerichtet und informiert außerdem auf ihrer Internetseite über den aktuellen Stand. Der sich allerdings so schnell nicht ändern dürfte: Bis 16 Uhr wird hier gestreikt, und auch in den Stunden danach muss noch mit massiven Einschränkungen gerechnet werden.
Martin Moser
Martin Moser

Freie Wähler kritisieren "unsinnige Mega-Streiks"

Angesichts der aktuellen Warnstreiks fordern die Freien Wähler in Bayern die verhandelnden Tarifparteien zu einer raschen Verständigung auf. Der Fraktionsvorsitzende Florian Streibl sprach am Sonntag laut Mitteilung von "unsinnigen Mega-Streiks". "Streik ist ein Grundrecht, das zieht niemand in Zweifel. Doch es gibt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“, sagte Streibl. Es sei unverantwortlich, dass die Gewerkschaften in der laufenden Tarifrunde "zum wiederholten Mal Tausende von Bürgerinnen und Bürgern in Mithaftung nehmen“.

Weiter sagte der Politiker: "Die Tarifparteien sollten sich nun rasch auf ein realistisches Ergebnis verständigen. Anstatt uns alle mit unsinnigen Mega-Streiks zu quälen, sollten sie sich bei Wasser und Brot in ein Konklave auf der Zugspitze zurückziehen und erst wieder herauskommen, wenn sie sich geeinigt haben.“ 

Der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB in Bayern reagierte prompt: "Tarifverträge werden zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern ausgehandelt, auf altkluge Ratschläge aus der Politik können wir dabei gut verzichten“, teilte Bayerns DGB-Vorsitzender Bernhard Stiedl mit. Was die Arbeitgeberseite bislang als Angebot vorgelegt habe, sei angesichts der Inflation „ein schlechter Witz“. 
Isabel Bernstein
Isabel Bernstein

So ist die Streik-Lage in Bayern

Gestreikt wird an diesem Montag nicht nur in München, sondern deutschlandweit. In Bayern soll es Warnstreiks unter anderem in München, Nürnberg, Augsburg, Regensburg, Würzburg, Schweinfurt, Bamberg, Bayreuth, Fürth, Erlangen, Ingolstadt, Passau und Landshut geben. Der Flughafen in Nürnberg wird genauso wie der Münchner bestreikt. Einzig in Memmingen sollen die Flugzeuge wie geplant abheben.

Wie es sonst noch in Bayern aussieht, lesen Sie hier:
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Großstreik im Nahverkehr
:"Das braucht's, damit wir genug Geld zum Leben bekommen"

Seit neun Jahren ist Andreas Nettel U-Bahn-Fahrer - es ist sein Traumjob. Er sagt aber auch: Vielen Kollegen steht finanziell das Wasser bis zum Hals. Ein Blick ins Führerhaus einer U2 und die Münchner U-Bahn-Welt.

SZ PlusVon Priska Wörl

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