900 Jahre Utting:"Man kann den Bürgermeister ganz legal nass machen"

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Gleich passiert's: Beim Fischerstechen geht es darum, den gegnerischen Plankenläufer mit einer Lanze ins Wasser zu schubsen. (Foto: Arlet Ulfers)

Obwohl sie unterschiedlichen Parteien angehören und sie sich gegenseitig aus dem Chefsessel verdrängt haben, treten der Uttinger Bürgermeister und seine beiden Vorgänger gemeinsam beim Fischerstechen an.

Interview von Simon Sales Prado, Utting

Hier hatten sie alle schon einmal ein Büro: Florian Hoffmann, Josef Lutzenberger und Josef Klingl sitzen vor dem Rathaus in Utting. Anlässlich des 900-jährigen Bestehens von Utting werden der aktuelle Bürgermeister Hoffmann sowie seine zwei Vorgänger als Team beim Fischerstechen teilnehmen. Im Gespräch erklären sie, worauf es bei dieser volkstümlichen Sportart ankommt - und wie sie die gegnerischen Teams davon abhalten wollen, den Bürgermeister nass zu machen.

Bilden beim Fischerstechen in Utting ein außergewöhnliches Team (von rechts): Bürgermeister Florian Hoffmann, Ex-Bürgermeister Josef Lutzenberger und Ex-Bürgermeister Josef Klingl. (Foto: Arlet Ulfers)

SZ: Herr Hoffmann, Sie sind Bürgermeister, Herr Lutzenberger und Herr Klingl, Sie waren Bürgermeister. Nun wollen Sie ein gemeinsames Team bilden. Wer ist der Chef?

Josef Lutzenberger: Der amtierende Bürgermeister.

Josef Klingl: Der hat noch was zu sagen, wir anderen ja nicht mehr.

Florian Hoffmann: Das wäre dann wohl ich.

Kam die Idee, ein Bürgermeister-Team zu bilden, von Ihnen?

Hoffmann: Von uns zweien, dem Herrn Klingl und mir.

Klingl: Nein, das kam schon eher von dir. Der Bürgermeister hat uns überredet, sagen wir mal so.

Hoffmann: Wir saßen bei der Feuerwehr und haben darüber gesprochen. Die Feuerwehrleute machen ein Team, da dachten wir: Ein Bürgermeister-Team, das wäre eine Riesengaudi.

Haben Sie schon einmal am Fischerstechen teilgenommen?

Lutzenberger: Wir sind keine Profis, aber wenn man am See lebt, macht man natürlich das ein oder andere Fischerstechen mit.

Klingl: Das letzte Fischerstechen, an dem ich teilgenommen habe, ist 20 Jahre her.

Lutzenberger: Es gab einmal eine Gemeinderatsmannschaft mit Bürgermeister, da war ich Ausgleichsgewicht. So ist es auch bei uns: Ich bin fürs Gewicht zuständig!

Wie funktioniert Fischerstechen?

Klingl: Es wird versucht, sich gegenseitig mit einer Lanze vom Boot zu stechen. Auf dem sind drei Mann: Der Stecher, der mit der Lanze auf einem Brett steht, das aus dem Heck des Ruderboots ragt. Dann gibt es noch einen Ruderer, der entweder vorwärts oder rückwärts rudert. Und einen, der versucht, das Gewicht auszugleichen, damit es nicht zu wackelig wird.

Nur wer auf der Planke steht, fällt also ins Wasser?

Lutzenberger: Genau. Wer auf der Planke stehen bleibt, dessen Team gewinnt. Und wer ins Wasser fliegt, ist draußen. Das ist ein K.-O.-System.

Wer steht bei Ihnen auf der Planke?

Klingl: Der Bürgermeister natürlich.

Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass der Bürgermeister trocken bleibt?

Hoffmann: Gut, natürlich.

Klingl: Also gewichtsmäßig sind wir gut aufgestellt.

Lutzenberger: Und wir sind keine Heißsporne mehr! Wir sind kampferprobt, erfahren und risikobewusst. Wir hauen uns also nicht sofort ins Wasser, wir machen eher ein taktisches Rennen.

Werden die anderen Teams sich davor scheuen, den Bürgermeister ins Wasser schubsen?

Hoffmann: Ganz im Gegenteil. Man kann den Bürgermeister ganz legal nass machen, das wird sicher ein besonderer Anlass sein.

Ins Wasser fallen kann beim Fischerstechen nur der Stecher: Bürgermeister Florian Hoffmann (in der Mitte). Ex-Bürgermeister Josef Klingl (links) und Ex-Bürgermeister Josef Lutzenberger (rechts) sitzen im Boot. (Foto: Arlet Ulfers)

Worauf kommt es bei einem guten Team an?

Hoffmann: Eine Mischung aus Taktik, Balance und Glück!

Lutzenberger: Gleichgewicht braucht vor allem der, der auf der Planke steht. Der Ruderer muss echt rudern können. Wenige Ruderbewegungen, aber schnelle, wenn der Stecher aus dem Gleichgewicht kommt. Und möglichst wenig Angriffsfläche bieten.

Man könnte Sie als fraktionsübergreifendes Team bezeichnen, Sie gehören unterschiedlichen Parteien an.

Klingl: Stimmt, aber da haben wir keine Probleme. Wir sind von Berufs wegen Teamplayer.

Dabei haben Sie sich gegenseitig als Bürgermeister aus dem Rathaus verdrängt, nicht?

Klingl: Ich wurde abgewählt.

Lutzenberger: Ich habe ihn vom Thron gestoßen.

Hoffmann: Und als ich angetreten bin, ist Bürgermeister Lutzenberger nicht mehr angetreten.

Wie trainieren Sie?

Hoffmann: Wir trainieren nicht.

Gar nicht?

Klingl: Es gibt da diesen Spruch: Wer übt, kann nix.

Sie haben Ihre Team-Premiere also am Wettbewerbstag?

Lutzenberger: Ja, das wird einmalig. So etwas wird es wohl nicht so bald wieder geben.

Hoffmann: Fischerstechen gibt es in Utting nur zu festlichen Aktivitäten. Und wir haben zum ersten Mal die Situation, dass drei Bürgermeister in einem Alter sind, bei dem das noch funktioniert. Oft sind die Amtsvorgänger schon gut betagt, aber die zwei sind ja noch ganz gut beieinander.

Lutzenberger: Danke!

Werden Sie Kostüme tragen?

Klingl: Nein. Es gibt den Trend, sich verrückt anzuziehen. Und an Orten mit traditionellem Fischerstechen wie Dießen sind in der Regel sogar alle kostümiert. Aber bei uns soll es eine einmalige Gaudi werden.

Hoffmann: Wir haben dafür Team-T-Shirts.

Lutzenberger: Echt? Ich brauche XL.

Klingl: Ich XS.

Wie sehen die T-Shirts aus?

Hoffmann: Sie haben eine aufgedruckte Weste und Krawatte, wir müssen als Bürgermeister ja vernünftig erscheinen. Dem Amt entsprechen sozusagen.

Klingl: Damit der Respekt ein bisschen größer ist.

Hoffmann: Es ist das erste Mal, dass ich in meinem Amt Krawatte trage.

Das Fischerstechen findet am 2. Juli um 16.30 Uhr im Summerpark in Utting statt. Neben den drei ersten Plätzen wird auch das verrückteste Team ausgezeichnet. Teams aus jeweils drei Personen können sich unter info@wasserwacht-utting.de anmelden. Teilnahmegebühr: 10 Euro.

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