Politik in Starnberg:Der Feuerwehr fehlen 60 Leute

Politik in Starnberg: Bei einem Tag der offenen Tür zeigt die Starnberger Feuerwehr, wie im Notfall Personen aus oberen Stockwerken von Wohnhäusern gerettet werden können. Fast 270 Einsätze haben die ehrenamtlichen Helfer im Jahr.

Bei einem Tag der offenen Tür zeigt die Starnberger Feuerwehr, wie im Notfall Personen aus oberen Stockwerken von Wohnhäusern gerettet werden können. Fast 270 Einsätze haben die ehrenamtlichen Helfer im Jahr.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Ein externer Berater stellt im Stadtrat den Feuerwehrbedarfsplan für die kommenden fünf Jahre vor und empfiehlt der Stadt hauptamtliche Einsatzkräfte - auch, um Einsätze im B2-Tunnel abdecken zu können.

Von Linus Freymark

Es ist 19.51 Uhr am Donnerstagabend, als plötzlich der Alarm losgeht. Die Männer und Frauen springen von ihren Sitzen auf und hasten zum Ausgang. Überall piepst es, dazu donnern die Stiefel auf den Boden. Wenige Minuten später hört man von draußen die Sirenen. Die Freiwillige Feuerwehr ist zu einem Einsatz ausgerückt - und das mitten in der Sondersitzung des Starnberger Stadtrats, in dem es um den Bedarf der Feuerwehr für die kommenden fünf Jahre geht.

Um diesen zu ermitteln, hat die Stadt die Bonner Firma Forplan Dr. Schmiedel GmbH aus Bonn beauftragt. Am Donnerstagabend präsentierte nun Prokurist Markus Hasch die Ergebnisse der Auswertungen und Befragungen und stellte deutlichen Handlungsbedarf fest. Denn bislang erreichen die acht Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet zwar in knapp 70 Prozent der Fälle den Einsatzort in den angestrebten achteinhalb Minuten - jedoch sollte diese Zeitvorgabe in 90 Prozent der Fälle eingehalten werden. Den ehrenamtlichen Feuerwehrleuten ist dafür natürlich kein Vorwurf zu machen, die Männer und Frauen, die mitunter 24 Stunden in Bereitschaft sind, rücken aus, so schnell, sie können. Doch die Wege von den Wohnungen und Arbeitsstätten seien teilweise zu weit, konstatierte Hasch. Hinzu kommt der Starnberger Stadtverkehr, der besonders tagsüber sehr dicht sei - also genau dann, wenn nach Haschs Auswertung die meisten Einsätze geschehen.

Zudem kommen auf die bislang hauptsächlich ehrenamtlichen Feuerwehrkräfte in Zukunft weitere Aufgaben zu: Durch den Bau des B2-Tunnels kommt ein weiteres "Schutzziel", wie es im Feuerwehrjargon heißt, wodurch laut Hasch zusätzliche Ressourcen notwendig werden. Zudem seien mit den knapp 170 Freiwilligen zu wenige Menschen in der Feuerwehr aktiv, notwendig seien in etwa 230 Kräfte. Schließlich seien nicht alle Ehrenamtlichen auch wirklich immer verfügbar. Um den Bedarf zu decken, ist laut Hasch deshalb auch die Einstellung zusätzliche hauptberuflicher Feuerwehrkräfte notwendig. Denn allein die Freiwillige Feuerwehr Starnberg ist schon jetzt mit durchschnittlich fast 270 Einsätzen pro Jahr im Zeitraum zwischen 2018 bis 2020 stark gefordert. "Das ist wirklich viel für einen rein ehrenamtlichen Standort", so Hasch. Neben zusätzlichem Personal empfahl der Experte zur Kosteneinsparung und Steigerung der Effizienz die Zusammenlegung mehrerer Wachen, sodass es in Zukunft nur noch fünf statt bisher acht Feuerwehrhäuser geben solle.

In einer anschließenden ersten Diskussion über die Empfehlungen des externen Gutachters wurde schnell ein Dilemma deutlich: Zwar bestritt keines der Gremiumsmitglieder, dass eine sachgerechte Organisation und Ausstattung der Feuerwehr unabdingbar ist, erst recht, wenn es sich bei den Feuerwehrleuten um Ehrenamtliche handelt, die man so gut es eben geht unterstützen sollte. Angesichts des klammen Haushalts, der im Vorfeld seiner Verabschiedung bereits zu erhitzten Diskussionen geführt hatte, dürfte es jedoch nahezu unmöglich werden, der Feuerwehr sämtliche im Bedarfsplan aufgeführten Mittel zukommen zu lassen. Man werde es sich nicht leisten können, den Plan "Punkt für Punkt durchzusetzen", stellte dann auch Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) klar. Man werde sich mit Blick auf die Finanzen "der ein oder anderen unangenehmen Wahrheit" stellen müssen. Auch die Stadträte forderten, die Bedarfsliste zunächst zu priorisieren und davon ausgehend dann die Mittel zur Verfügung zu stellen, die der Haushalt sie eben zulässt. Auch soll geprüft werden, inwieweit man im Zuge des Tunnelbaus auf Förderungen des Freistaats hoffen darf. Zudem sollen nach einem angenommenen Antrag der CSU weitere Expertenmeinungen zum Bedarf eingeholt werden, etwa von anderen Städten und dem Staatlichen Bauamt. Weitergehende Beschlüsse wurden indes nicht gefasst, der Bedarfsplan wurde vom Gremium lediglich zur Kenntnis genommen.

Die Feuerwehrleute waren während der Diskussion zu einem Großteil bereits wieder auf ihre Plätze im Zuschauerbereich zurückgekehrt. Der Einsatz - glücklicherweise war er nicht dramatisch.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: