Weßling:Mondfest ohne Mond

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Atemberaubendes Tempo: Die Taiko-Schlagzeuger der Gruppe "Raiko" beim Mondfest in Weßling. (Foto: Arlet Ulfers)

Zum fünften Mal hat die Deutsch-Japanische-Gesellschaft Bayern (DJG) in den Pfarrstadel am Weßlinger See geladen, um ihr "Tsukimi"-Fest zu feiern - diesmal allerdings bei Neumond.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Mit atemberaubendem Tempo bearbeiten die Taiko-Schlagzeuger der Gruppe "Raiko" ihre fassförmigen japanischen Trommeln. Höchste Konzentration und ganzer Körpereinsatz fordern die synchronen Klänge und die dazu gehörige Choreografie den Trommlern ab. In die Trommelwirbel mischt sich der dumpfe Glockenschlag der alten Pfarrkirche St. Mariä Himmelfahrt. Zum fünften Mal hat die Deutsch-Japanische-Gesellschaft Bayern (DJG) in den Pfarrstadel am Weßlinger See geladen, um an diesem Samstag "Tsukimi" (ausgesprochen: Zkimi) zu feiern.

Seit mehr als 1000 Jahren wird in Japan dieses Fest gefeiert, um den Herbstmond zu ehren. Das Wort "Tsukimi" bedeutet übersetzt "Mondbeobachtung". Es ist das Gegenstück zum Kirschblütenfest "Hanami", das im Frühjahr begangen wird. Die Hauptperson - wenn man bei einem himmlischen Gestirn von "Person" sprechen kann - fehlt heuer allerdings. "Den Mond werden Sie heute nicht sehen", erklärt daher der in Weßling lebende DJG-Präsident Oliver Schön. Das Fest findet diesmal an Neumond statt. Die DJG habe das Fest aus klimatischen Gründen vom Mondkalender abgekoppelt und veranstaltet es nun immer am ersten Samstag nach Schulbeginn. Bei uns sei es einfach kälter als in Japan, so Schön.

Vize-Bürgermeister Andreas Lechermann (CSU) begrüßt die Gäste mit einigen Worten auf Japanisch... (Foto: Arlet Ulfers)
...während der Generalkonsul von Japan, Nobutaka Maekawa, die Gelegenheit nutzt, um Abschied zu nehmen. Turnusgemäß neigt sich seine Amtszeit in München nach drei Jahren dem Ende zu. (Foto: Arlet Ulfers)

Bei seinem Grußwort zeigt sich der Zweite Bürgermeister Andreas Lechermann (CSU) sprachgewandt. Er begrüßt die japanischen Gäste mit einem "Irasshaimase" ("Willkommen") und wünschte "Tanoshinde kudasai" ("Viel Vergnügen)". "Die kleinen Dinge finden im Alltag oft zu wenig Beachtung", bedauert Lechermann. Er hat sich vorgenommen, den sich im Weßlinger See spiegelnden Mond in Zukunft bewusster zu bewundern "und dankbar zu sein", getreu der Aufforderung der 850 Mitglieder starken DJG, "die Mondschau als eine Art von Wertschätzung für die Flüchtigkeit des Lebens, also die Kostbarkeit des Augenblicks, zu verstehen", wie es auf der DJG-Homepage heißt.

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Für den japanischen Generalkonsul Nobutake Maekawa, der gemeinsam mit seiner Nachfolgerin und der Vizekonsulin gekommen ist, ist das Fest eine Gelegenheit, um Abschied zu nehmen. Nach drei Jahren verlässt er turnusgemäß das Münchner Konsulat. Der Deutsch-Japanische und der "Hana"-Chor singen traditionelle Weisen, in denen es zum Beispiel um den Mondhasen geht, der in einem Mörser Reis stampft - quasi das Pendant zu unserem Mann im Mond. Einige Besucherinnen haben sich den traditionellen Kimono angezogen, andere tragen japanische Tabi-Schuhe, bei denen die Zehenpartie gespalten und so der große Zeh von den anderen getrennt ist.

Kraftvoll wirkt die Aikido Vorführung der Münchner Schule Yoshinkan unter der Leitung des Cheftrainers Karoly Berko mit Schülern des Dan Grades 1-5. (Foto: Arlet Ulfers)

Die verschiedenen Wurf-, Druck- und Hebeltechniken beim Aikido Yoshinkan demonstriert Cheftrainer Karoly Berko und seine Gruppe aus München. Scheinbar mühelos zwingt Berko seine Kampfpartner auf den Boden. "Ein wenig Kraft braucht man schon", gibt er zu, aber mit der richtigen Technik, bei der jeder Griff exakt einstudiert wird, wird diese auf ein Minimum reduziert.

Fast-Food à la Japan gibt es vom Foodtruck mit Takoyaki, Teigbällchen mit einem Oktopusstück in der Mitte. Besucher können zudem "Aged Sake", japanischen Reiswein, probieren. Bei den Mitmachaktionen lassen sich Interessierte in die Regeln des mehr als 3000 Jahre alten Brettspiels Go einweisen, sie falten beim Origami kunstvolle Figuren ohne Schere und Kleber aus Papier. Später genießen die Japan-Fans im Pfarrstadl japanische Musik und Tänze. Im Foyer des Pfarrstadls sind Ikebana-Arrangements aufgestellt. Bei der japanischen Blumenkunst steckt man Blüten, Äste und Blätter nach strengen Grundregeln. Himmelsrichtungen, Kontraste, Rück- und Vorderseite der Pflanzen sowie die Reihenfolge der Steckungen sind genau durchkomponiert, und der Prozess des Blumensteckens hat eine meditative Komponente. Am 29. September ist übrigens Vollmond. Dann kann jeder sein eigenes "Tsukimi" feiern und die Reflexionen des Mondes auf der Wasserfläche eines Gewässers betrachten.

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