Immobilien:Obermühlthal - ein Spekulationsobjekt?

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Aufgeräumt wirkt das Gelände beim Wirtshaus Obermühlthal neben der ehemaligen Bahnstation Mühltal. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Der Kulturverein "Feta Records" aus Starnberg fühlt sich in dem Bieterverfahren um das Wirtshaus betrogen. Eine angebliche Zusage des Würmtal-Zweckverbands für den Kauf soll nicht eingehalten worden sein.

Von Christian Deussing, Starnberg

Geisterhaft verwunschen wirkt der verlassene Gasthof Obermühlthal nördlich von Starnberg. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat sich auf dem Areal nichts Entscheidendes getan. Doch seit einigen Tagen präsentiert der Starnberger Luxus-Makler Oliver Herbst einem illustren Publikum das naturnahe, fast 9600 Quadratmeter große Areal - zu den Interessenten soll auch ein Münchner Event-Gastronom gehören. Allerdings hatte erst vor 14 Monaten der Unternehmer Till von Geldern-Crispendorf aus Krailling das Anwesen in einem langwierigen Bieterverfahren vom Würmtal-Zweckverband (WZV) erworben und dafür eigens eine Projektgesellschaft gegründet. Nun will aber 61-Jährige zu einem Preis zwischen 2,8 und 3,8 Millionen Euro das Grundstück inklusive Biergarten wieder verkaufen - natürlich mit möglichst hoher Gewinnspanne. Ist hier etwa ein reines Spekulationsgeschäft auf Kosten von Mitbietern abgelaufen?

Der Geschäftsmann begründet seine Entscheidung lediglich damit, dass die Kapazität des Gebäudes für seine neue Firma Bionsect doch nicht ausreiche. Und er sich schweren Herzens davon trenne. Empört reagiert jedoch der gemeinnützige Kulturverein "Feta Records" aus Starnberg auf die plötzlich neue Situation. Der Verein fühlt sich betrogen - zumindest aber brüskiert. Es sei doch höchst fragwürdig, was in dieser Sache passiert sei, sagen Simon Erdmann und Wilef Papageorgiou vom Vorstand, der nach eigenen Angaben dem Würmtal-Zweckverband eine Million Euro für das Objekt "Obermühlthal" geboten hatte. Für ihr geplantes Projekt hat der Verein den Münchner Hotelier Christian Biermann als Investor mit ins Boot geholt. Man wolle jetzt zwar "nicht nachtreten", aber das Verfahren sei schon recht merkwürdig verlaufen, sagen die unterlegenden Mitbieter. Dem Vernehmen nach soll ihr Angebot nur minimal unter dem Kaufpreis des Kraillinger Bieters gelegen haben.

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"Feta Records" hat bereits vor vier Jahren zur damaligen WZV-Vorsitzenden und Kraillinger Bürgermeisterin Christine Borst Kontakt aufgenommen, um das Gelände für kulturelle Veranstaltungen zu nutzen. Geplant war ein "Kreativzentrum" mit Werkstatt, Tonstudio, Festivals sowie Ausstellungen, Performances und ein Dancefloor am Waldrand. Borst sei die größte Fürsprecherin im Zweckverband gewesen, die man aber wegen ihrer Erkrankung und Amtsaufgabe verloren habe. Unter ihrem Nachfolger Rudolph Haux habe sich "leider der Wind gedreht", berichten die Initiatoren. Das Nutzungskonzept habe man erneut darlegen müssen und erst nach "schweren und schleppenden Verhandlungen" einen zunächst auf eineinhalb Jahren befristeten Pachtvertrag erhalten.

In Absprache mit dem Zweckverband legten die Kulturmacher mit viel Herzblut los: Sie schnitten Bäume zurück, entfernten wegen der Sicherheit morsches und totes Holz, kürzten das Efeu am alten Gebäude, prüften die Elektrik im Hause und tauschten oder modernisierten Sicherungskästen. Im Dezember 2020 wurde aber der Verein böse überrascht, als er aus der Zeitung erfahren musste, dass das Gasthaus Obermühlthal verkauft werden soll. Der Verband schaltete die BGA-Invest GmbH ein, die als Dienstleister die Kaufangebote sichtet. Damit war der Pachtvertrag, der während der Pandemie auf Eis gelegt worden war, für den Verein hinfällig.

Da sind sie noch hoffnungsvoll (von links): Wilef Papageorgiou, Simon Erdmann und Christian Biermann. (Foto: Georgine Treybal)

Trotzdem gab er vor knapp zwei Jahren ein finales Kaufangebot mit detailliertem Nutzungskonzept ab, um bald darauf zu erfahren, den Zuschlag erhalten zu haben, so der Vorstand. Euphorisch wurde diese Chance ergriffen, es wurden Gespräche mit Behörden und Prinz Luitpold von Bayern geführt, der das Schankrecht besitzt und dem das benachbarte Wiesengrundstück gehört. Im Dezember 2021 schickte BGA-Invest dem Verein die Vertragsunterlagen. Nur einige Tage später kam erneut eine Schock-Nachricht: Es hieß plötzlich, ein weiterer Bieter sei neu oder nach wie vor im Rennen. "Das traf uns vollkommen unerwartet", sagen die Initiatoren und ihr Investor Biermann. Schließlich habe man sich bereits in der "vermeintlichen Exklusivitätsphase" mit zugesichertem Zuschlag befunden. Zudem sei die Ausschreibung schon abgeschlossen gewesen, so der Verein.

Im Mai vergangenen Jahres entschied sich in nicht- öffentlicher Sitzung der Zweckverband - dem Vertreter aus den Gemeinden Krailling, Gauting, Planegg und Gräfelfing angehören - für den Anbieter Till von Geldern-Crispendorf. Er soll einen höheren Kaufpreis geboten haben, wie es damals hieß. "Damit starb unser Traum den Gasthof in würdiger Weise wiederzubeleben und das Areal öffentlich als einen Ort für Kultur und Subkultur im Landkreis Starnberg zu schaffen", klagt der Verein. Dabei habe der Zweckverband schon zu Beginn der Ausschreibung versichert, dass ein gutes Nutzungskonzept wichtiger sei als der finale Kaufpreis.

Der Pavillon steht noch im einstigen Biergarten. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dass es auch auf ein überzeugendes Konzept der Bewerber ankomme, haben die WZV-Geschäftsführung und der Verbandsvorsitzende Haux aus Krailling stets betont. Doch das Konzept des Unternehmers von Geldern-Crispendorf, der auch in Krailling wohnt, wurde nicht publik gemacht. Dies sei Sache des Eigentümers, sagte Haux, der zudem mittlerweile erklärt, erst im Bieterverfahren erfahren zu haben, dass der genannte Unternehmer in Krailling wohne.

Eben dieser Geschäftsmann soll auch am Erwerb der alten Mühle samt früherem Bäckereigebäude an der Würm im Mühltal interessiert sein - und dafür angeblich bereits im Bieterverfahren des WZV eine Zusage erhalten haben. Das dementiert jedoch Vorsitzender Haux. Eine Entscheidung treffe die Verbandsversammlung erst nach den Sommerferien. Noch im Rennen ist offenbar Franz Kaiser, Inhaber der Kaffeerösterei "Wiener's" aus Starnberg. Er will die Gebäude in eine "Wohlfühloase" mit Museumscafé verwandeln. Der 63-Jährige hat seit Jahren das Areal für seinen Kaffeekuchen-Truck gepachtet. Er hofft noch immer, dass der Zweckverband die Nutzungspläne eines Erwerbers zum Wohle der Bevölkerung höher bewertet als den Kaufpreis.

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