Ein Profi auf dem Trick-Roller:Plötzlich wird ihm klar: "Das will ich auch können!"

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Dominik Salcher aus Seefeld ist Scooter-Profi. Über den Sport hat der 19-Jährige die Welt entdeckt - und seine Berufung.

Von Laura Höring, Seefeld

Der Scooter wirbelt durch die Luft, so schnell, dass man ihn mit bloßem Auge kaum erkennen kann. Die Füße finden im scheinbar allerletzten Moment zurück auf die sichere Plattform. Die Umstehenden sehen fasziniert zu, immer wieder bleiben auch Passanten am Rand des neu eröffneten Skateparks in Hechendorf stehen, um zu beobachten, wie Dominik Salcher im Salto über die Rampen fliegt. Die meisten der Jugendlichen hier kennen den 19-Jährigen gut, sie begrüßen sich mit Handschlag und tauschen sich über die Tricks aus.

"Der alte Skatepark war gleich hier nebenan, aber ziemlich in die Jahre gekommen und mit weniger Möglichkeiten", erzählt der professionelle Scooterfahrer. Nachdem er sich jahrelang für die Umgestaltung und Erweiterung des Platzes am Ortsrand eingesetzt hat, ist er stolz, dass das Projekt endlich realisiert wurde: "Angefangen hat es damit, dass ich einen vernünftigen Übungsplatz in der Umgebung gesucht habe. Im Nachhinein ist es aber viel mehr als das. Ich freue mich total, dass der Park den Kids auch in den nächsten zehn Jahren zur Verfügung stehen wird." Für den 19-Jährigen, der mittlerweile weltweit auf Wettkämpfen unterwegs ist, hat hier auf dem Hechendorfer Skatepark alles angefangen. Er wuchs im Ort auf, ging am Christoph-Probst-Gymnasium in Gilching zur Schule.

Sein Hauptinteresse galt jedoch schon früh dem Sport: "Ich war mit zwei Freunden aus der Nachbarschaft super gerne hier und bin vom Skateboard über BMX alles gefahren, was ich in die Hände bekommen konnte." Er erzählt von einem Nachmittag, an dem ein Scooter-Fahrer einen "Tailwhip performt" - einen Trick, bei dem man den Scooter im Sprung um die eigene Achse dreht. Aus heutiger Sicht für den Hechendorfer "eigentlich total unspektakulär", damals war er aber "total beeindruckt". Ihm war klar: "Das will ich auch können!" Mit zehn Jahren bekam er seinen ersten eigenen Scooter. Mittlerweile gehört der Trick zu seinem absoluten Standardrepertoire.

Ein Kick rauscht durch seinen Körper, wenn er einen komplizierten Stunt schafft: Dominik Salcher trainiert zwei- bis dreimal in der Woche. (Foto: Arlet Ulfers)

Wenn der 19-Jährige den Kick beschreibt, der durch den Körper rauscht, wenn man einen komplizierten "Stunt" nach monatelanger Übung das erste Mal schafft, will man am liebsten direkt selbst auf den Scooter steigen. So einfach und elegant, wie es aussieht, ist es aber nicht. Eine Herausforderung sei, dass es im Gegensatz zu anderen Sportarten in der Scooter-Szene keine Trainer oder Vereine gibt, in die man eintreten kann. "Im Endeffekt muss man sich alles selbst beibringen. Ich habe viele Youtube-Videos geschaut und mich mit anderen ausgetauscht, die sich auch für den Sport begeistern. So wird man langsam immer besser."

Während andere ihre Jugendhobbys schnell wieder aufgaben, blieb Dominik Salcher dran. Er verbrachte viele Stunden auf den Skateparks in der Münchner Umgebung, große Verletzungen blieben aus. Erste Wettkampferfahrung sammelte er unter anderem beim Scooter- und Skater-Contest in Gilching. Dann ging es weiter durch Deutschland, nach Österreich, in die Schweiz, nach England und Nordamerika. Der Roller gehört zum Standardgepäck. Auch bei Urlaubsreisen mit den Eltern war er in den vergangenen Jahren immer mit dabei, ohne seine Ausrüstung geht Dominik Salcher nirgendwo hin. "Die Scooter-Szene ist auf der ganzen Welt präsent. Es ist richtig toll, dass man durch den Sport auch internationale Freundschaften knüpfen kann."

Die Qualifikation für die Europameisterschaft gelang dem Hechendorfer nach einem Jahr beim Schüleraustausch in Wales in der zehnten Klasse. "Viele gehen ins Ausland, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, mich haben vor allem die professionellen Skatehallen in England interessiert", erzählt Salcher und lacht. Dort habe er einen Großteil seiner Zeit verbracht und seine Fertigkeiten sehr gut weiterentwickeln können. Voraussetzung für den Einstieg als Profi war ein Sponsoring. Seit seinen ersten Erfolgen auf lokaler Ebene wird der junge Hechendorfer von einem Sportgeschäft in Gilching unterstützt, seinen zweiten Sponsor lernte er bei einem Wettkampf in San Diego kennen: den Firmengründer eines kalifornischen Scooter-Herstellers. "Der kam witzigerweise aus Rosenheim und kannte über ein paar Ecken Freunde meiner Familie." Sie hätten sich auf Anhieb "total gut verstanden", nach der Einsendung eines Stunt-Videos war Salcher im Team.

Der neue Skaterpark, für den sich der Profi eingesetzt hat, kommt bei den Jugendlichen gut an. (Foto: Nila Thiel)

Die Produktion solcher kleinen Clips brachte ihn letztlich auch zu seinem Berufswunsch: Kameramann beim Spielfilm. "Man vermarktet sich als Sportler viel durch Videos, damals über Youtube, heute läuft vieles über Instagram", erzählt der Scooterfahrer, "da hat sich eine ganz natürliche Leidenschaft entwickelt, sich intensiv mit Technik und Bildgestaltung auseinanderzusetzen." Im Alter von zwölf Jahren begann er, seine Videos selbst zu produzieren, brachte sich die notwendigen Fertigkeiten über das Internet bei. Nachdem er sich 2017 bei einem Training das Bein brach, musste er monatelang aussetzen. "Das hat mich erst mal stark demotiviert, aber ich habe mir dann einfach einen anderen Ausgleich gesucht." Er bekam erste Auftragsarbeiten, produzierte unter anderem eine Dokumentation über das Maifest in seinem Heimatort. Dieser ungebrochene Antrieb zeichnet den sportlichen Hechendorfer aus. Ihm habe es immer sehr geholfen, sich Vorbilder zu suchen und neue Ziele zu stecken, um sich selbst immer wieder herauszufordern.

Jetzt will er zum Spielfilm und ist bereits auf dem besten Weg: In den vergangenen Monaten absolvierte er ein Praktikum als Kamera-Assistent in Berlin. Er begleitete die Aufnahmen zum Kinofilm "Die Känguru-Verschwörung", der auf den Hörbüchern "Die Känguru-Chroniken" von Marc-Uwe Kling basiert. Auch ein Studium an einer Filmhochschule kann sich der 19-Jährige gut vorstellen, er freue sich über jede neue Herausforderung. Trotzdem trainiert er immer noch etwa zwei- bis dreimal die Woche, kommt auch gerne an den Skatepark nach Hechendorf. Hier kann er seine Tricks an die nächste Generation weitergeben.

© SZ vom 27.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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