Wirtschaft:Der Bierkönig von Starnberg

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Auf Expansionskurs: der Starnberger Brauhaus-Chef Florian Schuh. (Foto: Nila Thiel)

Florian Schuh hat erst 2021 seine neue Brauerei in Feldafing in Betrieb genommen. Zehn Millionen Euro hat diese Investition verschlungen. Nun will er in Schorn eine zweite, noch größere Produktionsstätte errichten. Wie macht er das?

Von Astrid Becker, Starnberg

Die Stühle in seinem Besprechungsraum waren das letzte, was geliefert worden ist. Bei einer recht bekannten Möbelhauskette habe er sie gesehen und gekauft. Ein Schnäppchen, verrät er: "Ich bin ein Sparfuchs". Das sagt Florian Schuh, ein 57-jähriger Mann, der in den vergangenen sieben Jahren sehr viel Geld ausgegeben hat. Zum Beispiel für sein "Starnberger Brauhaus" im Feldafinger Gewerbegebiet Wieling: etwa zehn Millionen Euro. Und nun, noch nicht einmal ein Jahr nach Inbetriebnahme, streckt der Unternehmer schon wieder seine Finger nach einem Grundstück aus, um dort eine weitere Braustätte zu errichten: nach dem Postgelände im Starnberger Gewerbegebiet Schorn. Immerhin nach einem Areal, das mit seinen mehr als 40 000 Quadratmetern zwanzig Mal so groß ist wie sein jetziges Braugelände in Wieling.

Allein dieser Umstand dürfte bei so manch etablierter Brauerei eine Gänsehaut erzeugen. Denn Schuh ist eigentlich ein Newcomer in der Getränkewelt. Also keiner, der vor 2015 in irgendeiner Form öffentlich als Bierproduzent in Erscheinung getreten ist. Das gibt er auch unumwunden zu: "Ja, ich bin ein Quereinsteiger." Aber offenbar einer mit Erfolg, wenn man sich die junge Geschichte seines "Starnberger Brauhauses" so anschaut. Im Januar 2015 gründet er die Starnberger Brauerei, damals noch mit Karl-Heinz Krawcyk, und will damit an ein Brauhaus anknüpfen, das es bis 1897 in der heutigen Kreisstadt gegeben hatte. Doch dort lässt er sich in Ermangelung geeigneter Grundstücke nicht nieder, sondern startet seine Bierproduktion zunächst in Höhenrain in der Gemeinde Berg. Die Immobilie ist nur gemietet, deshalb sucht Schuh weiter nach einem Grundstück für den Neubau seiner Brauerei. Fündig wird er schließlich in Wieling. Auf einem etwa 2000 Quadratmeter großen Areal erbaut er eine Brauerei mit einer Produktionskapazität von 80 000 Hektolitern, zehn Mal so viel, wie er einst in Höhenrain hergestellt hat. "Wir könnten sogar noch mehr in Wieling machen", sagt Schuh. Aber eben nur in der Theorie: Denn nachgebessert werden müsste dann in Sachen Emissionsschutz. Vor allem aber bräuchte Schuh mehr Wasser. Und das hat er nicht.

Die Wasserleitung hat lediglich den Durchmesser einer gewöhnlichen Haushaltsleitung. (Foto: Nila Thiel)

Zum Beweis für diese Aussage zeigt einem Schuh eines der Herzstücke, ohne die Bier niemals gebraut werden könnte. Das Rohr, durch das eine der wichtigsten Zutaten, eben das Wasser, in seine Brauerei fließt. Und dieser Anblick wirkt selbst auf einen Laien äußerst kurios: Das gute Ding, also der Wasseranschluss, ähnelt im Durchmesser dem, an den Privatmenschen ihren Gartenschlauch befestigen. Die Rohre dahinter weisen hingegen eher unternehmerische Ausmaße auf mit ihren geschätzten acht Zentimetern Durchmesser. "Besser kann man unser Problem nicht dokumentieren", so Schuh.

