Mikromobilität:Schneller, flexibler, stressfreier

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Können öffentliche Leihräder die Straßen entlasten und Lücken im ÖPNV schließen? In Poing an der Station Bergfeldsee existiert bereits ein Mobilitätspunkt, wie er vom Jahr 2025 an in der ganzen Region zu finden sein könnte. (Foto: Christian Endt)

Kann ein öffentliches Fahrradverleihsystem einen Beitrag zur Verkehrswende leisten? In Starnberg ist daran durchaus Interesse vorhanden.

Von Michael Berzl und Peter Haacke, Starnberg

Seit Jahrzehnten sehnen sich die Starnberger etwas Entlastung von überbordendem Verkehr in ihrer Stadt herbei, den Stein der Weisen haben sie zu dieser Frage allerdings noch nicht entdeckt. Nun gibt es eine neue Idee, die in der gesamten Münchner Region Schule machen könnte: Geteilte Mikromobilität. Hinter dem Begriff verbirgt sich das Ansinnen, öffentliche Verkehrsmittel "schneller, flexibler und stressfreier" nutzbar zu machen. Im Klartext: Es geht um ein öffentliches Fahrradverleihsystem, kurz ÖFVS, das auch in Starnberg etabliert werden könnte: Der Stadtrat signalisierte am Montag schon mal sein unverbindliches Interesse daran.

Gemeinsam mit dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) und den acht Verbundlandkreisen Bad-Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg sowie der Landeshauptstadt München wurde eine Grundsatzuntersuchung beim "Mobility Institute Berlin" in Auftrag gegeben. Ziel der Grundsatzuntersuchung: Die Erarbeitung von Empfehlungen für "geteilte Mikromobilität mit Fokus auf die Ausgestaltung eines zukünftig gemeinsamen öffentlichen Fahrradverleihsystems".

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Unter Mikromobilität werden unterschiedliche Fortbewegungsmittel zusammengefasst: Fahrräder, Pedelecs oder E-Lastenräder, aber auch E-Tretroller oder E-Motorroller. "Geteilt" bedeutet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, ein Fahrzeug dieser Kategorien für einen bestimmten Zeitraum auszuleihen. Die Berliner Forscher sind der Überzeugung, dass "geteilte Mikromobilität einen wichtigen Beitrag für eine Mobilitätswende leisten" kann - insbesondere in Kombination mit dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der nicht alle Angebotslücken decken kann. Sollten andere Verkehrsmittel einmal ausfallen, "bilden die geteilten Fahrzeuge eine verlässliche Alternative", heißt es in der Beschlussvorlage für den Starnberger Ferienausschuss.

Das Gremium zeigte Einigkeit darin, dass das Angebot im Grundsatz nicht uninteressant sei - auch wenn das Vorhaben noch ganz am Anfang steht. Angepeilt werden nun - nach Absprache mit den beiden Starnberger Verkehrsreferenten - sieben "Mobilitätspunkte"; das Mobility Institute hatte elf empfohlen. Jeder Standort soll auf Empfehlung der Stadtverwaltung mit jeweils vier Pedelecs und einem E-Lastenrad ausgestattet werden. Die einmalige Investition zur Einrichtung der sieben Stationen soll insgesamt voraussichtlich 61600 Euro kosten, die jährlichen Betriebskosten betragen je Pedelec 1000, für das Lastenrad 2000 Euro - macht insgesamt zunächst 103 600 Euro. Standorte könnten sein: Bahnhof See und Nord, Söcking, Angerweide, Percha, Waldspielplatz/Wiesengrund und Emslanderstraße.

Gilching und Gauting probieren es schon aus

Ob es tatsächlich was wird mit den Fahrradverleihstationen in Starnberg bleibt abzuwarten: Für die weitere Bearbeitung der Ausschreibung soll zunächst ein Mengengerüst pro Kommune erstellt werden. In Form eines "Letters of Intent" (LOI) wird die voraussichtliche Zahl der Räder, der Pedelecs, der Stationen sowie das gewünschten Startjahr ans Landratsamt durch die Kommunen übermittelt - eine unverbindliche Absichtserklärung. Verbundlandkreise, Mobilitätsreferat, MVV und MVG erstellen derzeit in Rücksprache mit den Kommunen eine Leistungsbeschreibung auf Basis der Ergebnisse der Grundsatzuntersuchung und des Mengengerüsts durch die Angaben im LOI. Im September 2023 soll der Rahmenvertrag durch eine zentrale Institution ausgeschrieben werden, für Januar 2024 ist die Zuschlagserteilung angesetzt. Der Start des ÖFVS ist für das dritte Quartal im Jahr 2025 geplant.

Bisher probieren zwei Gemeinden im Landkreis das MVG-Leihrad aus; die Stationen gibt es in Gilching und Gauting beim Bahnhof und bei der Asklepios-Klinik. Zwei Jahre nach dem Start sind zumindest die Gautinger in finanzieller Hinsicht zurückhaltend. Ob die Gemeinde auch künftig Geld für dieses Mietmodell beisteuert, ist ungewiss. Der Ferienausschuss hat jedenfalls in dieser Woche mit großer Mehrheit gegen eine feste Finanzierungszusage zum jetzigen Zeitpunkt gestimmt. Der Vertrag für die beiden Stationen läuft im Februar 2025 aus. Die Kosten beliefen sich nach Angaben der Verwaltung im vergangenen Jahr auf knapp 11000 Euro. Einstimmig hat sich der Ausschuss aber dafür ausgesprochen, dass sich die Gemeinde Gauting an den Vorbereitungen für ein landkreisweites Mobilitätskonzept beteiligen soll, wenn entsprechende Grundlagen vorliegen. Das entspricht etwa der Haltung in Starnberg. Das MVG-Rad wird aber ohnehin durch das neue Mobilitätskonzept abgelöst.

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