Eigentlich müssten sich die Sorgenfalten der vergangenen Wochen im Gesicht von Michael Grießer nun wieder geglättet haben. Nach der Pannenserie am Starnberger See sind mittlerweile wieder vier Schiffe einsatzbereit, mit der alten Berg stünden sogar fünf zum Auslaufen bereit. Doch dafür braucht es Personal. Und das steht dem Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt gerade nicht zur Verfügung: Genauer gesagt mangelt es aktuell an Schiffsführern.
"Zuletzt hatten wir gleich vier Krankheitsfälle", sagt Grießer und schiebt auf Bairisch hinterher: "Diese Saison hat auf dem Starnberger See den Teifi g'sehn." Damit spielt Grießer darauf an, dass wirklich überhaupt nichts so läuft wie geplant. Begonnen hatte die Pechsträhne der Schifffahrt eigentlich mit der MS Bayern. Wegen eines Lecks sollte sie nach der vergangenen Saison aus dem Wasser gehievt, genauer untersucht und dann repariert werden. Doch der niedrige Wasserstand machte dies monatelang unmöglich, sodass schnell klar war: Die Bayern wird die Saison 2023 auf jeden Fall verpassen.
Dann traf es im Mai das neue Aushängeschild der Seenschifffahrt auf dem Starnberger See: die voll elektrisch betriebene EMS Berg, die erst seit 2021 in Betrieb ist. Sie war wegen eines technischen Defekts auf dem Weg nach Tutzing nahe der Roseninsel auf Grund gelaufen. Es folgten weitere Pannen: Erst an der Seeshaupt, deren Motor plötzlich schlapp machte. Dann an der Starnberg, die für eine Charterfahrt auslaufen sollte, als sich die Kupplung verhakte. Das Schiff ließ sich nicht mehr steuern und prallte gegen einen Steg am Bayerischen Yachtclub.
Bei ihrem ersten realen Einsatz auf dem See - nach einwandfreien Probefahrten und einer langsam absolvierten, ebenfalls problemlosen Charterfahrt - zeigte sich der Defekt am Antrieb erneut. Mit einem schnellen Wiedereinsatz des Katamarans, der auch das größte Schiff auf dem Starnberger See ist, war also wieder nicht zu rechnen.
Und als wäre das alles nicht genug, fiel zuletzt auch noch die Bernried aus: Mitte Juni ließ sie sich plötzlich nicht mehr steuern - und das alles, obwohl die gesamte Flotte im Winter überholt worden war. Bei der Bernried und der Starnberg waren in dieser Zeit sogar die Teile erneuert worden, die sich dann in dieser Saison als defekt erwiesen. Zu all dem gesellten sich dann auch noch Lieferengpässe bei den Ersatzteilen, die Reparaturarbeiten verzögerten sich.
Und nun treten massive Personalengpässe auf. "Sie müssen wissen: Nicht jeder Schiffsführer bei uns kann jedes Schiff fahren", sagt Grießer. Das habe schon allein mit den unterschiedlichen Antrieben zu tun: Auf dem Ammersee werde mit Schrauben und Raddampfern gefahren, auf dem Starnberger See wiederum seien es Propeller, die die Schiffe zum Laufen brächten, erklärt er. "Ich kann also nicht, wenn am Starnberger See einer ausfällt, den einfach durch einen vom Ammersee ersetzen."
Reparaturen verhindern die Ausbildungen der Schiffsführer
Zudem würden Schiffsführer zu Beginn ihrer Laufbahn nur kleinere Dampfer steuern und erst nach ein paar Jahren für größere ausgebildet werden. "Und das hat heuer ja auch nicht geklappt, weil unser Personal ja dauernd im Winter mit den Reparaturen beschäftigt war", sagt Grießer. Gesellen sich dann noch krankheitsbedingte Ausfälle dazu, werde es personell sehr eng.
Deshalb hat Grießer nun eine schwerwiegende Entscheidung getroffen, obwohl die Arbeiten an den defekten Schiffen nun abgeschlossen sind: Den noch immer eingeschränkten Fahrplan auf dem Starnberger See wird sein Unternehmen bis zum Saisonende beibehalten. "Damit schaffen wir wenigstens eine Konstante für unsere Fahrgäste, damit sie nicht dauernd im Internet den gerade gültigen Plan suchen müssen", sagt er. Glücklich klingt er dabei aber nicht.