Prämierte Häuser:Dem Ortsbild zuliebe

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Der Schondorfer Kreis hat das neue Mehrfamilienhaus an der Sonnenleite 3 mit dem Architekturpreis als "gelungen" ausgezeichnet. Im Bild (von links): Peter Cornelius Mayer-Tasch, die Bauherren Ursula und Thorsten Bosch, Dorothee Mayer-Tasch und Andreas Kloker. (Foto: Leopold Ploner)

Mit Preisen für behutsame Sanierungen honorieren die Gemeinden am Westufer des Ammersees das denkmalschützerische Engagement von Bauherren. In Dießen und Schondorf wurden erstmals Neubauten ausgezeichnet, die sich gelungen in die Umgebung einfügen.

Von Armin Greune, Dießen

Dießen war der Vorreiter: Seit 40 Jahren werden in der Marktgemeinde Bauherren ausgezeichnet, die bei einer Sanierung mit der Substanz und dem Ortsbild behutsam umgegangen sind. Ungeachtet des Titels "Haus des Jahres" vergibt der dortige Heimatverein die damit verbundenen Urkunden und Plaketten in unregelmäßigen Abständen, mittlerweile gute 30 Mal.

Die nördlich angrenzenden Ammersee-Kommunen sind dem Beispiel gefolgt; in Utting lässt sich die Gemeinde die Ehrung sogar ein Sümmchen kosten. In Schondorf wiederum widmet sich wie in Dießen seit 2017 ein Kulturverein dieser Aufgabe. Gerade erst hat der Schondorfer Kreis wieder seinen Gestaltungspreis "gelungen" vergeben und konnte dabei ein Novum vermelden: Nach vier Renovierungen ging die Auszeichnung erstmals an ein komplett neu errichtetes Gebäude. Wenige Wochen zuvor hatte auch der Dießener Heimatverein Neuland betreten und ein "Haus des Jahres" ausgewählt, das gerade erst entstanden ist.

Streng formale Gestaltung: Das nun ausgezeichnete Haus in Dießen zeigt zur Johann-Michael-Fischer-Straße eine klassisch wirkende Fassade. (Foto: Georgine Treybal)

Beiden prämierten Objekten ist gemeinsam, dass ihre moderne Formensprache nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt: Man sieht ihnen erst auf den zweiten Blick an, dass sie architektonisch und technisch auf der Höhe ihrer Zeit sind. Das Einfamilienhaus von Patrick und Anita Meister an der Johann-Michael-Fischer-Straße 25 in Dießen präsentiert hinter einem von viel Naturstein umgebenen Bauerngarten eine puristische Nordfassade in zeitlos klassischer Symmetrie. Mit den Proportionen und den sechs Holzsprossenfenstern über zwei Geschosse orientiert sich die zur Straße gerichtete Giebelseite an historischen Vorbildern in Dießen, wie sie sich etwa in jahrhundertealten Gebäuden in der Fischerei oder Wohnhäusern im Maximilianstil am Kirchsteig finden.

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Janusgesicht: Zum Südgarten hin präsentiert sich das Haus hochmodern. (Foto: Georgine Treybal)

Doch das Haus hat ein Janusgesicht: Der südliche Teil entpuppt sich als hochmoderne, kantige Konstruktion mit viel Glas. Die zweite Giebelseite scheint nur aus einem gigantischen Fenster zu bestehen, das den Blick auf Gartenteich, Trockenmauern und naturnahes Grün freigibt. Das prämierte Gebäude folge der "freudvollen und originären Grammatik seiner Bewohner", lobte Nue Ammann, Fachreferentin des Heimatvereins, auf der Jahresversammlung. Der Preis ist nicht mit Geld dotiert, die Bauherren erhalten aber auf Wunsch die Bronzeplakette "Haus des Jahres", um sie sichtbar am Bau anzubringen.

Seit 1983 wurden so mehr als 30 Renovierungen in Dießen ausgezeichnet: Den Auftakt machte das Kaufhaus Loh, es folgten unter anderem der Gasthof Maurerhansl, die älteste Fischerhütte in den Seeanlagen, der landwirtschaftliche Vorzeigebetrieb auf Gut Romenthal, das von der Künstlerin Annunciata Foresti zum Atelier umgebaute Stellwerk oder 2020 die psychosomatische Klinik im Dießener Kloster.

Die psychosomatische Klinik im Dießener Kloster wurde nach der umfangreichen Sanierung 2020 mit dem Prädikat "Haus des Jahres" des Heimatvereins Dießen ausgezeichnet. (Foto: Stephan Rumpf)
Im Sommer ist das Stellwerk umwuchert mit blühenden Pflanzen. (Foto: Nila Thiel)

Dass nun erstmals ein Neubau in den Fokus geriet, sei laut Amann auch darauf zurückzuführen, dass mit dem Tod des langjährigen Vereinsvorsitzenden Thomas Rasch denkmalhistorische Expertise verloren gegangen sei. Die bei den Sanierungen stets geforderte Erhaltung überkommener Elemente haben die Meisters auch in ihrem Neubau erfüllt: Jahrelang sammelten sie für ihr Projekt alte Stallfenster, Türen, Griffe, Bretter und Türstöcke. Der Kalkputz wurde nach traditioneller Rezeptur angerührt, den Holzboden ließ man extra so konstruieren, dass er knarzt. Sogar eine "Rauchkuchl" samt Gewölbe, offener Feuerstelle und mittels Fackeln simulierter Ruß-Patina ist im Haus integriert.

