Hochbelastet sind die Zufahrtsstraßen der Kreisstadt Starnberg, Nadelöhr ist die Bundesstraße 2. Der Bau eines Tunnels ist beschlossene Sache, eine Reihe vorbereitender Arbeiten ist bereits erfolgt. Doch der Weg bis zur Fertigstellung dieses Jahrhundertbauwerks, das bis zu seiner Vollendung im nächsten Jahrzehnt voraussichtlich mehr als die zuletzt veranschlagten 320,5 Millionen Euro kosten wird, ist noch lang.
Nächster Schritt ist in vier Monaten der Ersatzneubau der Bahnbrücke über die Bundesstraße: Von Donnerstag, 24. August, bis Mittwoch, 6. September, soll die B2 im Bereich zwischen Gautinger und Leutstettener Straße komplett gesperrt werden. Der Durchgangsverkehr fließt dann über die Petersbrunner und äußere Leutstettener Straße. Damit nicht genug: Auch die Staatsstraße 2063 - die Verbindung durchs Mühlthal zwischen Starnberg und Gauting - ist von Mitte Juni bis voraussichtlich Ende September gesperrt. Und im Herbst könnte es mit der Hanfelder Straße weiter gehen. Schon jetzt ist klar: Im Hinblick auf die Verkehrsbelastung wird sich die Stadt monatelang im Ausnahmezustand befinden. Es kündigt sich ein Starnberger Spätsommer der Staus an.
Die ärgsten Feinde einer ausgeklügelten Planung sind die bösen Überraschungen: Diese Erfahrung machen derzeit die Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts Weilheim. Kaum hat man die Lösung für ein Problem gefunden, schon taucht das nächste auf - in diesem Fall die Staatsstraße 2063, einzige direkte Verbindung zwischen Starnberg und Gauting. Die Uferböschung neben der Würm bröckelt, schon seit Monaten wird der Verkehr einspurig und ampelgeregelt an dieser Stelle durchgeleitet. Die Böschungssanierung ist unaufschiebbar - und sie fällt exakt in den Zeitraum der Brückenerneuerung. Das dürfte die Verkehrssituation in der Kreisstadt nicht gerade entspannen, denn die Umleitung nach Gauting führt über Tutzinger-Hof-Platz und Hanfelder Straße zum Waldkreisel nach Königswiesen.
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Doch auch die Hanfelder Straße ist dringend sanierungsbedürftig. Zwar hat die Stadtverwaltung erst kürzlich in Eigenregie den Fahrbahnbelag in Teilbereichen abschleifen lassen, um die von Fahrzeugen verursachte Geräuschentwicklung durch Bodenwellen zu mindern. Doch womöglich muss auch der Abwasserverband das veraltete Rohrleitungssystem im Untergrund erneuern. Das Vorhaben muss also sorgsam abgestimmt sein und wird auch nicht auf die Schnelle erledigt sein. Bestenfalls im Herbst, sobald die Arbeiten im Würmtal abgeschlossen sind, könnten die Bauarbeiten auf der Hanfelder Straße starten - sofern Staatliches Bauamt und Abwasserverband in Abstimmung mit der Stadt Starnberg hierfür auch die erforderlichen Kapazitäten haben.
Der Probelauf mit geänderter Verkehrsführung findet voraussichtlich erst im Jahr 2024 statt.
Keine Rede mehr ist derweil von einem vierwöchigen Probelauf, der eigentlich schon im März hätte stattfinden sollen: Um einen Verkehrskollaps während der Tunnelbauphase zu verhindern, hatte das Staatliche Bauamt dieses Frühjahr probeweise eine Änderung der innerstädtischen Verkehrsführung in Starnberg vorgesehen, um daraus entscheidende Kenntnisse zu gewinnen. Vorgesehen war unter anderem die Vollsperrung der inneren Leutstettener Straße, der Entfall der Möglichkeit des Linksabbiegens von der B2 in die Josef-Jägerhuber-Straße sowie - in Gegenrichtung - von der Wittelsbacherstraße auf die B2 in Richtung Weilheim und Hanfeld. Doch das Experiment muss verschoben werden. Grund: Die Reduzierung der Fahrstreifen auf der B2, die wegen des Brückenneubaus notwendig geworden war. Wann der einmonatige Stresstest nun nachgeholt werden soll, ist bislang unklar. Wahrscheinlich ist - nach Absprache zwischen Staatlichem Bauamt und Stadt Starnberg - eine Verschiebung des Termins ins Jahr 2024. "Der Probebetrieb kann nur stattfinden", bestätigte Tunnel-Teamleiter Lukas Schulte vom Staatlichen Bauamt, "wenn wir einen ungestörten Verkehrsablauf haben".
Staatliches Bauamt, Deutsche Bahn und die Stadt Starnberg konzentrieren sich derweil auf den Ersatzneubau der Bahnbrücke: Sie wollen sich in den nächsten Wochen "zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit laufend abstimmen und gemeinsame Pressemitteilungen versenden". Anfang März fand bereits eine erste große Besprechung im Starnberger Landratsamt statt, weitere sollen folgen. Teilnehmer neben Stadt, Bauamt, Bahn und Kreisbehörde waren Vertreter von Regionalverkehr Oberbayern und DB Regio, Münchner Verkehrsverbund, Gemeinde Gauting, Polizei und die bauausführende Firma. Die Themen: Verkehrskonzepte, Knotenpunkte, Umfahrungen, Schienenersatzverkehr, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
"Mit weiteren geplanten Besprechungen wird der Ablauf immer feiner abgestimmt", teilt das Staatliche Bauamt aktuell mit, Vorbereitungen und Ausarbeitungen für die Vollsperrungen laufen auf Hochtouren. Die Bevölkerung aber wird gebeten, "von Rückfragen vorerst abzusehen": Detaillierte Infos soll es erst im Juni geben. "Bis dahin wird um Geduld gebeten", heißt es in der Pressemitteilung, "da es sich um eine sehr umfangreiche Maßnahme mit zahlreichen Beteiligten handelt". Ob es bis dahin noch weitere Überraschungen geben wird, bleibt abzuwarten.