Dass die Wassermenge nicht allzu üppig ausfallen würde in Wieling, das war von Anfang an klar. "Nur, dass es am Ende immer weniger werden würde, was bei uns ankommt, das nicht." Aber Schuh sagt, er habe gar keine andere Wahl gehabt, als dort seine Brauerei zu errichten: Der Mietvertrag in Höhenrain ist wegen der Auseinandersetzungen mit seinem früheren Geschäftspartner ausgelaufen, ein anderes Grundstück als Wieling stand nicht zur Verfügung. Derzeit stehe er aber in Verhandlungen, vielleicht doch noch ein wenig mehr Wasser über eine Tutzinger Leitung zu bekommen. "Wir können mit der Menge, die wir haben, nur an drei Tagen in der Woche produzieren."

Auf dem jetzigen Gelände der Post im Starnberger Gewerbegebiet Schorn sollte die neue Brauerei entstehen. (Foto: Nila Thiel)

Zu wenig für einen, der Großes vorhat - und Großes bereits eingetütet hat. Für das Gelände inStarnberg - "nennen Sie es eine Rückkehr zu dem Ursprung" - hat er eine Option, über Baurechte steht er mit der Stadt in Verhandlung. Schuh will die bereits bestehenden Postgebäude erhalten und nur im hinteren Teil des Grundstücks ein Baurecht für etwa 20 Gärtanks mit 18 Metern Höhe. Die Anwohner würden von seiner Brauerei profitieren - durch weniger Lärm: "Bierlaster fahren nun einmal weniger als Postlaster." Entsprechende Gutachten und Untersuchungen dazu seien in Vorbereitung.

Und er will weiter wachsen, wenn er den Zuschlag für Starnberg bekommt: In Wieling künftig nur seine Nebensorten, das heißt Weißbier , Seenator und Spezial brauen, in Starnberg dann nur Helles. In beachtlicher Menge. Anfangs soll diese auf 250 000 Hektoliter pro Jahr ausgerichtet sein, mittelfristig dann auf 500 000 Hektoliter pro Jahr ausgeweitet werden - womit er sich dann durchaus zu den größeren Brauereien Deutschlands zählen dürfte.

Florian Schuh kooperiert im Vertrieb mit der Krombacher Brauerei

Doch jede Investition kostet auch Geld, in diesem Fall sogar sehr viel Geld. Wie macht ein ursächlich kleiner Brauer das? Innerhalb von nur sieben Jahren derart zu wachsen? Fragt man Schuh das, umspielt ein feines Lächeln seine Lippen: "Wissen Sie, mir geht es recht gut. Und der Familie Schadeberger ja auch." Der Familie Schadeberger gehört die Krombacher Brauerei einer der größten deutschen Bierhersteller. Und über eine Verwaltungsgesellschaft hält die Familie mittlerweile zehn Prozent der Gesellschafteranteile am Starnberger Brauhaus. Viel wichtiger für Schuh selbst ist aber die Vertriebskooperation, die er mit den Krombachern für den Norden Deutschlands geschlossen hat: "Solche Vertriebsmöglichkeiten haben wir ja rein personell gar nicht", sagt der Starnberger Brauherr. Langsam habe er dadurch wachsen können, und, weil er sich damit auf den Handel konzentriert hat, auch während der Pandemie profitiert: "Von 2020 auf 2021 haben wir mehr als 20 Prozent mehr Umsatz generieren können."

Vor diesen Hintergründen wird klar, dass jemand wie Schuh auch eine zweite Braustätte stemmen könnte. Zumal bayerisches Helles im Trend liegt: Bundesweit verzeichnete die Branche allein in den ersten zehn Monaten vergangenen Jahres Zuwächse in diesem Segment von knapp 14 Prozent im Handel. Helles ist also der Gewinner im Land. Und der Namenszusatz Starnberg? Da hat Schuh auch eine schnelle Antwort parat: "Der trägt sicher dazu bei."

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