Ammersee:Nur wenige Storchen-Küken haben den Frühling überlebt

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Fast 30 der 40 Jungvögel am Südufer sind in den Unwettern im Mai gestorben, in Dießen alle vier. Franz Sanktjohanser will im kommenden Jahr nicht mehr tatenlos zusehen.

Von Armin Greune, Dießen

Franz Sanktjohanser ist bestürzt. Seit sieben Jahren bemüht er sich darum, dass Störche wieder dauerhaft in Dießen heimisch werden. Doch heuer sind alle vier Küken erfroren oder verhungert, die das ortsansässige Weißstorchpaar auf einer Nisthilfe an der Herrenstraße ausbrütete. Schon im Vorjahr waren zur Schafskälte bei einem Dauerregen alle drei Jungvögel eingegangen, die im Nest in seinem Garten an der Moosstraße geschlüpft waren.

Nicht nur in Dießen, sondern am ganzen Südufer des Ammersees muss die Storchenpopulation heuer nach drei Jahren des beständigen Wachstums einen herben Rückschlag einstecken. Die unwetterartigen Regenfälle vor zwei Wochen forderten einen hohen Tribut: Von etwa 40 Küken haben höchstens zwölf überlebt. Für eine erneute Brut ist es heuer zu spät. Neun der 16 Horste in Raisting sind verwaist, im einzigen Fischener Nest haben zwei von vier Geschwistern überlebt.

Im Nest auf dem Mast an der Dießener Moosstraße wurde heuer nicht gebrütet, weil der eifrige Storchenhahn im Ort gleich zwei Horste beanspruchte. (Foto: Georgine Treybal)

Sanktjohanser überlegt in Dießen nun, im kommenden Jahr einzugreifen, sollte der Storchennachwuchs von einem Unwetter bedroht sein: "Noch einmal drei Tage zuschauen und sie eingehen lassen, mach ich nicht mehr mit." Gegebenenfalls will er auf dem Balkon seines Hauses ein Notlager mit Stroh und Wärmelampe einrichten, wo das Elternpaar Sichtkontakt zu seinen Jungen hätte und man sie mit Eintagsküken durchfüttern könnte, bis die Kältewelle vorbei ist.

Voraussetzung für eine derartige Rettungsaktion wäre jedoch, dass der Horst wieder bezogen wird, für den Sanktjohanser den 13 Meter hohen Mast an der Moosstraße aufgestellt hat. Heuer wusste dies der Storchenhahn, der mit seiner Henne eigentlich an der Herrenstraße Quartier bezog, zu verhindern: "Mit lautem Klappern und Fauchen hat er jeden Eindringling vertrieben und so zwei Horste besetzt gehalten", sagt Sanktjohanser. Vielleicht ließe sich der eifrige Revierverteidiger im nächsten Jahr mit einer Storchattrappe bluffen.

Franz Sanktjohanser und seine Lebensgefährtin Renate Alton engagieren sich seit 2012, damit Störche wieder in Dießen dauerhaft heimisch werden. (Foto: Georgine Treybal)

In Dießen gibt es noch eine dritte Nisthilfe im Gut Romenthal, wo sich 2018 und heuer Weißstörche nur vorübergehend zur Besichtigung aufgehalten haben. Im Herbst soll ein Stahlgerüst für ein weiteres Nest auf der Liebfrauenschule angebracht werden. Beim diesjährigen Schulfest werden für die Konstruktion und eine Beobachtungskamera Spenden gesammelt, "aber die baurechtliche Genehmigung ist noch nicht in trockenen Tüchern", sagt Ruben Streicher, einer der Projektbetreuer in der Mädchenrealschule.

In Dießens Nachbarort Raisting ist bereits heuer ein zusätzliches Nest hinzugekommen. Ein Storchenpaar hat es erst Mitte April ohne Nisthilfe auf einem Dach an der Pähler Straße gebaut. "Die Jungen sind wohl noch gar nicht geschlüpft", sagt Wolfgang Bechtel, der seit vielen Jahren die Weißstorchpopulation für den Landesbund für Vogelschutz beobachtet. Am kommenden Samstag will er erneut einen Blick auf das Nest werfen, wenn der Landesbund wieder zum jährlichen Storchenspaziergang einlädt: Startpunkt ist um 15 Uhr der Raistinger Bahnhof. 2018 konnten Bechtel und die Raistinger Naturschutzwächterin Christine Fritsche bei ihrer Führung gleich gegenüber der Haltestelle die seltene Beobachtung machen, wie ein Weißstorch seinen Nachwuchs tränkte. "Heuer hat leider keiner der Jungvögel rund um den Bahnhof überlebt", sagt der Herrschinger - aber es gibt ja noch sechs mit Nachwuchs besetzte Nester im Ort.

In den vergangenen Jahren wurden für die größte Storchenkolonie Südbayerns Rekord-Bruterfolge vermeldet: 2016 wurden 18, 2017 20 und 2018 28 Junge rund um Raisting flügge. In Dießen kamen nur 2017 drei Jungvögel durch - ausgerechnet in einem mittlerweile entfernten Nest an der verkehrsreichsten Kreuzung im Ort.

© SZ vom 06.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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