Fünfseen-Filmfestival:Beklemmender Appell

Lesezeit: 2 min

Vor der Schloßberghalle gibt die Regisseurin Maria Schrader Autogramme und macht Selfies mit Filmfans. (Foto: Nila Thiel)

Regisseurin Maria Schrader präsentiert als Ehrengast ihren Film "She Said" in Starnberg. Das Werk über die Recherchen von zwei Journalistinnen zu den sexuellen Übergriffen des Produzenten Harvey Weinstein ist detailgetreu und beeindruckend.

Von Katja Sebald, Starnberg

Die Programmänderung sorgte am Sonntagnachmittag für einige Verwirrung und bei manchen auch für Unmut: Die Regisseurin Maria Schrader, Ehrengast auf dem Fünfseen-Filmfestival, hatte ihren Besuch um einen Tag verschoben, deshalb lief, anders als ursprünglich geplant, in der Schlossberghalle ihr jüngster Film "She Said". Mit einer weiteren Verspätung, sie hatte draußen noch Autogramme gegeben und sich fotografieren lassen, kam Schrader zum Filmgespräch auf die Bühne - und eroberte sofort alle Herzen.

Der unglaubliche Erfolg ihrer Netflix-Verfilmung von "Unorthodox" sei eigentlich auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, die 70 Millionen Zuschauer innerhalb der ersten Wochen seien "dem Algorithmus" zu verdanken. Mehr Bescheidenheit geht eigentlich gar nicht. Aus ihrem Mund klingt es so, als sei auch der Primetime Emmy, den sie für ihre Regiearbeit erhielt, eher ein Zufall gewesen. Und als habe man sie nur wegen der inhaltlichen Verwandtschaft zu "Unorthodox" gefragt, ob sie die Geschichte der beiden Journalistinnen Jodi Kantor und Megan Twohey über ihre Enthüllungen zu Harvey Weinstein verfilmen wollte.

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"Ich wollte gar nicht unbedingt nach Hollywood", sagt Schrader. Man muss sie für diesen Satz einfach mögen. Sie sei schon an Bord gewesen, bevor Universal als Studiopartner bekannt wurde. "Und dann wurde es ein richtiger Studiofilm mit unglaublichem Budget." Wegen der Pandemie habe sie erst im letzten Moment in die USA einreisen können, "ein Albtraum". Besonders eindrücklich seien dann für sie die Drehtage im August 2021 in den seit dem ersten Lockdown verwaisten Redaktionsräumen der "New York Times" gewesen: "Es war gespenstisch, fast wie in Pompeji."

"She Said" erzählt von der Recherchearbeit der beiden Journalistinnen der "New York Times", die im Oktober 2017 mit ihren Artikeln die Vorwürfe mehrerer Frauen gegen den Filmproduzenten Harvey Weinstein wegen sexueller Belästigung öffentlich machten und so die #MeToo-Bewegung auslösten. Weinstein habe mit allen Mitteln versucht, den Film zu verhindern, berichtet Schrader. Im Film wird auch von Drohanrufen berichtet. "Aber hier geht es nicht mehr um die Faszination für Täter", betont sie. "Weinstein ist nicht wichtig." Vielmehr sei es ihr darum gegangen, zu zeigen, wer diese beiden Journalistinnen waren: "Der Film erzählt das, was wir eigentlich nicht wissen."

Festivalleiter Matthias Helwig freut sich über den Auftritt von Ehrengast Maria Schrader. (Foto: Nila Thiel)

Insbesondere die Szenen, in denen Frauen über Weinsteins Übergriffe berichten, seien eng mit den Betroffenen abgestimmt worden. Die beklemmende Schilderung einer solchen erniedrigenden Situation beruht detailgenau auf dem Bericht der ehemaligen Mitarbeiterin von Weinstein. Diese Szene in einem Londoner Hotel sei die längste im ganzen Film, sagt Schrader. Und sie gehört mit Sicherheit zu den Szenen, in denen der Film noch weit mehr ist, als es die Enthüllungsartikel und das Sachbuch waren: Vielmehr ist Schraders Werk eine eindringliche Botschaft an Mädchen und Frauen, nicht aus Angst und Scham schweigen zu müssen, sondern durch Solidarität etwas verändern zu können.

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