Sehr viel mehr als das dezente Einfamilienhaus in Dießen ist das jüngst vom Schondorfer Kreis ausgezeichnete Anwesen auf Außenwirkung bedacht. Mit dem älteren Wohnhaus der Eigentümer auf der gegenüberliegenden Straßenseite bildet der Neubau sozusagen das südliche Entree der Sonnenleite, die zur Heilig-Kreuz-Kirche führt. Das von der Familie Bosch errichtete Gebäude bietet Raum für sieben Mietwohnungen und fordert gebührende Aufmerksamkeit. Mit seinen geschwungenen Gauben und Balkonen sowie dem markanten, runden Treppenturm erinnert das Haus an Art déco und ist ein echter Blickfang. Hinzu kommen die eigenwillige Kombination aus Schindel- und Grasdach, die wie organisch gewachsen wirkt, und der strukturierte Putz.

Schwierige Entscheidung in Schondorf nach intensiven Debatten

Der Neubau stehe in der architektonischen Tradition der stattlichen Villen, die Anfang des 20. Jahrhunderts in Unterschondorf, in der Nähe zum Ammersee errichtet wurden, sagte Professor Peter Cornelius Mayer-Tasch, der Leiter des Arbeitskreises "Ortsbild" im Schondorfer Kreis, in seiner Laudatio. Trotz der individuellen Gestaltung füge sich das Haus in die bestehende Bebauung ein, ohne die historischen Vorbilder zu kopieren. Vier Jahre Bauzeit nahm das Projekt in Anspruch, die Bauherren Ursula und Thorsten Bosch stießen bei der Realisierung auf einige technische und administrative Probleme. Der Schondorfer Gemeinderat und die Landsberger Baubehörde waren von dem Vorhaben wohl zunächst nicht gerade begeistert.

Auch der Schondorfer Kreis habe es sich mit dem Objekt nicht leicht gemacht, sagte die Vorsitzende Dorothee Mayer-Tasch: Die Entscheidung fiel erst nach kontroversen Debatten, mehreren Ortsbegehungen und einer Befragung aller Vereinsmitglieder. Mit dem Prädikat "gelungen" wurden in Schondorf bislang ausschließlich sanierte Altbauten ausgezeichnet: die Villa Schwarz an der Seestraße, das Haus der Familie Wagner an der Landsberger Straße, das Haus der Familie Davidoff an der Moraschstraße und 2022 die Umkleidekabinen im Strandbad Forster. Der Preis besteht in einer vom Schondorfer Künstler Andreas Kloker gestalteten Plakette, wie in Dießen ist er nicht dotiert.

Im vergangenen Jahr zeichnete der Schondorfer Kreis die frisch renovierten Umkleidekabinen im Strandbad Forster aus. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In Utting geht man seit 2015 einen etwas anderen Weg, um den Erhalt prägender Bausubstanz zu honorieren. Alle zwei Jahre schüttet die Kommune mit einer handgefertigten Kachel ein Preisgeld von 2500 Euro aus. Nach zwei Sanierungen von 300 respektive 200 Jahre alten Bauernhäusern in Holzhausen und im Uttinger Dorfzentrum wurde im vergangenen Jahr ein ehemaliges Badehaus im Kern des Ortes ausgezeichnet.

Ob 2500 Euro tatsächlich als Anreiz wirken, ein altes Objekt respektvoll zu behandeln, darf freilich getrost bezweifelt werden. Eine Sanierung im - noch dazu historischen - Bestand kommt stets erheblich teurer als Abriss und Neubau. Nicht zufällig fallen viele der kommunalen Auszeichnungen auf Bauherren, die selbst aus der Branche stammen. Planer oder Handwerker bringen nicht nur das nötige Fachwissen ein, oft wissen sie auch den Wert historischer Baukunst zu schätzen. Und so Mancher oder Manche hat eine Leidenschaft für altes Gemäuer entwickelt, die sie alle finanzielle Vernunft über den Haufen werfen lässt.

Das Baderhaus in der Uttinger Hofstattstraße 1 etwa hat die Architektin Martina Frings gekauft und mit viel Eigenleistung und Handwerkern am Ort saniert. Auch 2019 ging dort ein Teil des Preises an Architekten: Bettina und Benedikt Sunder-Plassmann wurden für die Sanierung und Restaurierung des Steinhauser-Anwesens geehrt. Das ehemalige Uttinger Kaufhaus dient ihnen seitdem nicht nur als Büro, sondern auch als virtuelle Visitenkarte: Das Objekt eignet sich auch hervorragend als Referenz für potenzielle Auftraggeber.

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