Starnberg:Bedingt einsatzbereit

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Eine funktionierende Feuerwehr ist unverzichtbar für Kommunen und Städte, hat aber ihren Preis. Die Retter in Starnberg - hier beim Brand eines Gerätelagers beim TSV Perchting-Hadorf - stehen vor einem Strukturwandel. (Foto: Feuerwehr)

Jahrzehntelang hat sich die Kreisstadt auf die Freiwillige Feuerwehr verlassen können, doch der fehlt es an Personal. Jetzt sollen Hauptamtliche ran. Der B2-Tunnel und die übrigen Großprojekte spielen dabei vorerst keine Rolle.

Von Peter Haacke, Starnberg

Bei der Starnberger Feuerwehr schwelt es - das jedoch allein im übertragenen Sinn. Seit Jahren schon plagt die freiwilligen Feuerwehrler, die eine Pflichtaufgabe der Stadt wahrnehmen, stets das gleiche Problem: Sie sind personell chronisch unterbesetzt, derweil wachsen Anzahl der Einsätze, Aufgabenfülle und Anforderungen. Seit 2022 existiert ein Feuerwehrbedarfsplan für die Kreisstadt und ihre Ortsteile, der alle Erfordernisse penibel auflistet. Doch die Umsetzung dieses millionenschweren Vorhabens auf einen Schlag ist quasi unbezahlbar. Die Stadt hat daher Oberbranddirektor Wolfgang Schäuble, Chef der Münchner Berufsfeuerwehr, mit der Suche nach kostengünstigeren Lösungsoptionen für die Stadt beauftragt. Die scheint es auch zu geben - allerdings nur, sofern man den B2-Tunnel und andere Großprojekte der Stadt vorerst unberücksichtigt lässt.

Der vor zwei Jahren veröffentlichte Feuerwehrbedarfsplan "Forplan" listet auf 152 Seiten erheblichen Verbesserungsbedarf bei den insgesamt acht Starnberger Ortswehren auf. Insbesondere im Hinblick auf den Bau des B2-Tunnels, der kaum vor 2034 fertiggestellt sein dürfte, ergibt sich demnach Handlungsbedarf. Eine teure Angelegenheit, denn das Papier empfiehlt auch die Gründung einer knapp 50-köpfigen Berufsfeuerwehr, die allein rund 2,5 Millionen Euro pro Jahr an Personalkosten verschlingen würde. Hinzu kommen Ausrüstung und Spezialfahrzeuge, wünschenswert wäre grundsätzlich auch der Neubau einer Feuerwache.

Das Papier rief "ein ambivalentes Echo" hervor, sagte Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) am Donnerstag im Projektausschuss für Feuerwehr- und Rettungsdienstangelegenheiten. Die grundsätzliche Diagnose des Bedarfsplans, der zahlreiche Unzulänglichkeiten auflistet, sei "leider sehr zutreffend". Gleichwohl weiß Janik, dass die Mängel angesichts einer finanziellen Schieflage der Stadt eben auch nicht auf die Schnelle zu beheben sind. Zudem will die Stadt laut Janik auch keine "Axt an die Wurzel der Freiwilligen Feuerwehr" legen, die in Starnberg im Vorjahr rund 400 Mal ausrückte.

Doch wie sichert man den Erhalt der ehrenamtlichen Struktur der Feuerwehren? Wie kann gewährleistet werden, dass die Wachen tagsüber, nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen in ausreichender Personalstärke besetzt sind? Wie können Hilfsfristen bei Einsätzen eingehalten werden? Sind kleinere Feuerwehren in den Ortsteilen, die teils auf lange Traditionen zurückblicken, rund um die Uhr überhaupt noch handlungsfähig? Diese und andere Fragen versuchte Oberbrandmeister Schäuble am Donnerstag in seinem Kurzreferat verständlich zu bündeln.

