Geflüchtete:Unterkünfte in Tutzing und Wörthsee verzögern sich weiter

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Auf der Klosterwiese in Tutzing sollten längst Container stehen. Doch es wird dauern, bis die ersten Geflüchteten hier ihre neue Bleibe beziehen können. (Foto: Arlet Ulfers)

Das Landratsamt kündigt die Verträge mit dem Erbauer der Anlagen. Nun muss ein neues Unternehmen her - doch die Zeitpläne kommen dadurch erneut durcheinander.

Von Linus Freymark, Tutzing/Wörthsee

Eigentlich hätten die Anlagen längst stehen sollen. Auf der Klosterwiese in Tutzing und auf dem Blumenfeld in Wörthsee sollen rund 150 beziehungsweise 130 Geflüchtete eine neue Bleibe in Containern finden. Und wäre alles nach Plan gelaufen, würden die Anlagen seit Februar stehen und es gäbe Platz für rund 280 Geflüchtete. Doch schon mehrfach haben sich die Arbeiten verzögert, im Starnberger Landratsamt sprach man zuletzt davon, dass die Anlagen vielleicht im Frühjahr fertig sein könnten.

Jetzt ist klar: Auch dieses Ziel dürfte kaum zu schaffen sein. Denn die Kreisbehörde hat die Verträge mit der für die Erbauung beauftragten Firma gekündigt. "Wir haben die Zusammenarbeit beendet", bestätigte Landrat Stefan Frey (CSU) der SZ. Zu den Gründen der Vertragskündigung wollte sich Frey nicht öffentlich äußern. Nun suche man nach einem neuen Anbieter. Die Anlage in Feldafing ist davon nicht betroffen.

Das Ende der Zusammenarbeit mit dem Vertragsanbieter ist ein weiteres Kapitel der schwierigen Suche des Landratsamtes nach neuen Unterkünften in Tutzing, Wörthsee und Feldafing. Weil die drei Orte im Vergleich zu den anderen Landkreisgemeinden weniger Geflüchtete aufgenommen hatten, plante das Landratsamt seit Ende des Jahres 2022, dort Containerunterkünfte zu errichten. Jedoch gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Standort schwierig: In Tutzing war zunächst der ehemalige Minigolfplatz sowie eine Lokalität an der Traubinger Straße vorgesehen. Gegen beide Optionen gab es jedoch Vorbehalte innerhalb der Bevölkerung. Letztlich halfen die Klosterschwestern Gemeinde und Landratsamt aus der Patsche: Sie stellten Anfang Februar 2023 die Klosterwiese zur Verfügung. Auch in Feldafing zog sich die Suche nach einem geeigneten Standort, bis sich der Gemeinderat auf das Areal hinter dem Kinderhaus am Bahnhofsplatz einigte. Diese Planungen wurden dann jedoch wieder verworfen: Aktuell ist vorgesehen, auf dem Gelände der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Unterkünfte zu errichten. Doch auch hier ist man noch ein ganzes Stück vom Baubeginn entfernt.

Dass sich die Inbetriebnahme der Unterkünfte weiter verzögert, dürfte das Landratsamt langfristig vor Probleme stellen: Die Behörde ist dafür zuständig, die von der Regierung von Oberbayern zugewiesenen Geflüchteten mit einer Bleibe zu versorgen. Aktuell erfüllt der Landkreis Starnberg zwar seine Quote, weshalb derzeit nicht mit weiteren Zuweisungen zu rechnen ist. Zudem ist die Situation zur Zeit auch noch zu meistern. "Wir haben gerade noch ein bisschen Luft", erklärt Frey.

Aus der Ukraine werden wieder mehr Flüchtlinge erwartet

Doch dass dies kaum so bleibt, ist wohl absehbar. In den Sommermonaten steigt erfahrungsgemäß auch die Zahl der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen. Und ohne den zusätzlichen Platz in Tutzing, Wörthsee und Feldafing könnte es dann eng werden. "Im Sommer kommen wir an unsere Grenzen", prophezeit Frey. Nur weil das Thema derzeit eher weniger in den Schlagzeilen vorkommt, sei noch lange keine Lösung dafür in Sicht, wie die Kommunen die vielen Geflüchteten auch in Zukunft versorgen sollen.

Auch aus der Ukraine verzeichnet Frey wieder eine vermehrte Zuwanderung - und befürchtet, dass diese Entwicklung je nach Kriegsverlauf voranschreiten dürfte. Denn die Lage an der Front sei besorgniserregend, sagt Frey. Wenn Russland weiter vorrückt und zusätzliche Gebiete annektiert, dürfte das die Zahl der Menschen in die Höhe treiben, die nach Deutschland fliehen müssen.

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Kommentar von Linus Freymark

Um nicht allein von den Entwicklungen in Tutzing und Wörthsee abhängig zu sein, plant Frey nun Erweiterungen bereits bestehender Anlagen. So sollen die Containerdörfer in Percha und Gilching ausgebaut werden, dort sollen jeweils bis zu 100 weitere Plätze geschaffen werden. Auch in Berg soll zusätzlicher Wohnraum für Geflüchtete entstehen.

In seiner Not hatte Frey dem Bund im Herbst damit gedroht, Liegenschaften aus dessen Beständen zu beschlagnahmen, sollte dieser nicht freiwillig Flächen zur Verfügung stellen. Der Landrat hatte mit dieser Forderung Zustimmung von vielen seiner Kollegen geerntet. Denn die Kommunen fühlen sich bei der Unterbringung der Geflüchteten von Berlin alleingelassen und überfordert. Entwicklungen wie jetzt in Tutzing und Wörthsee machen diese Aufgabe für das Landratsamt noch einmal deutlich schwieriger als ohnehin schon.

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