Oberbranddirektor Wolfgang Schäuble, Chef der Berufsfeuerwehr München. (Foto: Florian Peljak)

So viel ist klar: Die Vorschriften für das Feuerwehrwesen lassen wenig Interpretationsspielraum zu. Mindestens sechs, besser aber neun Feuerwehrleute braucht es bei einem Einsatz, eine Vorschrift des Innenministeriums. Im Idealfall sind die Besatzungen dreifach vorhanden, doch davon können manche Feuerwehren nur träumen. Die meisten bekommen mit Müh und Not eine Zweifachbesetzung hin, einige wenige nicht mal das. "Besatzungsstärken lassen sich nicht beliebig zerfasern", sagte Schäuble, "ein erhebliches Problem in manchen Ortsfeuerwehren." Etwa in Hanfeld: Als Konsequenz aus der permanenten Unterbesetzung wurden die Hanfelder der Söckinger Feuerwehr angegliedert. Geringfügig besser sieht es in den Ortsteilen Leutstetten, Percha und Perchting aus - aber nur nachts und an Wochenenden. Auf 84 Mann ist die Starnberger Wehr mittlerweile angewachsen, erforderlich wären 135 Kräfte. Nimmt man die Ortswehren hinzu, wären es 350 Feuerwehrleute, 2022 aber lag die Ist-Stärke bei 223 Mann. Grundsätzliches Problem: Viele Mitglieder der Feuerwehren arbeiten auswärts und stehen tagsüber im Alarmfall nicht zur Verfügung. Eine weitere Zusammenlegung von Feuerwehren - Percha (mit Starnberg), Leutstetten (mit Wangen) und Perchting (mit Hadorf) - wäre daher auch aus Kostengründen denkbar.

Problematisch ist laut Schäuble zudem der teils unzureichende Ausbildungsstand. Erforderlich wären Eignungsuntersuchungen sowie Qualifizierung von Atemschutzgeräteträgern, Gruppenführern und Maschinisten. Überdies sei die Gewinnung und Ausbildung aktiver Feuerwehrleute als Daueraufgabe zu begreifen. Doch wie wäre das zu schaffen? Schäuble schlug Rekrutierungsmaßnahmen und gezielte Ansprachen bei Neubürgern vor, einen Flyer oder ein Feuerwehrgrundstück am See auch für Angehörige, das den Job im Sommer attraktiver machen könnte. Frauen sind im aktiven Dienst bei der Feuerwehr ohnehin unterrepräsentiert. Bis 1. Juli 2025 haben die Ortsfeuerwehren nun Zeit, sich personell auf den Soll-Stand zu bringen.

Eine hauptamtliche Feuerwehr mit sechs Einsatzkräften würde 750 000 Euro jährlich kosten

Eine Lösung des personellen Dilemmas könnte laut Schäuble für Starnberg eine hauptamtliche Feuerwehr mit sechs Einsatzkräften sein, die von Montag bis Freitag (6 bis 18 Uhr) im Dienst wäre. Unter Berücksichtigung von Ausfallzeiten, Urlaub, Krankheit und Fortbildung wären demnach insgesamt 15 Stellen zu schaffen, was die Stadt jährlich etwa 750 000 Euro kosten dürfte. Unter Änderung der Alarmstrukturen könnten in Kooperation zwischen Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr "Kleinalarmgruppen" gebildet werden, die erwartungsgemäß zu zirka 80 Prozent im Einsatz wären - ein Mischansatz, der gleichermaßen den Brandschutz nach gesetzlichen Vorgaben gewährleisten und die von der Stadt überaus geschätzten Ehrenamtler bei Laune halten würde.

Die nun vorliegenden Überlegungen berücksichtigen jedoch nur den Ist-Zustand, der noch durch frische Zahlen aktualisiert werden soll. Vor allem der Bau des B2-Tunnels, aber auch des "Moosaik" im Norden der Stadt oder der geplante Ausbau des Gewerbegebiets Schorn spielen dabei bislang aber keine Rolle. "Der häufig beschriebene Tunnel der B2 findet als Gefahr keine Berücksichtigung", schreibt Schäuble, "da weder Bau noch Fertigstellung unmittelbar bevorstehen". Ein Umstand, der die Sache aktuell zwar ungemein erleichtert, perspektivisch aber mit Sicherheit wieder auf den Stadtrat zukommen wird. Ohnehin sollte der Feuerwehrbedarfsplan mindestens alle fünf Jahre fortgeschrieben werden, schlug Schäuble vor.

Der Ausschuss, der sich noch im Mai ein weiteres Mal ausgiebig mit der Angelegenheit befassen wird, nahm den Vortrag einhellig zur Kenntnis; bis dahin ist auch die Meinung der örtlichen Kommandanten gefragt. Abschließend wird der Stadtrat über die weitere Entwicklung der Starnberger Feuerwehren beraten.

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